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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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wieso er mit Bodyguards reist oder sich von Rotariern applaudieren lässt. Er ist unser Zugang zu Gerrittsen, und Gerrittsen hat die Antworten auf unsere Fragen: Was ist mit der Prognose, wen hat Helen auf meinem iAm erreicht, wer hat sie umgebracht – oder umbringen lassen? Und wenn du mich fragst, war das nicht die dicke Kröte.«
    Er schnaubte spöttisch. »Sagt dir deine weibliche Intuition.«
    »Ja«, nickte sie. »Genau die. Ich hab’s doch gesagt, ich hatte schon bei diesem bescheuerten Verhör das Gefühl, dass Gerrittsen gar nicht weiß, was wirklich läuft. Er unterschätzt sein eigenes Programm, aber vor allem unterschätzt er seine Leute, seine Firma. Der Typ ist Wissenschaftler, ein klassischer Fall von Elfenbeinturm, ohne allzu viel Ahnung von der Welt da draußen.«
    Philipp schüttelte den Kopf. »Das ist schon wieder Schulmädchen. Alles Gutmenschen, alles Wissenschaftler, Klimaengel, Weltretter – und irgendwo im Hintergrund hängt unsichtbar das Erzböse in den Kulissen und zieht Strippen? Luzifer, oder hat der auch einen bürgerlichen Namen?«
    »Beck«, sagte sie.
    »Beck«, sagte er. »Hilf mir mal.«
    »Gerrittsen ist eitel. Wenn einer wie Gerrittsen halb versehentlich sagt, Prometheus sei Becks Erfindung, und dann zurückrudert und sagt, er habe natürlich nur den Namen des Programms gemeint, dann können wir davon ausgehen, dass Beck eine Menge weiß. Ich hab ihn erlebt, der Typ ist, vorsichtig gesagt, verhaltensauffällig. Und er stand bei dem Verhör neben Gerrittsen, er hat das Gespräch geführt, er hat verhindert, dass sein ›Boss‹ was Falsches sagt, er hat mich entlassen …«
    Philipp nickte, setzte ein Lächeln auf, das nicht so gemeint war, und hob den Zeigefinger.
    »Bitte«, sagte sie.
    »Wieso hat Beck dich nicht gekillt? Beziehungsweise, sorry, killen lassen, denn Typen wie der machen sich ja nicht die Finger schmutzig.«
    »Weil ich zu schnell weg war. Weil er meinen iAm erst durchsucht hat, als ich schon im Flieger saß. Beziehungsweise nachdem Helen ihn erreicht und ins Blaue geschossen hatte. So wie ich deine Schwester kenne, hat sie die fehlenden sechzig Prozent dazu erfunden und auch gleich noch behauptet, die Beweise seien auf dem Weg zu ihr.«
    »Dann hätten sie dich aber spätestens nach der Landung erwischt.«
    »Sofern nicht die Journalistin erst mal Priorität hatte.«
    Sie verstummte und senkte den Blick. Er schwieg ebenfalls. Beide schoben Sushi-Rollen auf ihren Tellern von links nach rechts, als änderte das etwas an Mavies Schuld.
    Philipp brach das Schweigen. »Sie hätten dich direkt danach gekriegt.«
    »Wenn sie gekonnt hätten«, sagte sie. »Aber dazu hätten sie mich finden müssen. Sie waren in meiner Wohnung, aber da war ich nicht. Meinen iAm hätten sie orten können, aber der lag beiihnen selbst. Und als sie bei meinem Vater nachgeschaut haben, ob ich da bin, war ich bereits wieder weg, nämlich bei dir. Und du stehst nicht auf der Liste meiner Freunde.«
    »Was für ein Glück«, sagte er.
    »Was das betrifft, ja.«
    Er brachte ein spöttisches Lächeln zustande. »Das heißt, wir brauchen Gerrittsen als Bestätigung – und als Kronzeugen, sozusagen. Dass Beck deinen iAm hatte?«
    Sie nickte. »Das wird er uns ja wohl sagen können. Oder er bestätigt uns, dass er selbst mit Helen gesprochen hat. In dem Fall wird er aber auch wissen, wem er davon erzählt hat. Vielleicht ist Luzifer auch der bislang große Unbekannte, zuständig für die gesamte Security des IICO , Ex-CIA , Mafia oder Schlimmeres.«
    »Aber deine weibliche Intuition sagt was anderes.«
    Mavie nickte. »Mit Nachdruck: Beck.«

[Menü]
    20 Man war so freundlich, ihnen einen Schirm zu leihen. Der Weg vom Ono zum New York war kurz, aber der warme Regen hatte, wie vorhergesagt, zugenommen. Über das schwarze Wasser schoben sich, wie in Hamburg, die unvermeidlichen Schlepper und fischten Gallertmasse aus dem Hafenbecken. Die Quallen fühlten sich offenbar auch in Holland wohl.
    Was Mavie von sich selbst nicht behaupten konnte, nicht nur, weil sie wegen des bevorstehenden Treffens mit Eisele und Gerrittsen nervös war. Auch ihr Begleiter machte sie zunehmend unruhig, denn dessen vergleichsweise kühle und logische Art nach dem ersten Sake war offensichtlich nur eine Zwischenstation auf dem Weg über die Promillgrenze gewesen. In Sake veritas. Und zwar eine Wahrheit, die Mavie nicht kennen wollte. Sie war sicher, dass er damit viel erreicht hatte, in seinem bisherigen Leben. Das

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