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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bernays
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sie ihre Patienten nur oberflächlich und schnell behandelten. Die Öffentlichkeit erwartete von einem Krankenhaus, dass es seinen Patienten ausgiebig Zeit und Aufmerksamkeit widmet. Sobald der Name der Krankenhäuser in »Evakuierungsposten« umgeändert wurde, verstummte die öffentliche Kritik, weil von einer Institution dieses Namens niemand mehr als eine adäquate Notfallbehandlung forderte, während die Vorstellung von einem »Krankenhaus« für die Menschen untrennbar mit bestimmten Qualitäten verbunden blieb. Die Öffentlichkeit konnte nicht davon überzeugt werden, dass es unterschiedliche Arten von Krankenhäusern gab. Stattdessen wurde ein neues Klischeebild geschaffen und die Öffentlichkeit emotional auf diese neue Art von Einrichtungen konditioniert.
    Menschen sind sich selten der wirklichen Beweggründe ihres Handels bewusst. Jemand mag denken, dass er sich für den Kauf eines Autos entscheidet, weil er nach sorgfältiger Prüfung der technischen Ausstattung aller auf dem Markt verfügbaren Modelle zu dem Schluss gekommen ist, dass das von ihm ausgewählte einfach das beste für ihn sei. Man kann fast sicher annehmen, dass er sich etwas vormacht. In Wirklichkeit kauft er es vielleicht, weil ein Freund, dessen Rat in finanziellen Dingen er vertraut, sich letzte Woche auch eins gekauft hat; oder weil seine Nachbarn denken könnten, ein Auto dieser Preisklasse könne er sich nicht leisten, oder weil es die gleichen Farben hat wie seine College-Vereinigung.
    Vor allem die Psychologen der Schule Sigmund Freuds haben aufgezeigt, dass der Mensch vieles denkt und tut, um unterdrückte Wünsche und Sehnsüchte zu kompensieren. Eine Ware wird nicht wegen ihres spezifischen Werts oder wegen ihres Nutzens begehrt, sondern weil sie als Symbol für etwas anderes steht; für eine Sehnsucht, die der Konsument sich aus Scham nicht eingesteht. Ein Autokäufer redet sich womöglich ein, dass er es zu Transportzwecken braucht, obwohl er seiner Gesundheit zuliebe eigentlich besser zu Fuß gehen würde. In Wirklichkeit begehrt er das Auto als Statussymbol, als Beweis für seinen Erfolg im Beruf oder um seine Frau damit zu beeindrucken.
    Menschen sind oft von Beweggründen getrieben, die sie vor sich selbst verbergen. Dieses grundlegende Prinzip gilt sowohl für die Psychologie der Massen als auch für die des Individuums. Der Propagandist muss die wahren Motive erkennen und darf sich nicht damit zufriedengeben, was die Menschen selbst als Beweggründe angeben.
    Es reicht nicht aus, die mechanischen Strukturen der Gesellschaft zu verstehen, ihre Gruppierungen, die Verbindungslinien und die Gräben. Ein Lokführer, der zwar alles über Kolben und Zylinder seiner Lokomotive weiß, aber nichts über das Verhalten des Dampfes unter Druck, wird sie nicht zum Laufen bringen. Die Maschine Gesellschaft hat als Motor die Wünsche und Sehnsüchte der Menschen. Nur wenn der Propagandist sie kennt und begreift, kann er den riesigen, lose verbundenen Apparat namens moderne Gesellschaft steuern.
    Die Arbeit des Propagandisten von einst basierte auf der mechanistischen Reaktionspsychologie, die damals in unseren Hochschulen gerade in Mode war. Dabei ging man von der Idee des menschlichen Geistes als hilf- und willenlosem Automaten aus, der mit mechanischer Vorhersehbarkeit auf bestimmte Stimuli reagiert. Der Meinungsführer hat die Funktion, den Reiz zu liefern, der die gewünschte Reaktion beim einzelnen Kunden auslöst.
    Eine der Lehren der Reaktionspsychologie besagte, dass ein oft wiederholter Reiz zu einer Gewohnheit führe, und dass man jemanden von einem Gedanken überzeugen könne, indem man diesen einfach immer weiter wiederholt. Ein Fleischgroßhändler, der mit einer Werbekampagne der alten Schule mehr Speck verkaufen will, würde demnach in ganzseitigen Anzeigen möglichst oft herunterbeten: »Esst mehr Speck. Speck ist billig, gut und gibt Kraft .«
    Ein Verkäufer der neuen Schule, der die Gruppenstrukturen der Gesellschaft und die Prinzipien der Massenpsychologie versteht, würde sich als Erstes fragen: »Wer beeinflusst die Essgewohnheiten der Menschen am meisten ?« Die Antwort liegt auf der Hand: »Die Ärzte .« Der neue Verkäufer wird also Ärzte dazu anhalten, öffentlich zu verkünden, wie nahrhaft und gesund Speck sei. Weil er die seelische Abhängigkeit vieler Menschen von ihrem Arzt kennt, kann er mit der Gewissheit eines Naturgesetzes vorhersagen, dass sehr viele Menschen dem Rat ihres Arztes folgen werden.
    Der

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