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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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zu, respektvoll. »Mit dem Tod Ihrer Schwester zu tun haben? Den ich natürlich zutiefst bedaure. Aber ich verstehe nicht …«
    »Sie hat mit ihm telefoniert«, sagte Mavie, »und vermutlich hat ihm nicht gefallen, was sie wusste. Und ein paar Stunden später war sie tot.«
    Eisele sah Mavie an. Ungläubig. Sie nickte. »Wir wissen nicht, wen sie erreicht hat. Möglicherweise nicht Professor Gerrittsen, aber dann müsste er uns sagen, wer meinen iAm hatte. Beck oder wer sonst.«
    »Beck?«, sagte Eisele und klang endgültig verwirrt.
    »Gerritsens Chefdesigner.«
    »Ich verstehe nicht«, sagte Eisele.
    »Wir auch nicht«, sagte Philipp. »Also holen wir doch den dazu, der’s weiß. Und zwar jetzt.«
    Wieder runzelte Eisele die Stirn. Wieder sah er Mavie an, wieder Philipp. Dann sah er auf seine Uhr, nickte und schüttelte im nächsten Augenblick den Kopf, mit Blick in Richtung Foyer. Hunderte Augenpaare blickten mehr oder weniger unverhohlen in seine Richtung.
    »Ja«, sagte er. »Das scheint mir zwingend erforderlich, um die Sache aufzuklären. Aber sicherlich nicht jetzt.«
    »Wir …«, sagte Mavie.
    »Ja«, sagte er wieder. »Wirklich, ich verstehe Sie. Beide. Aber Bjarne Gerrittsen ist einer meiner ältesten Freunde und Weggefährten, und ich kann Ihnen versichern, dass sich dieses Missverständnis wird aufklären lassen. Erst recht kann ich Ihnen versichern, dass er nichts mit dem Tod Ihrer Freundin zu tun hat. Sie verstehen aber bitte, dass wir unser Gespräch nicht jetzt führen können, denn ich werde erwartet – und meine Gäste sind von weit her angereist. Es wird«, sagte er freundlich, aber sehr bestimmt, »jetzt keinen Eklat geben. Wir treffen uns nach der Veranstaltung, Sie beide, Bjarne und ich. Wo sind Sie?«
    »Im New York «, sagte Mavie zögernd. Sie war nicht einverstanden. Aber ihr war auch klar, dass sie ihn und Gerrittsen nicht zwingen konnten.
    Eisele zog kurz die Augenbrauen hoch. »Das macht es einfacher, wir haben das gleiche Hotel. Um zehn. In der Lobby lässt es sich in Ruhe reden.«
    Und ehe Mavie oder Philipp noch etwas sagen konnten, hatte er beiden die Hand geschüttelt, mit einem letzten ernsten Blick, und war ins Innere des Gebäudes verschwunden, flankiert von seinen Kleiderschränken, und in einem Meer aus Anzügen und Köpfen untergegangen.

[Menü]
    19 Noch ehe sie den Porsche erreicht hatten, fand Mavie sich zu ihrem Leidwesen in einer Position wieder, die sie gar nicht einnehmen wollte. Denn Philipp fügte sich nur für ein paar Schritte Richtung Parkplatz schweigend Eiseles Bitte um Geduld und Contenance, dann blieb er stehen, stutzte und sagte, mehr zu sich selbst, so weit komme es noch, dass er anfinge, auf »arrogante Schwuchteln« zu hören. Als er auf dem Absatz kehrtmachte, um die »kleine Kröte am Schlips aus dem Hörsaal zu schleifen«, sah Mavie sich gezwungen, ihn zu besänftigen und ihm zu versichern, Fritz Eisele sei ein hochanständiger, integrer Mann und genieße ihr vollstes Vertrauen. Wozu sie ihre eigenen Bedenken herunterschlucken und sich argloser geben musste, als sie es war. Aber hätte sie Philipp das gestanden, wäre der erst recht in den Hörsaal getobt beziehungsweise auf dem Weg dorthin von den großen Anzügen festgenommen oder zusammengeschlagen worden, und das erschien ihr erst recht nicht zielführend.
    Er fluchte weiter vor sich hin, auf dem Weg zum Hotel. Die Windschutzscheibe musste sich einiges anhören, unter anderem diverse Kraftausdrücke, die nicht nur dem feisten Arsch Gerrittsen galten, sondern auch einigen Rotterdamer Autofahrern, den Stadtplanern, der Stadt an sich, Holland an sich und im Besonderen ihrem Guru, Eisele, einem schwulen Schnösel, einem Wichser, einem prätentiösen Sackgesicht.
    Sie ließ ihn schimpfen. Stellte keine Fragen, als er den Porsche auf dem Parkplatz zwischen den Türmen abstellte, ausstieg, sich nach rechts wandte, statt das New York anzusteuern, und im Ono, dem Restaurant im Erdgeschoss des Montevideo-Turms, knurrend einen Tisch verlangte. Sie ließ ihn gewähren. Fand zwischendurch beschwichtigende Worte, wahlweise zustimmende Laute. Schloss sich seiner Sushi-Bestellung an, verzichtete, anders als er, auf den Sake, und ließ ihn weiter schimpfen. Die Abstände zwischen seinen geknurrten Ausbrüchen wurden allmählich länger. Und nach dem zweiten Sake hatte er sich so weit abreagiert, dass er richtig unangenehm wurde. Nämlich kalt und logisch.
    »Der verarscht dich sauber«, sagte er.
    »Keine Sorge,

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