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Proust 1913

Proust 1913

Titel: Proust 1913 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luzius Keller
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»Das Buch wird für den ersten Band
Du côté de chez Swann
heißen. Für den zweiten wahrscheinlich:
Le Côté de Guermantes.
Der allgemeine Titel der beiden Bände:
À la recherche du temps perdu.
« ( XII , 176 ) Zuvor hat er die neuen Titel in die für den Drucker bestimmte erste Druckfahne eingetragen, nicht ohne es anstelle von »Du côté de chez Swann« erst einmal mit »Charles Swann« versucht zu haben. So fällt also das Diptychon von »Le Temps perdu« und »Le Temps retrouvé« dahin, doch rettet Proust »temps perdu«, indem er den Ausdruck in den neuen Haupttitel verschiebt, während »Le Temps retrouvé« als Titel des dritten Bandes erhalten bleibt (Farbtafel  VIII ).
    Wir erinnern uns daran, dass auch der Titel »Les Plaisirs et les jours« erst auf den Druckfahnen erscheint, wo er »Château de Réveillon« ersetzt. Auch erinnern wir uns an eine Passage aus den Entwürfen zum Sainte-Beuve-Projekt ( 1908 / 09 ), in der sich Proust mit den Titeln Balzacs auseinandersetzt: »Während oft bei Schriftstellern der Titel mehr oder weniger ein Symbol ist, ein Bild, das man in einem allgemeineren, poetischeren Sinn auffassen muss, den die Lektüre des Buches ihm geben wird, ist es bei Balzac eher das Gegenteil. Die Lektüre des wunderbaren Buches, das
Illusions perdues
heißt, schränkt eher den schönen Titel ›Verlorene Illusionen‹ ein und materialisiert ihn. Er bedeutet, dass Lucien de Rubempré, als er nach Paris kommt, begreift, dass Madame de Bargeton lächerlich und provinziell ist, dass die Journalisten betrügerische Spitzbuben sind und dass das Leben schwierig ist. Ganz spezielle, ganz zufällige Illusionen, deren Verlust zur Verzweiflung treiben kann und die dem Buch den kräftigen Stempel von Wirklichkeit aufdrücken, jedoch der philosophischen Poesie des Titels etwas abträglich sind. Jeder Titel muss so wörtlich genommen werden:
Un grand homme de province à Paris, Splendeurs et misères des courtisanes, À combien l’amour revient aux vieillards,
usw. In
La Recherche de l’absolu
ist das Absolute eher eine Formel, etwas Alchimistisches, als etwas Philosophisches.« (
Gegen Sainte-Beuve,
154 ) Bei der Suche nach neuen Titeln für sein Werk erinnert sich Proust offensichtlich an seine Vorbehalte und formt diesen (»À la recherche du temps perdu«) mit Elementen aus zwei als allzu konkret charakterisierten Titeln Balzacs (»La Recherche de l’absolu« und »Illusions perdues«).
    Blenden wir voraus, gerät vorerst der Titel des ersten Bandes (»Du côté de chez Swann«) ins Blickfeld. Louis de Robert, dem Proust nach der Korrektur der Fahnen Mitte Juni einen ersten Korrekturabzug zukommen lässt, kann sich mit diesem in seinen Augen zu wenig poetischen Titel nicht anfreunden. Proust reagiert mit einer Frage: »Finden Sie, was den Titel betrifft,
Le Rouge et le Noir, La Connaissance de l’Est, Les Nourritures terrestres, L’Annonce faite à Marie
seien poetische Titel?« ( XII , 218 ) Die Antwort lautet: »Zur Frage der Titel:
L’Annonce faite à Marie
ist ein hübscher Titel und
Le Rouge et le Noir
lässt sich mit
Du côté de chez Swann
überhaupt nicht vergleichen. Einfach unfassbar! Derart unbedeutend! Schlagen Sie Ihr Buch irgendwo auf und wählen Sie den erstbesten Satz. Doch lassen Sie
Du côté de chez Swann
nicht stehen!« ( XII , 220 – 221 ) Anderen Briefempfängern gegenüber bedauert Proust, dass der Titel nicht gefalle und gibt an, es fehle ihm einfach an Kraft, etwas Besseres zu suchen: »Man bestürmt mich, ich solle den Titel
Du côté de chez Swann
abändern. […] Und mir fehlt der Wille, ihn abzuändern.« ( XII , 222 ) »Alle finden diesen Titel schrecklich. Doch ich bin zu müde, um abzuändern.« ( XII , 227 ) Gegenüber de Robert aber gibt er sich konziliant und freundlich: »Vielleicht wähle ich als Titel des ersten Bandes
Charles Swann,
wenn Sie das mehr mögen als
Du côté de chez Swann,
aber Sie haben doch sicher gesehen, dass es um Combray herum zwei Gegenden gibt, die Gegend von M. Swann oder von Méséglise und die Gegend von Guermantes. Weil der erste Band von Swann handelt, war das wie eine Art von Metapher.« ( XII , 224 ) Und in einem etwas späteren Brief wird Proust ausführlicher: »Wie glücklich wäre ich doch, wenn Sie einen Titel für mich sähen! Ich möchte aber einen ganz einfachen, ganz grauen Titel. Der Obertitel ist, wie Sie wissen
À la recherche du temps perdu.
Hätten Sie für den ersten Band in zwei Teilbänden (wenn Grasset

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