Prophetengift: Roman
suchen. Das macht einen wirklich schlechten Eindruck, Kitty. Es sieht aus, als würde er es absichtlich vermeiden, eine eidesstattliche Erklärung abzugeben, um sich nicht selbst zu belasten.«
Kitty seufzte. »Ich tue, was ich kann, um ihn herzuschaffen. Und Sie können auf mich zählen, ich werde morgen zu dem Termin erscheinen. Bis dann.«
Sie beendete das Gespräch. Ist es noch Zu früh für einen Martini?
Sie hatte dringend eine stimmungshebende Ablenkung nötig, also loggte sie sich in ihre Kreditkarten- und PayPal-Konten ein, um die Zahlungseingänge des gestrigen Tages zu überprüfen.
Die Zahlen entlockten ihr ein Lächeln, das ihre finstere Miene vertrieb. Seit der Veröffentlichung des Artikels in der Vanity Fair waren die Eingänge auf ihren bereits prall gefüllten Bankkonten stetig gestiegen.
Als Nächstes checkte Kitty ihre E-Mails, um zu sehen, was ihre Assistentin aus Sebastians Seiten in den sozialen Netzwerken an sie weitergeleitet hatte. Sie überflog die üblichen Bitten um Hilfe ... Angebote besessener Fans ... abscheuliche Bibelzitate von diesen militanten Christen ..., aber entdeckte nichts, was ihre sofortige Aufmerksamkeit erfordert hätte.
Gut .
Kitty warf sich ihren Morgenmantel über und tappte den langen Flur hinunter an Sebastians leeren Zimmern vorbei, durchs Wohnzimmer und am Esszimmer vorbei in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Sie hatte gerade den dampfenden Becher mit dem Caffe Crema auf dem ovalen Saarinen-Esstisch abgestellt, sich hingesetzt und eine neue Zigarette angezündet, als ein beunruhigender Gedanke sie traf wie ein Schlag in den Magen: Und wenn er gar nicht mehr zurückkommt?
Eine kalte Erkenntnis durchzuckte sie.
Er ist alles, was ich habe. Und er hat mich verlassen. Was soll ich nur tun?
Sie begann nervös, ihren weißen Tulpenstuhl herumzuschwenken wie ein kleines Mädchen einen Barhocker, sie nippte an ihrem Kaffee, rauchte ihre Zigaretten, drehte ihren Stuhl, trank, rauchte ... schmiedete Ränke.
Welche Strafen andere Eltern von Teenagern wohl verhängten, um ein solch trotziges Verhalten zu entmutigen?, überlegte sie. Würden sie ihm die Autoschlüssel wegnehmen? Ihm nicht erlauben, abends wegzugehen? Ihm das Handy abnehmen und das Taschengeld kürzen? Oder ihn in ein grauenhaftes Mormonen-Ausbildungslager in der Wüste von Utah schicken?
Sebastian würde über solche Strafmaßnahmen nur lachen. In dieser Beziehung war er wie sie – derartige Restriktionen würden ihn nur in seinem Entschluss bestärken, sie für immer zu verlassen. Nein, sie musste ihn mit etwas zurücklocken, das er haben wollte, etwas Schönem, Extravagantem. Aber mit was
könnte sie ihn in Versuchung führen, welchem Angebot würde er nicht widerstehen können?
Eine Reise nach Tahiti oder Ibiza mit ein paar Models? Hmm. Sebastian würde sich vermutlich sofort auf die Gelegenheit stürzen, diese brasilianischen Zwillinge näher kennenzulernen – Bruder und Schwester –, die bei der Pret-à-Porter-Modenschau Anfang des Monats bei der New Yorker Fashion Week solches Aufsehen erregt hatten. Und Magdaleno, der Inhaber einer großen Agentur in Manhattan, schuldete ihr noch einen Riesengefallen ...
Aber Sebastian musste in der Nähe bleiben, falls Larry ihn noch einmal brauchen sollte.
Würde es ihn zurückbringen, wenn sie aus dem Penthouse auszogen? Vor Kurzem hatte sie vorgeschlagen, ihre Eigentumswohnung mit einem Penthouse ganz in der Nähe zu tauschen, das größer war und einen eigenen Fahrstuhl besaß.
Aber Sebastian hatte nur Hohn und Spott für die Idee übrig gehabt. »In diesen Hochhäusern komme ich mir vor wie in einem überteuerten Hochsicherheitstrakt«, hatte er gesagt. »Warum können wir nicht in einem richtigen Haus leben, wie richtige Menschen? Ich will einen Garten und einen Hund und ich habe die Schnauze voll von Lärm, Beton und Verkehr. Ich möchte den Ozean hören und im Gras liegen, Kitty. Ich möchte mich fühlen wie ein Mensch .«
Aber das würde bedeuten, qualvolle Stunden mit irgendeinem furchtbaren Makler zu verbringen. Und dazu noch dieser lästige Finanzkram, die umständlichen Anderkonten und erst das ganze Aussortieren und Packen ...
Er hat doch neulich erst gesagt, dass er sich irgendwas wünscht. Was war es gleich noch mal?
Kitty kniff die Augen zusammen, so angestrengt dachte sie nach.
Aber natürlich!
Sie sprang von ihrem Tulpenstuhl auf, lief in ihr Schlafzimmer zurück und fing an auf ihrem Laptop
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