Propaganda
prägende Politikerpersönlichkeit mit Einfluss zu bezeichnen.
Wenn der Kampf der Frauenrechtlerinnen auch sonst nichts bewirkt haben sollte, dann hat er doch gezeigt, was mit Propaganda erreicht werden kann. Frauen, die in Washington und in den Bundesstaaten ihre Anliegen durchsetzen wollen, nutzen heute Propaganda. In Washington sind sie organisiert als »Legislativ-Komitee von 14 Frauenorganisationen«, darunter die Liga der Wählerinnen, der Christliche Verein Junger Frauen, die Christliche Abstinenz-Bewegung, der Verband der Frauenclubs und so weiter. Diese Organisationen machen sich für bestimmte Gesetze stark und sorgen mit den Mitteln der Propaganda dafür, dass ihre Initiativen tatsächlich in die Gesetzgebung des Landes einfließen. Sie haben in ganz unterschiedlichen Bereichen Erfolge erzielt. Zu Recht können sie sich viele erfolgreiche Initiativen in der Sozialgesetzgebung zu Gute halten. Sie haben den Acht-Stunden-Tag für Frauen erkämpft. Zweifellos sind die Prohibition und ihre Durchsetzung als Gesetz ihre Errungenschaft – wenn man diese denn als Errungenschaft betrachten möchte. Ebenso ist das Shepard-Towner-Gesetz, das die Mutterschutzbeihilfen in den Bundesstaaten mit Mitteln der Zentralregierung unterstützt, ihr Verdienst. Es wäre nicht verabschiedet worden ohne den politischen Instinkt und den scharfen Verstand von Frauen wie Mrs. Vanderlip und Mrs. Mitchell.
Die für die Bundesebene vorgesehenen Maßnahmen, die bei der ersten Versammlung der Liga der Wählerinnen propagiert wurden, sind charakteristisch für die sozialen Aktivitäten der Frauenorganisationen. Sie decken ein breit gefächertes Interessenspektrum ab, das Kindererziehung, Schulbildung, das eigene Heim, steigende Lebenshaltungskosten, die Frau in der Arbeitswelt, öffentliche Gesundheit und Moral, volle Persönlichkeitsrechte für verheiratete Frauen und noch einiges andere mehr umfasst.
Um Werbung zu machen für diese Grundthemen, hat die nationale Liga weiblicher Wähler eine Menge Schriften veröffentlicht, wie Mitteilungsblätter, Kalender und Wahlinformationen. Sie hat Kurse gehalten, in denen man etwas über Korrespondenz mit Regierungsstellen, das Demonstrationsrecht oder die Bürgerrechte im Allgemeinen lernen konnte.
Der Erfolg der Frauenorganisationen in den Vereinigten Staaten von heute ist vermutlich zwei Umständen zu verdanken:
Erstens der Ausbildung einer ganzen Kaste von professionellen Chef- und Anwaltssekretärinnen im Zuge der Kampagne für das Frauenwahlrecht, in der so ziemlich jedes propagandistische Mittel zum Einsatz kam, um eine widerspenstige Mehrheit zu überzeugen; zweitens dem Engagement vieler prominenter Aktivistinnen eben dieser Kampagne, die nicht nur als Suffragetten tätig gewesen waren, sondern sich während des Krieges auch an den großen Initiativen beteiligt haben, die einen großen Einfluss auf die öffentliche Meinung hatten. Namen wie Mrs. Frank Vanderlip, Alice Arnes Winter, Mrs. Henry Moskowitz, Mrs. Florence Kelley, Mrs. John Blair, Mrs. O. H.P. Belmont, Doris Stevens oder Alice Paul kommen einem dazu in den Sinn.
Wenn ich mich auf das konzentriere, was Frauen insbesondere im politischen Umfeld erreicht haben, dann deshalb, weil es ein besonders gutes Beispiel dafür ist, wie eine Minderheit Aufmerksamkeit und Akzeptanz für ihre Vorstellungen gewinnen kann, wenn sie sich intelligenter Propaganda bedient. Es ist wohl kein Zufall, dass gerade diejenigen, die als Letzte die politische Arena betreten haben, die modernen Waffen der Überzeugung am besten erkannten und nutzten. Waffen, die den völligen Mangel an politischer Erfahrung wettmachten und etwas euphemistisch »Politik der Zweckmäßigkeit« genannt werden. Ein Beispiel: Das »Komitee weiblicher Konsumenten« mietete vor einigen Jahren einen leer stehenden Laden in der 57. Straße in New York, um mit einer Ausstellung gegen den staatlichen Eingriff in die freie Preisentwicklung zu protestieren. Es gab dort Waren mit verschiedenen Preisschildern daran zu sehen – eines mit dem üblichen Preis und eines mit dem Preis, den man zahlen müsste, wenn das sogenannte »American Valuation«-Vorhaben zur Erhöhung der Zölle auf Importprodukte umgesetzt würde. Hunderte Ausstellungsbesucher konnten von den Zielen des Komitees überzeugt werden.
Aber es gibt auch Bereiche außerhalb der Politik, in denen Frauen ihren Einfluss für die soziale Sache geltend machen konnten, indem sie die Prinzipien der Gruppenführerschaft genutzt
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