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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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hörten. Beide blieben stehen wie angewurzelt, und beide sahen zurück in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Und lauschten.
    Und warteten auf den zweiten Schuss.
    Der nicht fiel.
    Oskar schüttelte den Kopf. »Nie im Leben«, sagte er. »Nie im Leben lassen die sich einfach abknallen. Und wenn, dann beide oder alle drei, und das schaffst du mal sicher nicht mit einem Schuss.« Mit einer ruckartigen Kopfbewegung forderte er Beck auf, die rasche Wanderung fortzusetzen, und Beck leistete der Aufforderung keuchend Folge.
    Oskar musste recht haben. Hatten die Angreifer seine Schwester und den Anführer der Gaias aufgestöbert, würde ein Schussnicht reichen, um sie außer Gefecht zu setzen. Genauso wenig hätten Diego oder Paulina es bei nur einem Schuss belassen, sofern sie zuerst Gelegenheit zu schießen bekommen hätten.
    Und so blieb Beck nur das mulmige Gefühl, dass sie auf etwas anderes gezielt haben mussten, einen unbewaffneten Gegner. Ein mulmiges Gefühl, mit dem er sich ums Verrecken nicht beschäftigen wollte. Zumal er vollständig damit beschäftigt war, nicht auszurutschen, mit dem Gesicht im Schlamm zu landen und Oskar aus den Augen zu verlieren.
    Seine paranoide Sorge, das Einsatzkommando, das das Camp überfallen hatte, könnte noch besser vernetzt sein, als er sich vorstellen konnte, und ihn und Oskar per Überwachungssatellit orten, legte sich rasch, als er einen Blick nach oben warf. Die Bäume, überwiegend Kiefern, standen dicht an dicht, und auch der scharfsichtigste Satellit konnte in diesem Wald niemanden ausfindig machen. Solange sie im Wald waren, waren sie sicher. Nass und matschig und zeckenverseucht, aber sicher vor allen etwaigen Verfolgern.
    Sie brauchten fast eine Dreiviertelstunde, um den Wald zu durchqueren. Eine Dreiviertelstunde, bis es vor ihnen wieder heller wurde, allmählich, und sie durch die sich lichtenden Bäume hinuntersahen auf ein Feld, das etwa anderthalb Kilometer weit sanft abfiel, hinunter zu einem Feldweg und einem auf der anderen Seite gelegenen Bauernhaus, vor dem drei Autos im Regen geparkt standen, ein SUV , ein Pick-up und ein Kleinwagen.
    Beck hockte sich neben Oskar hinter einen Baumstamm und ließ wie sein Begleiter einen Blick durch die verregnete flache Landschaft gleiten.
    Nichts rührte sich.
    Kein Laut war zu hören, abgesehen vom Geräusch des Regens und dem stetigen Tropfen von den Ästen der Kiefern hinter ihnen.
    Hinter den Fenstern des Bauernhauses brannte Licht, aber Oskar richtete Becks Aufmerksamkeit noch etwas höher, auf die Satellitenschüssel auf dem Dach.
    »Müsste reichen«, sagte er. »Falls die nicht auch noch zusätzlich Kabel haben.«
    Oskar setzte sich in Bewegung. Die Böschung hinunter, dieden Wald vom Feld trennte, und blieb vor dem Graben stehen, der sich am unteren Ende der Böschung mit reichlich Wasser gefüllt hatte. Er sah nach links, dann nach rechts und wandte sich dorthin, weil in etwa hundert Meter Entfernung von ihrem Standort ein umgestürzter Baum eine natürliche Brücke über den Graben bildete.
    Beck folgte ihm, entlang der Böschung, die auf ihrem Weg steiler und höher wurde. Und während er weiter hinter Oskar hermarschierte, in nassen, quietschenden Schuhen, durchweicht vom Kopf bis zu den Füßen und mit der bangen Frage im Hinterkopf, wer ihm die zahllosen Zecken aus den Armen und Beinen ziehen würde, beschlich ihn ein Gefühl, das er nicht einordnen konnte. Sein Verstand sagte ihm, dass sie, die Angreifer, ihnen unmöglich gefolgt sein konnten. Mit etwas Glück ahnten die ja nicht einmal, dass überhaupt jemand entkommen war, hatten längst mission accomplished gemeldet und bissen sich seither die Zähne aus an Oskars Firewall. Nach menschlichem Ermessen konnten sie ihn und Oskar nicht abfangen, schon gar nicht hier. Höchstens auf dem Hof, falls sie so klug gewesen waren, den zwischenzeitlich zu besetzen und ihre schwarzen Humvees hinter dem Haus zu parken, aber auch das erschien Beck vollkommen unwahrscheinlich.
    Er begriff zu spät, dass eine wesentlich ältere Stimme aus seinem Inneren ihn zu warnen versuchte, dass der Wind in Richtung des Waldes wehte und dass er, schlimmer noch, gerade einen absolut wesentlichen Geländevorteil verschenkte. Einen Geländevorteil, den sein lautloser, alles witternder Gegner sehr wohl als solchen begriff, weil genau das in seiner Natur lag.
    Beck begriff zu spät, dass man sich als designierte Beute unter keinen Umständen direkt entlang einer zwei Meter hohen

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