Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
Vom Netzwerk:
unbesiegbare Alphatier, nun leicht angeschlagen, exklusiv für sie. Ein Vertrauensbeweis.
    Das im nüchternen Zustand aggressive Bellen zu einem Knurren gedämpft, irgendwo zwischen Bär und Bettvorleger, ein doppelt verlockendes Signal für Weibchen, jedenfalls für solche mit Helfersyndrom und einem IQ knapp über Zimmertemperatur.
    Schon unter normalen Umständen hätte sie das einfach nur peinlich gefunden, aber unter diesen besonderen Umständen ging es ihr senkrecht auf die Nerven.
    Das New York, bemerkte er, habe keinen Wellnessbereich. Sie seien beide komplett verspannt. Schlechte Voraussetzungen für einen großen Termin. Ganz schlecht. Denn bei solchen Terminen müsse man souverän sein, nicht verbissen, den Kopf frei haben. Eben entspannt sein.
    Das konnte einfach nicht sein Ernst sein.
    Sie sei entspannt, sagte sie. Bestens vorbereitet.
    Der Zaunpfahl flog an seinem Gehirn vorbei.
    Er beneide sie. Werde aber seine innere Ruhe garantiert ebenfalls wiederfinden, nachdem er sich eine halbe Stunde hingelegt habe. Einfach mal durchatmen.
    Das New York biete immerhin ein Fitnessprogramm, sagte sie, als sie durch die hölzerne Drehtür das Hotel betraten, und unterdrückte ein Ächzen, als sie seinen nun erst recht dämlichen, weil hoffnungsvoll fragenden Blick auffing.
    »Du kannst schon mal das Doppelbett auseinanderschieben. So weit wie möglich.«
    Immerhin, der dämliche Ausdruck verschwand sofort aus seinem Gesicht. Sie war erleichtert, dass er lächelte, schnaubte und dann tatsächlich kurz lachte. »Was hast du bloß gegen Männer«, sagte er und klang plötzlich wieder überraschend nüchtern.
    »Ich habe nichts gegen Männer.«
    »Nur gegen alle über zwölf und alle mit Haaren?«
    Es war so dämlich, dass sie es nicht einmal mehr mit einem Augenrollen kommentierte. Sie trat an die Rezeption und ließ sich den Zimmerschlüssel aushändigen, Philipp trat neben sie. Und lächelte das Mädchen hinter dem Tresen an. Sie war hübsch, blond, Mitte, Ende zwanzig, und für einen Sekundenbruchteil befürchtete Mavie ernsthaft, er werde nun sie um eine Massage bitten.
    Aber Philipp fragte bloß vollendet höflich, ob sein Freund, Professor Eisele, ebenfalls im New York abgestiegen sei. Und das Mädchen lächelte zurück, schaute nach und bestätigte. Der Professor habe das Turmzimmer gebucht.
    Philipp dankte und sah sich um. In der Lobby saßen etwa zwanzig Gäste, teilweise an den Bistrotischen des hauseigenen Restaurants, teilweise an der Bar. Er bat die junge Blonde, ihm einen ruhigen Tisch frei zu halten, für 22 Uhr, sie nickte und versprach, dafür zu sorgen.
    Dann sah er Mavie an, lächelnd, und sagte, er bleibe unten. Er nickte in Richtung Tresen. Ersatzentspannung. Schlechter als eine Massage, aber besser als nichts. Sie nickte. Und hoffte auf dem Weg nach oben, dass er nicht allzu zügig weiter an seiner Performance arbeitete. Denn ganz gleich, was dem angeschlagenen Alphatier folgte, beim Gespräch mit Eisele und Gerrittsen konnte sie an ihrer Seite weder das lallende Elend brauchen noch den aggressiven Pöbler, und so wie sie Philipp kennengelernt hatte, stand ihm im Promillnirwana die Option glücklich schweigender Buddha nicht zur Verfügung.
    Fünf Minuten, sagte sie sich. Einmal ins Bad, einmal frisch machen, fertig. In fünf Minuten wäre sie wieder unten. In der Zeit schaffte er höchstens einen Sake, Whisky oder Wodka, und danach würde sie ihn auf Apfelschorle und Erdnüsse setzen, gnadenlos.
    Durch die geöffneten Vorhänge des Zimmers fiel buntes Licht, von draußen, von den zahlreichen Strahlern an der Kaimauer, die das historische Gebäude illuminierten, sodass es auch nachts vom gegenüberliegenden Ufer, von der City und vom Wasser aus als Blickfang diente.
    Mavie streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus und bemerkte im gleichen Augenblick, dass etwas nicht stimmte. Sie erstarrte, als sie begriff, was sie gespürt hatte, eine kaum wahrnehmbare Bewegung von links, von weit her. Von dort, wo vor dem Fenster einer der beiden Sessel stand, rot, mit hoher Lehne. Und auf der Seitenlehne lag ein schlanker Arm, verhüllt vom Ärmel eines Jacketts, ein Arm, der sich bewegte, eine Hand, die die Lehne etwas fester griff, während der zu Arm und Hand gehörige Körper sich aus dem Sessel nach vorn beugte, hinein ins Licht. Das Jackett, darunter ein schwarzer Pullover, ein Rollkragen, schließlich das Gesicht des Mannes, sich aus dem Schatten schälend.
    »Du hast echt Nerven«, sagte Beck.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher