Prophezeiung
Viecher gehören doch alle kaltgemacht. Aber vorher warm.«
»Du nimmst gar nichts ernst, oder?«
Er nickte. »Doch. Die Rettung der Welt«, sagte er mit reichlich Pathos, »beginnt zu Hause! Mit der Ökosparfunzel im Badezimmerspiegel, auch wenn frau dann immer aussieht wie irgendwas Lustiges von Roncalli. Und der heimische Herd entscheidet über Gedeih und Verderb des Planeten.«
»Eben.«
»Sagst du doch nur, weil du dich nicht schminkst. Und kein Fleisch magst.« Er spießte ein Stück auf und hielt die Gabel hoch. »Probieren?«
»Danke, nein.«
»Gerne«, sagte er und kaute.
»Versuch’s doch mal mit Känguru«, sagte sie. Freundlich, denn sie hatte ihn nicht provozieren wollen. Er hatte angefangen, nicht sie.
»Es gibt kein Kobe-Känguru«, sagte er. »Außerdem schmecken die Viecher genauso bescheuert, wie sie aussehen. Ich weiß, ich weiß«, winkte er wieder ab. »Die furzen kein Methan, die haben einen Kat.«
»Beziehungsweise andere Enzyme.«
»Macht nichts besser, jedenfalls nichts leckerer. Außerdem ist die Känguruzucht im Arsch, mit Verlaub, denn nächstes Jahr kommt Kang Kong. «
Sie sah ihn fragend an.
»Die werden doch seit ein paar Jahren massenhaft gezüchtet, deine Beutel-Burger.«
Sie nickte. »Die Amerikaner stehen drauf.«
»Toter Markt. Ab dem nächsten Jahr. Kang Kong ist Pixar, Disney. Wird supercool. Supersüß. Gibt’s dann in jedem Happy Meal, aus Plastik mit Sound, auch die ganze Familie von Kang. Und glaub bloß nicht, dass danach noch ein einziges Kind zwischen hier und Tokio Känguru isst.«
Sie musste lachen. Es war vollkommen absurd. Sie schüttelte den Kopf und sah ihn an, entschuldigend. »Ich wollte dir dein Steak nicht vermiesen.«
Er legte die Serviette weg. »Hast du auch nicht geschafft. Ich bin satt.« Er winkte nach dem Kellner. »Und in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns mit echten Arschgeigen angelegt haben, die notfalls Unfälle passieren lassen, siehst du mir sicherlich nach, dass ich auch weiterhin skrupellos Rinder esse.« Der Kellner war neben ihm stehen geblieben. »Die Rechnung, bitte.«
»Gern. War es recht?«
»Exzellent. Aber die Dame merkt zu Recht an, Sie sollten mal an den Hersteller weitergeben, dass er die bei der Produktion entstehenden Gase abfackeln möchte. Die Chinesen heizen mit so was demnächst ganze Städte.«
Der Kellner sah ihn höflich verwirrt an, Mavie ebenfalls. Und während der Kellner Philipps Kreditkarte entgegennahm und sichmit einem leisen Nicken zurückzog, legte sie überrascht den Kopf schräg.
»Du weißt ja doch, wovon ich rede.«
»Ich bin nicht blöd, ich esse nur gern Rinder. Spricht irgendwas gegen einen Espresso und Grappa?«
»Nein.«
»Schwein gehabt.«
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17 Als sie in Rotterdam von der Autobahn abfuhren und Philipp den Porsche auf die Spur Richtung Zentrum einreihte, merkte er beruhigend an, Rotterdam verliere im Dauerregen wenig von seinem Charme, da es ohnehin keinen habe. Was Mavie erstens nebensächlich fand und zweitens falsch, denn auf dem Weg durch die Stadt hatte sie den Eindruck, nicht allzu weit gekommen zu sein, sondern sich durch eine kleinere Kopie von Hamburg zu bewegen. Die Masten der Rotterdamer Köhlbrandbrücke, der Erasmusbrücke über die Maas, waren allerdings etwas ambitionierter geknickt, und die Kehrwiederspitze war etwas kürzer und hieß Wilhelminapier. Dafür standen höhere Hochhäuser als in Hamburg auf der Spitze, und in deren langem Schatten, direkt am Wasser, stellte Philipp den Porsche ab. Vor einem vergleichsweise winzigen Backsteinbau, der sich vor die Füße der Türme verirrt zu haben schien und in großen Lettern von direkt unter dem Dachfirst trotzig verkündete, er repräsentiere die Holland America Lijn. Beziehungsweise habe die früher repräsentiert, denn inzwischen hieß er bloß noch New York und war ein Hotel.
Philipp hatte während der Fahrt mehrfach mit Lisa Weiß telefoniert und mehrfach nicht fassen können, was sie ihm mitteilte, nämlich dass Rotterdam praktisch ausgebucht sei, jedenfalls in der Kategorie, in der er offensichtlich normalerweise abstieg. Was ebenso offensichtlich mit einigen Kongressen zusammenhing, allerdings nicht klimawissenschaftlichen, sondern medizinischen. Was Philipp beruhigte, da wohl niemand vermummt gegen Virologen protestieren würde, er sich also keine Sorgen zu machen brauchte, dass irgendwelche militanten Gaia-Freundeseinen Porsche mit Coladosen oder Molotowcocktails bewerfen würden.
Am Ende ihrer von
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