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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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seinen Fingern, die sich in ihrem langen, nach Honig duftenden Haar vergruben, oder ihren Zungen, die sich über den Körper des anderen bewegten. Es gab noch etwas, das tiefer reichte. Etwas, das sich an ihrer gegenseitigen Eroberung entzündet hatte. Es machte ihn zwar sehr stolz, dass er all ihre Barrieren niedergerissen und sie schließlich dazu gebracht hatte, es zu genießen, aber in Wahrheit hatte sie dasselbe mit ihm getan, und er konnte gar nicht mehr anders, als an sie zu denken, über sie zu sinnieren, sich zu wünschen, er möge bald wieder allein mit ihr sein.
    In der vorigen Nacht hatte er in Erwägung gezogen, zu ihr zu gehen. Ihre Blicke waren sich über dem Feuer begegnet, und sie hatten sich kurz angelächelt. Aber am Ende hatten sie zwar Seite an Seite, jedoch in getrennten Zelten übernachtet.
    Ihr Götter, was für eine Frau.
    Und ihr Vater hatte, soweit Rudolfo wusste, seine Strategie nicht geändert. Genauso wenig würde Rudolfo die seine ändern. Er würde sich mit diesem neuen Papst verbünden – wenn er sich als Mann der Vernunft und der gemäßigten Stärke erweisen sollte – und er würde diesen neuen Papst für seine Sicht der Dinge gewinnen. Sobald der Krieg beendet war, würde er die Bibliothek an einem Ort wiedererrichten, an dem er über sie wachen konnte, einem Ort weit abseits der Einmischung von Männern wie Sethbert.
    Rudolfo hörte hinter sich ein Pfeifen. Es war zu hoch und trillerte nicht am Ende.
    Mit angespannten Kiefermuskeln kauerte er sich neben ein dichtes Efeugebüsch und zog sein langes, krummes Messer. Er erwiderte das Pfeifen nicht, und nach ein paar Augenblicken hörte er leise Schritte.
    »König Rudolfo?« Es war Jin Li Tams Stimme.
    Er erhob sich und steckte sein Messer weg. »Ich bin hier, edle Dame Tam.«
    Sie bewegte sich mit der Mühelosigkeit eines Zigeunerspähers durchs Unterholz. »Ich habe den Pfiff noch nicht ganz heraus«, sagte sie.
    Rudolfo lächelte. »Du bist schon nahe dran. Du lernst schnell.«
    Sie machte einen Knicks. »Danke, edler Herr. Darf ich dich bei deinem Spaziergang begleiten?«
    Er war gerade zu dem Schluss gekommen, dass es an der Zeit war zurückzukehren. Zeit, die letzte Wache aus ihren paar kostbaren Stunden Schlaf zu wecken und das Lager für den langen Tagesritt abzubrechen, der vor ihnen lag. »Gerne«, sagte er.
    Sie trat neben ihn, und beide gaben Acht, einander nicht zu berühren. »Geht es dir gut?«
    »Bestens. Und dir?«
    »Auch«, sagte sie. »Besser, da wir uns jetzt auf dem Weg befinden.«
    Sie gingen zusammen, Seite an Seite, und ihre gleichmäßigen Schritte beeindruckten ihn. Sie bewegte sich wie ein Späher, selbstsicher und mit leichtem Tritt. Die Farne und Äste um sie herum zitterten nur sachte, wenn sie vorüberging; das Wasser, das sich auf ihnen angesammelt hatte, tropfte nicht herab.
    Der Himmel über ihnen wurde heller, und im Blätterdach des Waldes über ihnen schimmerten Flecken von Licht.
    Rudolfo genoss die Stille, während sie gemeinsam weitergingen. Schließlich kamen sie am Waldrand an und blickten nach Südwesten den Hang hinab auf die Ufer dieses unsagbar breiten Flusses. Dies war der Dritte Fluss, der größte der drei, aber auch der einsamste. So standen sie und beobachteten, wie die Sonne aufging.
    Nachdem sie gänzlich über den Horizont gestiegen war, wandten sie sich um und machten sich langsam auf den Weg zum Lager.
    »Was wirst du nun tun?«, fragte Jin Li Tam.
    »Ich reite nach Windwir«, sagte er. »Ich habe dort noch Männer.«
    »Was ist mit Isaak?«
    Rudolfo blieb stehen. Die Art, wie sie es aussprach – diese Mischung aus Sorge und der Erwartung einer gewogenen Antwort von ihm -, erinnerte ihn plötzlich daran, wie seine Mutter mit seinem Vater über ihn gesprochen hatte, als er ein Kind gewesen war. Natürlich hatten sie nicht gewusst, dass Rudolfo lauschte. Nachdem sein Vater dem fünfjährigen Erben die unzähligen Gänge und Tunnel gezeigt hatte, die innerhalb und unterhalb der Waldresidenzen verliefen, hatte Rudolfo seine freie Zeit damit verbracht, die Kunst der Spionage zu erlernen, und hatte herausgefunden, dass seine Eltern einfache Opfer abgaben.
    Mit sechs hatte er es aufgegeben. Da sie sich seiner lauschenden Ohren bewusst gewesen waren, hatten sie angefangen, Geschichten über vergrabene Artefakte und uralte Pergamente in den Gärten und Wäldern zu erfinden, die die Residenz umgaben. Natürlich war er mindestens ein Dutzend Mal mit leeren Händen zurückgekehrt, bis

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