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P.S. Ich liebe Dich

P.S. Ich liebe Dich

Titel: P.S. Ich liebe Dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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blieb stark für ihn, denn es war ihre Aufgabe, für ihn da zu sein, wenn er sie brauchte. Rückblickend erschien es ihr fast, als hätte sie ihn mehr gebraucht als er sie. Sie brauchte das Gefühl, dass er sie brauchte – damit sie nicht tatenlos zusehen musste, was passierte, damit sie sich nicht vollkommen hilflos fühlte.
    Am 2.Februar um vier Uhr morgens hielt Holly Gerrys Hand fest in der ihren und lächelte ihn an, während er seinen letzten Atemzug tat und die Augen schloss. Sie wollte nicht, dass er Angst haben musste, und sie wollte auch nicht, dass er dachte, sie hätte Angst, denn in diesem Moment hatte sie keine.
    Erleichterung, Erleichterung darüber, dass die Schmerzen vorbei waren, Erleichterung, dass sie da gewesen und gesehen hatte, wie friedlich er gestorben war – das war in diesem Moment das vorherrschende Gefühl gewesen. Sie war so froh, ihn gekannt zu haben, ihn zu lieben, von ihm geliebt zu werden, sie war froh, dass ihr Gesicht das Letzte gewesen war, was er gesehen hatte, mit einem Lächeln und der Ermutigung, dass es in Ordnung war, wenn er ging.
    Die Tage danach hatte sie nur verschwommen in Erinnerung. Sie hatte sich mit den Beerdigungsvorbereitungen beschäftigt, hatte sich mit Gerrys Verwandten und mit seinen alten Schulfreunden getroffen, die sie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte. Weil das alles klare, eindeutige Anforderungen waren, fiel es ihr nicht schwer, stark und ruhig zu bleiben, und sie war dankbar, dass Gerrys Leiden nach all den Monaten nun endlich überstanden war. Damals hatte sie nicht einmal ansatzweise so etwas wie Wut oder Bitterkeit empfunden, nichts von all dem, was sie jetzt fühlte.
    Dass man ihr ganzes Leben weggenommen hatte, begriff sie erst, als sie den Totenschein für ihren Mann abholte. Aber da traf sie die Erkenntnis mit ungeahnter Heftigkeit.
    Als sie im Wartezimmer der Klinik darauf wartete, dass ihre Nummer aufgerufen wurde, begann sie darüber nachzudenken, warum Gerry sich so früh vom Leben hatte verabschieden müssen. Sie saß eingekeilt zwischen einem ganz jungen und einem älteren Paar; auf der einen Seite sozusagen ein Bild davon, wie Gerry und sie früher gewesen waren, und auf der anderen Seite ein Ausblick darauf, was aus ihnen hätte werden können. Und auf einmal erkannte sie, wie furchtbar unfair es war.
    Das Geschrei der Kinder wurde unerträglich laut, sie fühlte sich zwischen den Schultern ihrer Vergangenheit und ihrer verlorenen Zukunft erdrückt, sie bekam keine Luft mehr. Ihr dämmerte, dass sie sich in einer Situation befand, die sie einfach nicht verdient hatte.
    Keiner ihrer Freunde hatte so etwas verdient.
    Keiner ihrer Familie.
    Vielleicht überhaupt niemand.
    Denn es war nicht fair.
    Nachdem sie bei den Banken und Versicherungen den offiziellen Beweis für den Tod ihres Ehemannes vorgelegt hatte – als wäre der Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht Beweis genug gewesen –, kehrte Holly nach Hause in ihr Nest zurück und versteckte sich vor dem Rest der Welt, denn diese Welt enthielt Hunderte von Erinnerungen an ihr verlorenes Leben. Das Leben, das so glücklich gewesen war und über das sie sich kein einziges Mal beklagt hatte. Warum hatte man ihr jetzt ein anderes aufgedrückt, eines, das so viel schlimmer war?
    Das war vor zwei Monaten gewesen, und bis heute hatte sie das Haus nicht verlassen. Und wie bin ich empfangen worden, dachte sie, während sie lächelnd auf die kleinen Umschläge hinabsah. Gerry war wieder da, und alles sah schon ein bisschen heller aus.

    Holly platzte fast vor Aufregung, während sie mit zitternden Händen Sharons Nummer wählte. Nachdem sie sich ein paar Mal verwählt hatte, beruhigte sie sich schließlich ein wenig und konzentrierte sich auf die Nummer.
    »Sharon!«, kreischte sie, sobald der Hörer auf der anderen Seite abgenommen wurde. »Du kommst nie drauf, was passiert ist. O mein Gott, ich glaub’s einfach nicht!«
    »Äh, nein … hier ist John, aber ich hole Sharon.« Etwas besorgt rannte John davon.
    »Was? Was ist denn los?«, keuchte Sharon atemlos. »Was ist passiert? Alles in Ordnung bei dir?«
    »Ja, mir geht’s gut!« Holly kicherte hysterisch. Auf einmal wusste sie nicht mehr, ob sie lachen oder weinen sollte, und sie brachte keinen zusammenhängenden Satz mehr heraus.
    John beobachtete, wie Sharon sich an den Küchentisch setzte und mit reichlich verwirrtem Gesicht versuchte, aus Hollys Gestammel schlau zu werden. Irgendwie ging es darum, dass Ms. Kennedy Holly einen

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