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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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erleichtert zur Kenntnis, dass sie wieder frei atmen konnte. Sie holte tief Luft und fasste für Milett erneut, diesmal etwas ausführlicher, die Details zusammen: ihren »Diebstahl«, die Prognose, ihre eigene Skepsis, was die Daten betraf, Helens Ermordung. Die Besucher ihres Vaters, ihre nicht wieder verschlossene Wohnung in Hamburg, ihr Besuch in Rotterdam. Thilo Becks Auftritt im Hotel, seine Bestätigung der Prognose, seine Erläuterungen zum Programm, zur SHR und zur Berücksichtigung der Wasserdampfentstehung und -verteilung, zu den zahlreichen bisher unvereinbar scheinenden solaren Zyklen sowie den Sono -Daten, über die das IICO exklusiv verfügte. Sie erwähnte Becks Festplatte und die darauf enthaltenen, wesentlich umfangreicheren Daten sowie seine Einschätzung, Gerrittsen sei ein Geniestreich gelungen, indem er alle für das Klima ursächlichen Faktoren tatsächlich in Form von Algorithmen in ein einziges Programm integriert hatte.
    Miletts Blick blieb höflich, wenn auch skeptisch, aber als sie Gerrittsens geniale Programmierleistung hervorhob, unterbrach er sie.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagte er. »Bjarne Gerrittsens sagenhafter Traum. Die valide Prognose, die Welt als Organismus, die Logik der scheinbar disparaten, chaotischen Stoffwechselparameter als zuverlässige Marker jedes epileptischen Anfalls, die Integration von Sornettes Theorem in die steinzeitlich anmutenden Algorithmen der Vorhersageprogramme. Haben Sie das Programm gesehen?«
    »Nein. Aber …«
    Er hob die Hand. »Ich kann Ihnen durchaus folgen, Mademoiselle. Alles, was Sie mir berichten, spricht für Ihre Theorie. Jemand will verhindern, dass diese Daten bekannt werden, und dieser Jemand hegt ebenso wenig Zweifel an der Richtigkeit der Prognose wie Sie, Gerrittsen und Ihr Informant, dieser Beck. Dennoch, und selbst wenn Sie die Frage für von nur akademischem Interesse halten: Wo ist das Programm? Denn ohne das Programm und ohne eine Überprüfung der Vorhersage haben wir …«
    »Auf dem Weg«, sagte Mavie ohne Zögern.
    Sie bemerkte Philipps Blick, aber sie vermied es, ihn anzusehen. »Unser Informant, wie Sie ihn nennen, Beck, hat alle relevanten Daten sichern können – ob es ihm in der Kürze der Zeitgelingt, auch die gesamte Programmstruktur offenzulegen, kann ich Ihnen nicht versprechen. Aber wir verfügen über sämtliche Vorhersagedaten, etliche Parameter und einen mehr als ausreichenden Einblick in die Rechenoperationen, die Prometheus vornimmt.«
    »Gut«, sagte Milett. »Verzeihen Sie mir, aber ich hatte für einen Augenblick befürchtet, Sie selbst verfügten nicht über mehr als das, was Ihr untreuer Freund ins Netz gestellt hat. In dem Fall …« Er beendete den Satz nicht. »Aber das ist ja nicht der Fall«, sagte er. »Wann sind die Daten hier?«
    »Beck ist untergetaucht«, sagte Mavie. »Aber er wird mich noch heute kontaktieren, spätestens morgen früh. Und dann stehen die Daten auf einem Server, auf den wir zugreifen können.«
    Milett sah sie aus harten Augen an. Sie hielt dem Blick stand und dachte an wesentliche Dinge. Das Ziel, das Projekt und lauter Bilder von wahnsinnig aufrichtigen Menschen. Ghandi. Martin Luther King. Karlheinz Böhm.
    Milett fand keine Spur von Lüge in ihrem Blick. Und nickte erneut. »Gut«, sagte er. »Gehen wir davon aus, dass die Daten im Lauf der nächsten Stunden vorliegen und Ihre Theorie bestätigen. Sollte das zutreffen, gehe ich recht in der Annahme, dass wir keine Zeit mehr zu verlieren haben?«
    Mavie nickte.
    »Ich kann Ihnen nicht versprechen, dass die Weltpresse schon morgen Abend vollzählig hier versammelt sein wird, aber wir werden es natürlich versuchen.«
    »Das wäre großartig«, sagte Mavie.
    »Wir werden sehen«, sagte Milett, »wie hoch mein Marktwert noch ist.«
    »Ich bin sicher …«, sagte Mavie, aber Milett unterbrach sie erneut, diesmal mit einer sparsamen, huldvollen Handbewegung.
    »Gestatten Sie mir die Frage …«, sagte er und runzelte nachdenklich die Stirn.
    Mavie und Philipp sahen ihn fragend an und warteten.
    »Ich bin kein Kriminaler«, sagte Milett, »weiß Gott, an mir ist kein Sherlock Holmes verloren gegangen. Aber dieser Anschlag auf Sie und diesen Beck …?«
    Mavie fluchte innerlich. Er hatte doch genauer zugehört, als siegedacht hatte. Und sie befürchtete die Frage, die sie selbst nicht beantworten konnte: Wo ist Beck abgeblieben, nach der Explosion? Aber Milett überraschte sie, denn da sie bei ihrer Schilderung bewusst

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