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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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geworden, wir hätten keine Chance mehr gehabt, die Sprengung zu verhindern – und du keine Chance, deine Familie zu retten. Deshalb habe ich gewartet.«
    Er sah sie unverwandt an. Schweigend.
    Die Maschine schaukelte und rumpelte durch den böigen Wind wie ein Kinderwagen über Kopfsteinpflaster.
    Dann nickte er. »Ich brauch keine Mutter.«
    »Ich weiß«, sagte sie. »Aber deine Familie braucht dich. Und ich brauche keinen toten Eisele, sondern einen überführten Eisele, entlarvt und aus dem Verkehr gezogen, weg aus diesem Komitee. Weil wir nur dann eine Chance haben, was für die Welt zu tun – statt für Eiseles Firmen und Hintermänner.«
    Wieder schwieg er.
    Wieder nickte er.
    »Wo ist der Film?«
    Sie senkte kurz den Kopf, nickte und sah wieder auf. »Zehn Millionen weit weg.«
    Er sah sie fragend an.
    »Das ist der Preis. Und meine Frage. Hast du zehn Millionen?«
    Er schnalzte und nickte nachdenklich. »Das ist fast noch beleidigender als Hast du’n Kondom dabei? Ja. Zumindest kann ich die besorgen. Wohin? Koffer am Bahnhof?«
    Sie reichte ihm ihr Handy, die Kontoverbindung auf dem Display, die der Leibwächter ihr wie angekündigt per SMS geschickt hatte. »Keine Koffer. Alles virtuell. Nur das Geld sollte echt sein.«
    Philipp stand auf, ihr Handy in der Hand, und setzte sich in Bewegung, Richtung Cockpit.
    »Gib mir eine halbe Stunde.«

[Menü]
    47 »Von Hagel hat aber keiner was gesagt!«, rief Thomas ungläubig gegen das Prasseln an, als er und Edward den Kreuzer erreichten und Schutz unter dem Segeltuchdach suchten. Der Tischler hatte weiterhin gute Laune – erstaunlich gute Laune, wie Edward fand, denn er selbst empfand ihren Ausflug inzwischen als reine Zumutung. Die Paddelei im Regen, vorbei am Veritaskai Richtung Überwinterungshafen schräg unterhalb der alten Elbbrücke, war kraftraubend gewesen und vor allem extrem nass. Die Quallen, wenngleich weit weniger zahlreich als befürchtet, blieben gelegentlich an den Paddelblättern haften, und auch wenn siekeinem einzigen anderen Boot auf den kleinen Kanälen begegnet waren, hatte seine Anspannung von Minute zu Minute zugenommen. Dass es jetzt auch noch zu hageln begonnen hatte, stimmte ihn endgültig verdrießlich.
    Der Tischler hingegen war über diesen Punkt offenbar längst hinaus. Er hatte seinem Freund seine Hilfe zugesagt, nun war er hier und sah augenscheinlich keinen Sinn darin, mit dem Schicksal zu hadern.
    Er verschwand kurz im Bauch des Bootes, kehrte dann zurück in das kleine Steuerhaus, nahm im Sitz auf der rechten Seite Platz und ließ den Motor dröhnend anspringen. Edward lugte nach unten, in die Kabine, wo zwei Bänke an den Seitenwänden montiert waren, mit einem Tisch in der Mitte. Ein Ensemble frisch aus den Siebzigern, der Zeit, in der Thomas’ vor zwei Jahren verstorbener Vater den Tümmler für sich und seine Familie gekauft hatte.
    Thomas bemerkte den Blick seines Freundes und lachte. »Wird bestimmt irgendwann wieder modern«, sagte er. »Freu dich, dass wir keine Masten haben, so kommen wir wenigstens noch unter der einen oder anderen Brücke durch.« Dann verschwand er nach draußen, um die Leinen loszumachen.
    Und Edward nickte. Sah hinaus auf das Wasser, das aussah wie die Oberfläche eines riesigen überkochenden Topfes. Die Hagelkörner fielen dicht, und jedes brachte seine eigene kleine Explosion mit.
    Edward war sich ziemlich sicher, dass keine Wettervorhersage dies prophezeit hatte. Weder die offizielle noch die weltverändernde Vorhersage, deren Veröffentlichung er diesen seinen Ausflug verdankte.
    Sie tuckerten dicht am Ufer entlang stromaufwärts, die verwaiste Süderelbe hinauf, an den zahllosen Öltanks vorbei, die zur Linken und zur Rechten das Ufer säumten.
    Sie schwiegen im unablässigen lauten Prasseln. Edward zog sein Handy heraus und sah, wie er vermutet hatte, dass die Netze nun endgültig kapituliert hatten. Ob wegen neuerlicher Stromausfälle oder diesmal nur wegen des dichten Hagelsturms, es spielte keine Rolle. Er würde Mavie einstweilen nicht erreichen und seine Tochter weder über den Stand der Dinge informieren können noch, weit wichtiger, sie fragen können, wo sie überhaupt steckte. Und wie sich die Dinge in Genf entwickelten. Edward konnte nur hoffen, dass sie in Sicherheit war. Nicht auf irgendeinem Köhlbrand im Hagel, sondern drinnen, im Warmen, mit beiden Füßen auf festem Boden statt auf schaukelnder grauer Suppe.
    200 Kilometer von Edward Heller entfernt teilte Thilo Beck

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