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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bernays
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Propagandist alter Schule setzte fast ausschließlich auf die Macht des gedruckten Wortes. Damit versuchte er, den Leser zum sofortigen Kauf eines bestimmten Produkts zu überreden. Dieser Ansatz wird in einer Anzeige deutlich, die im Hinblick auf Direktheit und Effizienz als optimal galt: »Kaufen SIE« (am besten verstärkt durch einen Zeigefinger, der auf den Leser deutet) »JETZT O'Leary’s Gummisohlen«.
    Durch Wiederholung und gezielte Ansprache versuchte der Werber, den Widerstand des Konsumenten zu brechen. Obwohl sich der Appell an fünfzig Millionen Menschen richtete, war er an jeden als Einzelperson gerichtet.
    Die neue Verkaufsförderung hat dagegen festgestellt, wie sie über die Gruppenstrukturen psychologische und emotionale Strömungen zu ihren Gunsten in der Gesellschaft auslösen kann. Statt die Kaufwiderstände im Frontalangriff zu brechen, sollen sie aufgelöst werden. Es werden Umstände geschaffen, die emotionale Bewegung erzeugen und dadurch für Nachfrage sorgen.
    Will ich zum Beispiel Klaviere verkaufen, reicht es nicht, das Land mit einem pauschalen Appell zu überziehen: »Kaufen SIE jetzt ein Mozart-Klavier. Es ist billig. Die besten Künstler benutzen es. Es hält jahrelang .« Vielleicht sind diese Versprechen alle wahr, aber sie stehen in direkter Konkurrenz mit den Produktaussagen anderer Klavierhersteller, und indirekt mit denen eines Radios oder Autos, die alle miteinander um die Gunst und Brieftasche des Kunden werben.
    Was sind die wahren Ursachen dafür, dass ein Käufer sein Geld für ein neues Auto ausgibt und nicht für ein neues Klavier? Weil er beschlossen hat, dass er den Nutzen »Transport« höher einschätzt als den Nutzen »Musik«? Nein. Er kauft einen Wagen, weil es in seiner Gruppe zurzeit angesagt ist, Autos zu kaufen.
    Darum macht sich der moderne Propagandist ans Werk und sorgt dafür, dass die Mode sich ändert. Er könnte dabei an die tief verwurzelte Sehnsucht nach Häuslichkeit appellieren. Vielleicht sind die Menschen für die Idee eines Musikzimmers im Haus zu begeistern. Aber wie kommen sie auf diese Idee? Die könnte ihnen in den Sinn kommen beim Besuch einer Ausstellung mit Musiksalons, die der Propagandist extra organisiert hat und die er von bekannten, meinungsbildenden Innenarchitekten hat einrichten lassen. Er steigert die Wirkung und das Prestige dieser Räume, indem er sie mit seltenen und wertvollen Wandteppichen ausstattet. Um die Veranstaltung noch interessanter zu machen, lädt er darin zu einem Konzert oder einem Festakt ein, an dem vorsorglich auch Schlüsselpersonen teilnehmen werden, zum Beispiel ein berühmter Geiger, ein populärer Künstler und dazu eine hochrangige Persönlichkeit der Gesellschaft.
    Durch den Einfluss dieser Schlüsselpersonen auf andere Gruppen erhält die Idee eines Musikzimmers im öffentlichen Bewusstsein einen Stellenwert wie nie zuvor. Sowohl das Auftreten der meinungsbildenden Persönlichkeiten als auch der von ihnen repräsentierte Gedanke werden anschließend über verschiedene Kommunikationskanäle auf das breite Publikum projiziert. Unterdessen wurden berühmte Architekten davon überzeugt, dass ein Haus von heute ein Musikzimmer braucht und deshalb integraler Bestandteil ihrer Entwürfe sein sollte, vielleicht mit einer speziell dafür vorgesehenen Raumecke für das Klavier. Was die Meister der Zunft vormachen, werden weniger einflussreiche Architekten natürlich nachahmen. Und so wird der Musiksalon Schritt für Schritt im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit verankert.
    Der Musiksalon wird akzeptiert werden, weil er zu etwas aufgebaut worden ist, »was man haben muss«. Und wer, ob Mann, ob Frau, einen Musiksalon besitzt oder im Wohnzimmer eine Musikecke eingerichtet hat, wird natürlich den Kauf eines Klaviers in Erwägung ziehen. So als wäre es ganz alleine seine eigene Idee gewesen.
    In der Verkaufsförderung von einst war es der Hersteller, der zum potenziellen Käufer sagte: »Bitte kauf ein Klavier !« Mit der neuen Technik hat sich der Prozess umgekehrt. Nun sagt der potenzielle Kunde zum Hersteller: »Bitte verkauf mir ein Klavier !«
    Der Wert einer solchen Assoziationskette in der Propaganda zeigte sich bei einem großen Immobilien-Entwicklungsprojekt. Als betont werden sollte, wie gesellschaftlich begehrenswert die Gartensiedlung Jackson Heights im New Yorker Stadtteil Queens war, wurde alles getan, um diesen assoziativen Prozess in Gang zu setzen. Man organisierte einen

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