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Prophezeiung

Prophezeiung

Titel: Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Böttcher
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Thilo, diese bescheuerte Sesselfurzerei. Du wolltest schon immer alles 5000-mal erörtern und absichern und lieber noch mal rechnen, und in der Zwischenzeit ist das Leben da draußen weitergegangen, und wenn du denn endlich mal fertig warst, war alles längst passiert – und deine ganze Rechnerei für den Arsch. Hey «, imitierte sie sein schmallippiges Lächeln, » ich habe endlich, nach acht Wochen Arbeit, den schlüssigen Beweis gefunden, dass morgens die Sonne aufgeht! – Hey, super«, schaltete sie wieder auf ihren eigenen Tonfall um, »das sehen wir jeden Morgen, Mann, wir sind nämlich morgens draußen. «
    Beck fand nun doch eine ganze Reihe von Worten, aber die behielt er vorsichtshalber für sich. Er wusste einfach nicht, welche er gefahrlos hätte verwenden können. Mit Vernunft konnte er Paulina jedenfalls nicht kommen, gegen Vernunft war sie schon immer immun gewesen. Sie würde nicht hören wollen, was er zu sagen hatte, ebenso wenig wie die anderen Irren in der Diele. Sie würden den Clip nicht wieder aus dem Netz nehmen, und Diego hatte zumindest in diesem einen Punkt recht: Es war ohnehin zu spät. Der Film würde Kreise ziehen. Weite Kreise. Mit Folgen, die Beck sich nicht ausmalen mochte.
    Hier jedenfalls hatte er keine Hilfe zu erwarten. Wollte er das Schlimmste verhindern, brauchte er Unterstützung von anderer Seite. So gesehen, hatte Diego in einem weiteren Punkt recht. Er, Beck, stand nicht auf der Seite der Gaias. Er stand auf gar keiner Seite, sondern auf einsamem Posten. Und er wusste nicht, was er tun sollte. Gerrittsen und Eisele, das war die andere Seite. Aber mit der wollte er, seit er Nyquists Ableben und den Tod der Journalistin in Zusammenhang gebracht hatte, ebenso wenig zu tun haben wie mit Diegos esoterischen Nerds.
    Thilo Beck stand, in jeder Hinsicht, im Regen. Und wenn er etwas hasste, dann waren es ausweglose Situationen.
    »Wo ist mein Handy?«, fragte er seine Schwester.
    »In deiner Tasche. In meinem Zimmer.«
    »Durchsucht, kopiert, gelöscht?«
    Sie schüttelte den Kopf, gespielt verwundert. »Wo denkst du hin? Wir gehen doch nicht an deine privaten Sachen.«
    Beck wandte sich ab und setzte sich in Bewegung, auf unsicheren Beinen auf das Nebengebäude zu.
    »Ladegerät«, rief Paulina ihm nach, »liegt im Nachttisch. Fühl dich wie zu Hause.«

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    28 Philipp hatte gute Arbeit geleistet. Als Mavie den Salon betrat, saßen die beiden Männer am Esstisch, Milett erzählte, gestikulierend und erkennbar gut gelaunt, und Philipp hörte aufmerksam zu, lächelnd, nickend, an seinem Kaffee nippend. Miletts Vortrag kreiste nicht um Klimafragen, sondern um eine öffentliche Hinrichtung. Mavie setzte sich an den Tisch, lächelte und nickte, und Milett erwiderte das Lächeln, ohne sich zu unterbrechen. Während sie sich einen Kaffee einschenkte und eines der frischen Croissants auf ihren Teller angelte, fuhr der Nobelpreisträger fort. Um die Wahrheit hinter den Dingen und vor allem hinter den Meldungen der Nachrichtenagenturen zu erkennen, müsse man seinen gesunden Menschenverstand einsetzen, für einen Augenblick alles, dessen man sicher zu sein glaubte, infrage stellen und sich selbst die allereinfachsten Fragen stellen.
    »Sie erinnern sich sicherlich ebenfalls an Litwinenko«, sagte er zu Mavie, und da diese etwas unsicher nickte, half er ihr auf die Sprünge. »2007. Ein Russe, Dissident, von der Mafia bestraft, radioaktiv vergiftet.«
    Mavie nickte. Sie erinnerte sich, der Fall war monatelang durch die Presse gegangen – und, wie Milett zu Recht bemerkt hatte, geklärt. Litwinenko war von der Mafia vergiftet worden, mit einer radioaktiven Substanz. Wellen hatte der Mord vor allem geschlagen, weil der Russe eine Poloniumspur von Moskau bis London hinterlassen hatte, wo er schließlich qualvoll gestorben war.
    »Vendetta«, sagte Milett. »Ein Ehrenmord, weil Litwinenko sich offenbar mit den falschen Russen angelegt hatte, und die Russenmafia ist ja, wie wir wissen, besonders rabiat.«
    Mavie nickte.
    »Warum Polonium?«, sagte Milett.
    Er sah Mavie auffordernd an, dann Philipp, und Philipp antwortete achselzuckend. »Warum nicht?«
    »Warum haben sie ihn nicht einfach in die Moskwa geworfen, mit Schuhen aus Zement?«
    »Weil sie wollten, dass andere sehen, was mit einem geschieht, der sich gegen sie wendet. Das kennen wir doch von der Mafia.«
    »Na schön.« Milett lächelte. »Lassen wir diese Schlussfolgerung zu. Er sollte also leiden. Und langsam krepieren. Deshalb

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