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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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ihre erstgeborenen Söhne aufnahmen, eine beträchtliche Menge Geld, um sicherzustellen, dass sie dieses Jahr auch tatsächlich ohne jegliche Bevorzugung verbrachten. Denn diese Söhne würden eines Tages das lukrative und unsichtbare Netzwerk erben, das die einstigen Schiffsbauer der Li Tam durch das Geschäft mit Geld und Informationen geschaffen hatten. Und dieses Erbe erforderte einen breiten Schatz von Erfahrungen, der wiederum als Grundlage für einen großen Wissensschatz diente.
    Er hatte bei Petronus und dessen Familie gelebt, hatte bei ihnen am Tisch gegessen, den gleichen Anteil an Prügeln eingesteckt wie Petronus, täglich in den weiten Gewässern von Caldusbucht gefischt.
    Schon damals hatte sich Petronus’ Leidenschaft für die Androfranziner in sein Gedächtnis gebrannt. Petronus hatte ihm die Ausgrabungen gezeigt, die er im eigenen Wäldchen hinter dem Garten durchgeführt hatte – hatte ihm die Löcher gezeigt, die er auf der Suche nach Artefakten gegraben hatte, die es in der Neuen Welt nicht gab.
    »Vielleicht wirst du eines Tages«, hatte Vlad Li Tam zu Petronus gesagt, als sie am Ende des Tages ihre Netze geflickt hatten, »Papst sein.«
    Petronus hatte gelacht, und er hatte eingestimmt. Aber er war ganz und gar nicht überrascht gewesen, als er später, während seiner Ausbildung in Spionage, von einem jungen Erzbischof namens Petronus las. Zu der Zeit, da Petronus Papst wurde, hatte Vlad Li Tam schon die Geburt seiner dreiundzwanzigsten Tochter erlebt und war vollständig für das Haus Tam verantwortlich. Sie ließen ihre Freundschaft wieder aufleben, als hätte es die zwanzig Jahre dazwischen gar nicht gegeben.
    Sie trafen sich nicht besonders häufig, aber hin und wieder begegneten sie sich bei Staatsangelegenheiten. Dreimal hatten sie sich bei Versammlungen im päpstlichen Sommerpalast gesehen, bei denen es um die Konten der Androfranziner ging. Vlads lebendigste Erinnerung war der Sommer vor Petronus’ sogenannter Ermordung. Sie saßen im Amtszimmer im obersten Stockwerk, während die Nachmittagssonne sich durch die weit geöffneten Glastüren in den Raum ergoss. Bis spät nachts hatten sie über den Papieren gebrütet, und es blieb ihnen nur noch dieser eine Nachmittag, weil Verpflichtungen des Hauses Li Tam Vlad an andere Orte riefen.
    Nach einem besonders anstrengenden Gespräch, bei dem es darum ging, Gewinne zu verflüssigen, hielt Petronus plötzlich inne, und ein schmerzerfüllter Ausdruck trat auf sein Gesicht. »Fragst du dich jemals, wie dein Leben verlaufen wäre, wenn du nicht Fürst Tam aus dem Haus Li Tam wärst?«
    »Das kann ich nicht«, erinnerte sich Vlad geantwortet zu haben. »Ich wurde für all dies geschaffen. Ich kann mir nicht vorstellen, ein anderer zu sein als der, der ich bin.«
    Petronus hatte darüber nachgedacht und genickt. »Aber vermisst du manchmal das Fischen?«
    Vlad Li Tam lachte. »Jeden Tag.«
    Fünf Minuten später hatten die Verwalter und Diener des päpstlichen Sommerpalastes nicht gewusst, was sie tun sollten, als ihr Papst den Gang entlanglief und nach Köder und Schnur brüllte.
    Nun, nach all den Jahren, glaubte Vlad Li Tam immer noch an die Antwort, die er dem Freund seiner Kindertage gegeben hatte. Er hatte siebenunddreißig Söhne und dreiundfünfzig Töchter, die ihn alle auf ihre Weise ehrten. Und niemals hatte er sich gefragt, wie es anders hätte sein können.
    Ich glaube nicht an einen alternativen Verlauf der Dinge.
    Hierfür war er geschaffen worden. Irgendwie musste er seinen Freund dazu bringen, dasselbe in sich zu erkennen.
    Vlad Li Tam wandte sich an den Sergeant. »Der Vogelpfleger wird einen Schwarm für uns bestellen müssen. Ihr habt einen Tag, um die Vogelzelte aufzubauen.« Er blickte zu seinem Adjutanten hinüber. »Du hast ebenfalls einen Tag, um die Erklärung neu auszuarbeiten.« Er zog an seiner Pfeife, während ein Diener ihm ein langes Streichholz hinhielt. »Übermorgen reiten wir nach Windwir.«
    Vlad entließ sie mit einem Nicken, und sie standen auf und gingen.
    Ich komme, Petronus, dachte er.
    Ich komme, um dich an das zu erinnern, wofür du geschaffen bist.
    Nachdem sie ihn verlassen hatten, konnte nicht einmal der Rauch der Kallabeeren seine Laune heben.

Kapitel 18
    Rudolfo
    Rudolfo stand früh auf, wie er es gewohnt war, und spazierte allein durch den Wald. Er pfiff, lange und tief, um seine Wachposten zu warnen, dass er sich näherte. Sie erwiderten den Pfiff, um ihm zu signalisieren, dass sie ihn bemerkt

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