Propaganda
Überschneidung zu bringen, sind so vielfältig wie die Gruppenstrukturen der Gesellschaft selbst.
Eine Eisenbahngesellschaft zum Beispiel möchte ihr Geschäft ausbauen. Der PR-Berater untersucht, inwiefern die Interessen des Unternehmens mit denen der potenziellen Fahrgäste zusammenlaufen. Dann baut das Unternehmen Beziehungen zu den verschiedenen Handelskammern auf, die an seiner Fahrstrecke liegen, und unterstützt sie beim Aufbau der Zahl ihrer Mitglieder. Es hilft ihnen, neue Fabriken und Industriezweige an ihrem Standort anzusiedeln und fördert das Geschäftsleben durch Verbreitung technischen Know-hows. Der Austausch von Gefälligkeiten ist dabei nur ein Aspekt. Diese Aktivitäten erzeugen nicht nur Wohlwollen, sie sorgen auch für wirtschaftliches Wachstum entlang der Bahnstrecke. Die Interessen der Eisenbahngesellschaft und der Städte und Gemeinden, die an ihrer Fahrtstrecke liegen, befruchten und ergänzen einander.
Genauso stellt eine Bank einen Vermögensberater zur Verfügung, weil er einerseits ihren Kunden nutzt und andererseits dafür sorgt, dass sie mehr Geld besitzen, das sie wiederum bei der Bank anlegen können. Oder ein Schmuckkonzern gründet eine eigene Abteilung zur Versicherung der verkauften Juwelen. Dadurch fühlen sich die Kunden beim Schmuckkauf besser aufgehoben. Oder ein Hersteller von Backzutaten etabliert einen Informationsdienst, der neue Brotrezepte herausbringt und dadurch mehr Verwendung von Brot im Haushalt propagiert.
Die Ideen der neuen Propaganda basieren auf solider Psychologie und einer aufgeklärten Form von Eigennutz.
Ich habe in diesen Kapiteln versucht, den Stellenwert der Propaganda in der modernen amerikanischen Gesellschaft und die Methoden, der sie sich bedient, zu erläutern – das Warum, das Was, das Wer und das Wie, nach dem die unsichtbaren Herrscher funktionieren, die unser Denken kontrollieren, unsere Gefühle steuern und unser Handeln bestimmen. In den folgenden Kapiteln will ich erklären, wie Propaganda in bestimmten Teilsystemen der Gesellschaft funktioniert und einen Ausblick auf weitere Anwendungsfelder geben.
Wirtschaft und Öffentlichkeit
Die Beziehung zwischen Wirtschaft und Öffentlichkeit ist in den letzten Jahrzehnten enger geworden. Heute versucht die Wirtschaft, in der Öffentlichkeit einen Partner zu sehen. Dazu haben ökonomische Gründe ebenso beigetragen wie ein gestiegenes öffentliches Interesse und Verständnis für das Wirtschaftsleben. Die Wirtschaft sieht, dass ihr Verhältnis zur Öffentlichkeit sich nicht auf die Herstellung und den Verkauf von Waren beschränkt, sondern auch die Vermarktung des Unternehmens selbst und all dessen, wofür es steht, umfasst.
Vor 20 oder 25 Jahren wollte die Wirtschaft sich noch ganz selbstbezogen um ihre Angelegenheiten kümmern und dabei die Öffentlichkeit am liebsten ignorieren. Als Reaktion darauf bekamen wir die Phase der Schlammschlachten, in der allerlei Sünden, ob zu Recht oder zu Unrecht, angeprangert und im Streit der verschiedenen Interessen als Munition benutzt wurden. Angesichts eines gesteigerten gesellschaftlichen Bewusstseins mussten die großen Konzerne sich jedoch von der Einstellung verabschieden, dass ihre Geschäfte niemanden etwas angingen. Wenn das Big Business heute wieder versuchen würde, die Öffentlichkeit auszugrenzen, würde eine ähnliche Reaktion erfolgen wie damals: Die Öffentlichkeit würde Widerstand leisten und versuchen, ihm mit restriktiven Gesetzen Schranken aufzuerlegen.
Die Unternehmen sind sich der öffentlichen Aufmerksamkeit bewusst, und dies hat zu einem gesunden Kooperationsverhalten geführt.
Eine weitere Ursache für die intensivierte Wechselbeziehung liegt sicher in den Folgen der Massenproduktion. Massenproduktion ist nur dann profitabel, wenn sie dauerhaft stattfinden kann – das heißt, wenn die abgesetzte Gütermenge zumindest konstant gehalten oder besser kontinuierlich gesteigert werden kann. Daraus folgt: Während in der durch kleine Produktionseinheiten und Handarbeit geprägten Ökonomie, die für das letzte Jahrhundert typisch war, die Nachfrage das Angebot schuf, muss für das Angebot heute aktiv die nötige Nachfrage geschaffen werden. Eine einzelne Fabrik, deren Ressourcen einen ganzen Kontinent mit der produzierten Ware versorgen könnten, kann nicht warten, bis die Öffentlichkeit das Produkt von sich aus nachfragt. Über Werbung und Propaganda muss sie ständig in Verbindung mit der Öffentlichkeit bleiben,
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