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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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stand erstarrt.
    Und wusste nicht, was sie mit seinem Tonfall anfangen sollte. Er klang freundlich, unpassend, absurd freundlich. Das konnte nicht so gemeint sein.
    In ihrem Kopf stolperten die Gedanken heillos durcheinander, übereinander. Würde sie es schaffen, die Tür zu öffnen? Was hatte er in der anderen Hand? Sie konnte die Rechte sehen, leer – schoss er mit links? Würde jemand sie hören, wenn sie schrie? Bis nach unten? Nützte ihr das irgendwas, ein Schrei? Würde jemand kommen? Sicherlich nicht rechtzeitig, sofern er in der Linken eine Waffe hielt und vorhatte, diese Waffe zu benutzen. Aber hatte er das vor? Falls ja, wohin würde er zielen? Mit oder ohne Schalldämpfer, auf ihren Kopf oder auf ihren Körper? In welche Richtung konnte sie sich fallen lassen, nach hinten, nach links? Hätte sie nach dem ersten Schuss eine Chance, die Tür zu öffnen? Einen Schritt vor ihr stand der andere Sessel. Bot der Deckung? Womit konnte sie Beck bewerfen, zwischen dem ersten und dem zweiten Schuss? Wo hatte Philipp seinen Revolver abgelegt, im Nachttisch? Auf dem Couchtisch? Hatte Beck den in der Hand? Und wieso saß er in ihrem Zimmer? Das erschien ihr völlig nebensächlich, aber ihr Mund war schneller als ihr Gehirn.
    »Was machst du in meinem Zimmer?«
    »Warten«, sagte er. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ihr noch eine Stadtrundfahrt macht. Wo ist dein Typ?«
    Sofern er gekommen war, um sie zu erschießen, brauchte er eigentlich weder Fragen zu beantworten noch welche zu stellen. Jedenfalls keine weiteren.
    »Unten«, sagte sie. Weshalb wollte er das wissen? Weil er sie beide erschießen musste?
    Da er in diesem Moment seine leere Linke aus dem Schatten ins bunte Licht zog und Linke und Rechte auf seinen Knien verschränkte, schlug sie sich all ihre spontanen Fragen nach Flucht oder Angriff als irrelevant aus dem Kopf und verlegte sich rasend schnell auf einen völlig neuen Katalog. In dem alle Fragen mit W begannen, aber die entscheidenden mit dem gleichen Wort.
    »Woher …?
    »Ich hab euch gesehen, von drinnen.«
    »Drinnen?«
    »An der Uni. Ich war drin, ihr wart draußen. Ich hab euch aber erst gesehen, als Bjarne und Eisele vorgefahren sind, und ich hab’s einfach nicht geglaubt. Ich glaube es eigentlich immer noch nicht.«
    »Was?«, sagte sie und ließ den Arm sinken, vorsichtig.
    »Dass du hier bist, nach deinem Auftritt auf La Palma. Nach allem, was passiert ist. Du musst doch vollkommen irre sein.«
    Sie traute ihren Augen nicht. Lächelte er?
    »Weil ich ein paar Antworten will?«, sagte sie.
    »Weil dir offenbar nicht klar ist, dass deine Fragen die falschen sind. Oder dir ist nicht klar, dass sie gefährlich sind. Aber in dem Fall müsste ich annehmen, dass du wahnsinnig dumm bist, und den Eindruck hatte ich bislang gar nicht.«
    »Wie nett. Und du bist hier, um was zu tun? Mich zu warnen?«
    »Muss ich das noch?«, sagte er.
    »Warum dann? Um meine Fragen zu beantworten?«
    Er zuckte die Achseln. »Frag.«
    »Helen hat dich angerufen, auf meinem iAm?«
    »Das war die Journalistin?«
    Mavie nickte.
    »Sie hat mit Bjarne gesprochen.«
    »Das hat er dir gesagt?«
    Beck nickte. »Hat ihn ziemlich mitgenommen, was auch immer sie genau gesagt hat. Prophezeiung, Weltuntergang, Verschwörung, internationaler Gerichtshof, lebenslänglich, das Ende seiner Karriere, er war wirklich erschüttert.« Beck ließ eine Pause entstehen. »Ich hab zwei Tage später im Netz gelesen, dass sie gestorben ist, jedenfalls hab ich mir gedacht, dass sie das war. Kurzmeldung, in eurem Abendblatt, es stand nicht mal der volle Name drin, aber nach Nyquist hab ich so was fast befürchtet.«
    »Auch das war kein Unfall«, sagte Mavie, trat langsam vor und blieb hinter dem hohen Sessel stehen. Sie machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten. Es war hell genug, und Becks Stimme war zu leise für grelles Deckenlicht.
    »Wohl nicht«, sagte er.
    »Gerrittsen hat Helen umbringen lassen? Und Nyquist?«
    Er sah sie verwundert an. »Nein«, sagte er. »Bjarne ist kein Mörder. Er behält gewisse Informationen für sich, aber er tut keiner Fliege was zuleide.«
    »Wer dann?«
    Er zuckte die Achseln. »Passe. Keine Ahnung. Frag ihn, wen er angerufen hat. Nach dem Telefonat mit der Journalistin.«
    »Das weißt du nicht.«
    »Nein.«
    »Aber der Grund ist die Prognose. Für den Mord an Nyquist und für den Mord an Helen.« Sie ließ sich vorsichtig auf dem Sessel nieder. Drei Meter Abstand zwischen seinen Füßen und

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