Prophezeiung
Oskar an. »Du warst am Server, oder?«
»Was?«
»Als die gekommen sind, da warst du doch gerade an den Servern.«
»Deshalb haben sie mich ja nicht getroffen.«
»Weil sie Angst hatten, dass sie irgendwas Wichtiges treffen.«
Paulina, Diego und Oskar sahen ihn an, als wäre er verrückt geworden.
»Sie wollten die Gaia-Seiten nicht zerstören«, sagte Beck. »Sie wollten sie haben. Wir haben die Credibility, wir haben täglich zig Millionen Hits, die Welt da draußen vertraut darauf, dass das, was das Kommando Diego Garcia sendet, der Wahrheit entspricht – die Welt vertraut Diego Garcia mehr als jedem Nobelpreisträger, jeder UNO -Verlautbarung, jedem Politiker. Aber in spätestens einer halben Stunde wird Diego Garcia nur noch eins beweisen, nämlich dass China die halbe Menschheit in den Abgrund reißt. Und, ganz am Rande, dass Europa das NWP dringend braucht. Diego Garcia ist im Begriff, der Welt den Rest zu geben. Denn es weiß ja keiner, dass du«, sagte er zu Diego, »nicht mehr auf der Brücke stehst. Du hast einen guten Namen. Zu Recht. Und du unterschreibst ab jetzt persönlich alles, was die wollen.«
Das Schweigen dauerte lange.
Paulina war schließlich diejenige, die es brach. »Heißt was?«, fragte sie.
Beck sah Oskar an. »Wenn die Seite noch steht, kommst du dann von außen ran?«
Oskar nickte. »Erst mal müssen die rankommen. Glaub mir, das ist nicht so leicht, das schaffen die nicht in einer halben Stunde.«
Beck sah seine Schwester an. »Findest du den Weg auch so?«
Ihr Blick war verständnislos.
»Zu diesen Nachbarn, zu dem Hof. Oswald. Oder zu der Straße.«
»Keine Ahnung«, sagte sie und zuckte die Achseln. »Ja, denke schon, aber …«
»Leihst du uns das GPS ?«
»Was soll das, Thilo?«
»Oskar und ich gehen vor. Mit Glück schaffen wir es, bevor die«, er deutete zurück in Richtung Hof, »Oskars Passwörter geknackt haben.« Er klopfte sich kurz auf die Tasche. »Und in dem Fall geht der Eisele-Film ins Netz, das ist unsere einzige Chance, den Spuk noch zu beenden. Bevor der Spuk zu einem Albtraum wird, aus dem wir nie wieder herauskommen.«
»Wir gehen zusammen«, sagte Paulina.
»Nein«, sagte Beck. Er schüttelte den Kopf. »Nina braucht Hilfe. Und ich brauche Oskar. Sofern die Oswalds überhaupt einen Netzzugang haben. Sobald wir da sind, schicke ich jemand mit einem Wagen zu dem Feldweg, den du«, er sah Diego an, »vorhin meintest.«
»Bullshit«, sagte Paulina.
»Nein«, sagte Diego. »Er hat recht.« Er nickte und sah Oskar an, Oskar nickte ebenfalls und hielt ihm die Schrotflinte hin. Diego nahm sie, zögerte und reichte sie Oskar zurück. »Wir haben Paulinas Waffe, ich habe mein Messer.«
»Die sind dichter an euch dran«, sagte Oskar und versuchte die Waffe wieder Diego in die Hand zu drücken, aber der Anführer der Gaias verweigerte die Annahme, entschieden.
»Thilo hat recht«, sagte er noch einmal. »Wir passen auf Nina auf und bringen sie zum Feldweg, ihr passt auf euch auf. Und bei allem Respekt für uns«, er nickte Paulina und Nina zu, »wir sind entbehrlich, für die Sache, ihr nicht. Und du weißt genausogut wie ich, dass ihr auf dem Weg Viechern begegnen könnt, die noch weniger Fragen stellen als die, die hinter uns her sind.«
Mehr musste er nicht sagen.
Beck schauderte. Und dass er im gleichen Moment fast beiläufig begriff, dass nur die Hälfte der kleinen braunen Flecken auf seiner Hand Schlammspritzer waren und die andere Hälfte frische Zecken, war zu seiner eigenen Überraschung nicht geeignet, sein Entsetzen noch zu vergrößern.
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50 »Jetzt hör endlich auf mit dem Scheißpessimismus!«, brüllte Philipp gegen den Lärm der Cessna an. »Hier oben hast du nun mal keinen Empfang, und die Netze unten krachen doch eh gerade alle zusammen. Hab ich irgendwen in Hamburg erreicht? Nein! Und das nicht mal vorhin vom Boden aus …«
»Ich weiß, was ich gehört habe!«
»Ja, verdammt, Knattern!«
»Nein, Schüsse!«
»Nein, Knattern! Funklöcher im Anflug! Netzabstürze! Sonnenwinde! Herrgott, wart’s ab! Wir sind in ’ner Viertelstunde wieder unten, und, zack, funktioniert dein Netz wieder, Thilo geht ran, der Film ist im Netz, alles ist gut! Hör auf mit der Schwarzseherei, das macht Falten!«
Sie schwieg.
Es hatte keinen Sinn. Mit ihm sowieso nicht. Erst recht nicht, wenn er sich Sorgen machte, wie jetzt, was wiederum erst recht verständlich war, da er wegen der offenbar zusammengebrochenen Hamburger Telefonnetze
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