Prosecco um Mitternacht
dem Stockwerk über Ihnen. Sie ist nicht zufällig bei Ihnen, oder? Ich habe sie auf dem Handy angerufen, aber sie meldet sich nicht.”
Will sah zu Renae, die ihm den Rücken zugekehrt hatte. Sie hatte bereits ihren Slip und die Hose wieder angezogen und war dabei, sich das Sweatshirt über den Kopf zu ziehen, obwohl sie in den dicken Baumwollsachen schwitzen musste.
“Es ist für dich”, sagte er und hielt ihr den Hörer hin.
Renae drehte sich um, und ihre entsetzte Miene rührte etwas tief in ihm.
“Es ist Tabitha”, erklärte er.
Sofort schien sie sich zu entspannen. Sie nahm den Hörer und ging ins Esszimmer. Will nutzte die Zeit, um aufzuräumen und sich ebenfalls anzuziehen. Als Renae sich wieder umdrehte, lehnte er an der Arbeitsfläche und beobachtete sie.
“Die Luft ist rein”, berichtete sie und legte den Hörer auf.
Will nickte und hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen, ohne genau zu wissen, was. Er spürte jedoch, dass dies nicht der richtige Moment war, ihr zu gestehen, dass er nicht länger mit Janet zusammen sein wollte.
Denn was bedeutete das für seine Beziehung zu Renae?
“Tja, danke, dass ich hier warten durfte”, sagte sie und wandte sich ab.
Er folgte ihr durch das Wohnzimmer, wo sie ihr Handy und ihre Schlüssel vom Couchtisch nahm. Dann ging sie zur Tür, zögerte jedoch noch einen Augenblick, ehe sie sie hinter sich zumachte.
Will lehnte sich dagegen und fuhr sich über das Gesicht, während er schlau zu werden versuchte aus dem, was in der letzten Stunde geschehen war. Es war eindeutig mehr als nur Sex gewesen. Was hatte ihn dazu veranlasst, zu Renae zu gehen, als er sie auf der Treppe hatte sitzen sehen? Was hatte sie dazu gebracht, sich damit einverstanden zu erklären, in seiner Wohnung zu warten?
Was hatte ihn dazu getrieben, sie so zu küssen?
Er hatte ein ziemlich geradliniges Leben geführt. Er war in Southwark aufgewachsen, der Arbeitergegend von South London. Er hatte weder die beste Kleidung noch das beste Fahrrad oder die beste Bildung bekommen, aber er hatte das Beste aus seinen Möglichkeiten gemacht. Seine Eltern, deren Arbeitsmoral unerschütterlich war, hatten ihn unterstützt. Dann war er in die Staaten gekommen, um Medizin zu studieren. Er hatte geglaubt zu wissen, was er vom Leben wollte.
Jetzt lag alles in einem dichten undurchdringlichen Nebel, und seine Zukunft schien beängstigend unklar zu sein. Er hatte sich noch nie so gefühlt, daher konnte er es auch mit nichts vergleichen, geschweige denn die Situation einschätzen, um wenigstens eine Ahnung davon zu bekommen, wie es weitergehen würde.
Stattdessen hatte er das Gefühl, in ein riesiges Meer geworfen worden zu sein und ohne Kompass darauf umherzuirren, ohne rettendes Ufer in Sicht. Die Frage war, ob er sich von der Strömung treiben lassen sollte. Oder sollte er sich ein Paddel schnappen und versuchen, das Ufer zu erreichen?
15. KAPITEL
N ormalerweise bereitete der Montagmorgen Renae keine Schwierigkeiten. Doch dieser Montagmorgen würde vermutlich als ihr schlimmster in die Geschichte eingehen. Dabei war es erst elf Uhr. Nicht einmal die Erinnerung an letzte Nacht mit Will half. Im Gegenteil, wenn sie daran dachte, was seither passiert war, schmerzte es sogar.
Nicht genug damit, dass ihr Wecker nicht geklingelt hatte und sie daher zu spät aufgestanden war. Sie hatte außerdem auch ihren Korb mit der sauberen Wäsche nicht finden können, den sie gestern Abend in ihr Zimmer gestellt hatte, und deswegen hatte sie nach ihrem Bauchtanzkostüm suchen müssen. Doch als sie es anzog, gab eine Naht über ihren Brüsten nach, und die Pailletten sprangen ab wie Knöpfe, die von einem Hemd abgerissen wurden. Renae hegte kaum Zweifel daran, wer hinter diesen Pannen steckte, doch fehlte ihr die Zeit, Nina damit zu konfrontieren, da sie eilig die Wohnung verlassen musste, in einem Bikini-Oberteil und Bauchtanzrock. Als sie bei Women Only ankam, war der Kurs, den sie leiten sollte, fast schon zu Ende.
Zum Glück war Lucky als Erste da gewesen und hatte nicht nur aufgeschlossen, sondern auch den Kurs in Jeans und T-Shirt geleitet. Renae hatte ihr Handy überprüft und festgestellt, dass es ausgeschaltet war. Sie konnte sich nicht daran erinnern, das getan zu haben. Nachdem Tabitha gezwungen gewesen war, bei Will anzurufen, hatte sie extra darauf geachtet, dass es eingeschaltet war, bevor sie in ihre Wohnung zurückkehrte.
Und jetzt, zwei Stunden später, befand sie sich mitten in ihrem sechsten
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