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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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ihren Füßen. Ausreichend, falls er sich doch noch entschied, sie anzufallen.
    Aber Beck nickte bloß. »Vermutlich.«
    »Weil die Prognose stimmt.«
    »Zumindest stimmt sie rechnerisch. Ob sie zutrifft, ist eine andere Frage, aber das liegt im Wesen des Begriffs Prognose.«
    Sie schluckte die Bemerkung herunter, er könne sich seine Scheißdialektik sonst wohin stecken, und nickte bloß höflich Zustimmung. »Das heißt, Prometheus prognostiziert 800 Millionen CD – mit anderen Worten: Todesopfer, richtig?«
    Wieder nickte Beck, und sie fand seine Seelenruhe beängstigend. »200 bis 800 Millionen. Aber das ist alles von etlichen Faktoren abhängig …«
    »800 Millionen Tote aufgrund einer monatelang anhaltenden Dürre rund um den Globus, am Äquator, und Dauerregen in den gemäßigten Breiten …«
    »… unter anderem davon, wer wie worauf reagiert. Prometheus bildet klimatische Veränderungen exzellent und außerordentlich präzis ab, aber er kann nicht menschliche Verhaltensänderungen in Krisensituationen vollständig im Modell erfassen, lediglich – und das auch nur mit einer enormen Varianz von eben ein paar Hundert Millionen – berechnen, was passiert, wenn das Klima an einem Ort X zum Zeitpunkt Y gleich Z ist und die Variable Verhalten unverändert bleibt. Schlägt der Blitz in genau drei Minuten in genau dieses Zimmer ein, ist der Mensch, der drin sitzt, tot. Sitzt er nicht drin, ist er nicht tot.«
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf. All das war doch völlig unerheblich. Selbst wenn Prometheus um statistisch vernichtende 50 Prozent danebenlag, war seine Vorhersage eine Katastrophe und würde 400 Millionen Menschen das Leben kosten.
    »Aber … warum?«, sagte sie.
    »Warum was?«
    »Was ist die Ursache? Was sieht Prometheus , was niemand sonst sieht?«
    »Zusammenhänge.«
    Ihr Ächzen klang genauso verächtlich, wie es gemeint war. »Super.«
    »Klima ist ein hochkomplexes System …«
    »Ja, erzähl mir was Neues. Das bin ich auch. Und trotzdem falle ich nicht über Nacht ins Koma, ohne Grund.«
    »Hoffentlich nicht. Aber genau das passiert, wenn du zum Beispiel einen Schlaganfall kriegst.«
    »Die Erde kriegt einen Schlaganfall?«
    »Sozusagen. Das hat aber eine längere Vorgeschichte. Genau wie bei dir, um im Bild zu bleiben. In den meisten Fällen sind die Voraussetzungen günstig, den Schlaganfall begünstigen in der Regel reichlich Faktoren wie Stress, Nikotin, Alkohol, und diese Katastrophe ist ebenfalls gut vorbereitet.«
    »Durch uns.«
    »Absolut. Aber es gibt einen Unterschied. Dein Schlaganfallanwärter ist sozusagen gezwungen worden, rauchend und saufend Marathon zu laufen. Da lässt sich dann vorhersagen, was passiert.«
    »Siehst du, das meinte ich: Was ist der Marathon?«
    »Der gleiche wie früher«, sagte Beck, »wie vor dem Eem-Maximum und am Ende der Dryas.«
    Sie sah ihn fragend an.
    Er verstand den Blick richtig. Und sah sie regelrecht sanft an. »Du weißt das alles. Die Erwärmung der Erde hat nicht nur Folgen für die Temperatur oder den Meeresspiegel, es ändert sich auch die gesamte Wasserverteilung – und dazu gehört Regen. Wo die 475 Billionen Tonnen Wasser, die jedes Jahr aus Ozeanen verdunsten, als Regen wieder landen, hängt davon ab, wie viel die Zirkulationszellen aus den Subtropen in die Tropen und in die Sturmsysteme in Lagen mittlerer geografischer Breite transportieren, die Aktivität dieser verzahnten Fließbänder steht und fällt mit der globalen Temperatur, und die steht und fällt mit E 0 beziehungsweise der lokalen SHR . Das heißt einerseits: mehr Wärme, mehr Verdunstung, mehr Wolken, aber eben nicht nur das, sondern auch dramatisch veränderte Windströmungen. Die Hadley-Zellen über den Tropen erweitern sich in Richtung der Pole, was bedeutet, dass der gesamte hydrologische Zyklus sich verändert. Zweitens bedeutet es aber auch weniger Wolken über bestimmten Regionen, denn kosmische Strahlung trägt zur Bildung von Wolken aus Schwefel- und Wasserpartikeln bei, und mehr Sonnenwind bedeutet weniger kosmische Strahlung – sprich: die trockenen Zonen werden gleich aus zwei gewichtigen Gründen bedeutend größer …«
    »Aber das passiert doch nicht über Nacht.«
    Er nickte. »Doch. Wer ist hier die Eiskernexpertin? Es geht fürchterlich schnell. Jedenfalls ist es oft fürchterlich schnell gegangen, historisch gesehen, sofern wir ›historisch‹ richtig definieren, also nicht bloß als ›so weit wir zurückdenken können‹. Dramatische Dürren

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