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Promijagd

Promijagd

Titel: Promijagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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antwortete Fröttstädt. »So fühle ich mich jedenfalls.«
    »Bist du nicht Pilot?«
    »Ja, bei Crash Airways. Woher weißt du das, bist du mal mit mir geflogen?«
    »Nein. Mein Freund kennt dich, der ist bei der Flugsicherung.«
    Fröttstädt war enttäuscht. Fing eine an, von ihrem Freund zu reden, hieß das für ihn: Stopp, bemüh dich nicht weiter! Er erinnerte sich an einen Spruch, mit dem ein Freund früher in der Schule geprahlt hatte: ›Die ist nicht ohne zwingenden Grund von der Bettkante zu weisen.‹ Irgendwie erinnerte Mara ihn an Kelly, seine New Yorker Freundin. Sie hatte zu viele Tabletten geschluckt. Aus Angst, Krebs zu haben. Er kam von dem Gedanken nicht los, dass sich Kelly das Leben einzig deshalb genommen hatte, um ihn nicht heiraten zu müssen. Durch ihren Tod hatte sie sich nur verbessern können.
    Beim Schmieren seiner Schrippen dachte er an die Zeiten, in denen er mit seiner Familie gefrühstückt hatte, draußen in Lichtenrade auf der Terrasse ihres Kampa-Hauses. Vorbei. Warum hatte es Gabriele mit ihm nicht mehr aushalten können? Er wusste keinen Grund. Andere Männer waren von einer Aura umgeben, konnten Frauen glücklich machen und dauerhaft an sich binden, er hatte das Gefühl, wie ein schwarzes Loch auf sie zu wirken, weshalb sie so schnell wie möglich die Flucht ergriffen. Wahrscheinlich ahnten sie etwas von seinen psychischen Problemen. Seine Ängste erschienen ihm wie winzige Quasare, sie mussten Wellen aussenden, die sensible Frauen empfangen konnten.
    Fröttstädt spuckte seinen Kaffee in die Tasse zurück. Das Zeug schmeckte so bitter, jemand musste Gift hineingeschüttet haben. Es wurde immer schlimmer mit ihm. Während er seinen Orangensaft trank, etwas Flüssigkeit musste schließlich sein, formulierte er bereits, was er Dr. Narsdorf bei der nächsten Sitzung sagen wollte: »Meine Höhenangst nimmt immer mehr zu. Sitze ich im Cockpit, habe ich Angst, dass sich plötzlich unter mir eine Falltür öffnet und ich in die Tiefe stürze. Ohne Fallschirm. Und bei jedem Flug spüre ich die Versuchung, zum Sturzflug anzusetzen. Über den Alpen an einem Felsen zerschellen … Aber das kommt nicht aus mir, irgendjemand muss mir heimlich etwas ins Essen tun, der Kaffee schmeckt immer bitterer.«
    Er fühlte sich krank, er fühlte sich verloren. Das Einzige, was ihm in diesem Zustand helfen konnte, war eine Flasche Whisky. Er ging in einen Supermarkt am Kottbusser Damm, um sich eine zu kaufen. Heute und morgen hatte er dienstfrei, da ging er kein Risiko ein. Dr. Narsdorf würde ihm wieder Vorhaltungen machen, aber dann konterte er mit seinem Lieblingsspruch: »Glück hat auf Dauer nur der Süchtige.«
    Die Plastiktüte mit der Whiskyflasche wäre ihm fast aus der Hand gefallen, als er seinen Briefkasten aufschloss und ihm eine Lawine von Briefen, Gratiszeitungen und Flyern entgegenkam. Er sammelte alles auf und trug es nach oben. Das meiste kam gleich in den Müll, nur wenige Absender interessierten ihn. Eine Ex-Freundin aus Montreal, ein Cousin aus Wismar. Ein Leon Völlenklee aus der Dieffenbachstraße. Er kannte keinen Leon Völlenklee. Vielleicht ein Passagier, der ihm danken wollte. Mit einem kleinen blauen Schälmesser schlitzte er den Umschlag auf.
     
    Sehr geehrter Herr Fröttstädt,
     
    erschrecken Sie nicht, wir meinen es gut mit Ihnen. Wir haben mehrfach versucht, Sie persönlich anzusprechen, aber Sie sind leider sehr selten zu Hause. Es geht um eine Partnerschaft, die wir mit Ihnen eingehen wollen. Sie helfen uns, unseren Lebensunterhalt zu bestreiten, und wir helfen Ihnen, sodass Sie weiterhin als Pilot arbeiten können. Die Summe, die wir von Ihnen erwarten, ist Verhandlungssache, da uns klar ist, dass man die Kuh nicht schlachten darf, die einem die Milch geben soll. Sie wissen nicht, worum es geht? Nun, kurz und gut: Wir haben ein Dokument in der Hand, dem zu entnehmen ist, dass Sie Alkoholiker sind und andere schwerwiegende psychische Probleme haben (siehe Anlage). Erfährt Ihre Fluggesellschaft davon, feuert man Sie auf der Stelle. Also: Reden Sie mit uns! Wir werden uns in den nächsten Tagen bei Ihnen melden und Zeit und Ort ausmachen.
     
    Mit den besten Grüßen
    Ihr Leon Völlenklee.
     
     
    Fröttstädt war darauf trainiert, in kritischen Situationen nicht durchzudrehen, und deshalb saß er auch in diesem Moment ruhig an seinem Küchentisch und analysierte die Lage. Den Erpressern war es offenbar gelungen, auf die Festplatte von Dr. Narsdorf vorzudringen.

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