Psalms of Isaak 01. Sündenfall
sie ansprach, und blieben unter sich. Sie hatten sich auch nicht gekleidet und keine Namen angenommen, sondern bevorzugten ihre numerischen Bezeichnungen. Doch seltsamerweise sahen sie Isaak als ihren Anführer an.
»Ich denke, dass Windwir ihn verändert hat, wie es uns alle verändert hat.«
Petronus seufzte. »Mehr, würde ich annehmen.«
Rudolfo stimmte ihm zu. »Ich habe gestern versucht, ihn dazu zu überreden, dass er einen der anderen Mechoservitoren sein Bein reparieren lassen soll. Er sagte, dass er das Hinken behalten will – als eine Erinnerung an das, was er getan hat.«
Petronus runzelte die Stirn. »Ihr habt ihn doch sicher daran erinnert, dass Sethbert es getan hat?«
»Ja.«
Petronus’ Augenbrauen zogen sich zusammen. »Wo hält sich Sethbert dieser Tage auf?«
»Er ist zurück in den Stadtstaaten und kümmert sich um Aufstände. Tams Blockade hat Zwietracht gesät. Lysias hält ihre Grenzen weiterhin, doch zwischen Pylos und der Streunenden Armee werden sie langsam, aber sicher zermürbt.« Er lachte leise, aber es war ein finsteres Lachen. »Turam ist beinahe erledigt; der Kronprinz hat sich zurückgezogen, um sein Vorgehen zu überdenken.« Rudolfo war mit der Sumpfkönigin in Verbindung geblieben, aber Winters hatte darauf bestanden, in der Nähe von Windwir zu bleiben, bis die Gräber gefüllt waren. Er hoffte, zumindest einige Zeit mit ihr verbringen zu können, um sie davon zu überzeugen, dass nun, da diese Arbeit beendet war, ihre militärische Stärke in den südlichen Landen gebraucht wurde.
Er war davon ausgegangen, dass die Kräfte der Sümpfler diesen Krieg beenden und zu erfolgreichen Verhandlungen führen würden. Doch dann hatte Winters ihn mit ihrer Weigerung, die Arbeiten in Windwir zu verlassen, überrascht. Anfangs hatte er gedacht, es hinge mit dem Ausheben der Gräber zusammen.
Doch bei seinen letzten Besuchen in Windwir hatte Neb angemerkt, dass er glaubte, ihm würden Sumpfspäher folgen. Darin erkannte Rudolfo einen Zusammenhang. Immerhin war Neb vermutlich der Traumjunge, der in der Kriegspredigt des Sumpfkönigs erwähnt worden war.
Und wenn es tatsächlich der Junge war, um den sie sich sorgte, dann hoffte Rudolfo, dass sie genug Vertrauen in ihn und seine Zigeunerspäher setzte, um Neb seiner Obhut zu überlassen.
Rudolfo fuhr hoch, als er plötzlich bemerkte, dass Petronus etwas gesagt hatte. Er blickte auf. »Bitte, entschuldigt.«
»Ich sagte: Vielleicht werden die Aufstände unsere Arbeit erledigen.«
Rudolfo nickte. »Das hoffe ich.«
Aber auf dem Ritt nach Süden bezweifelte Rudolfo, dass es so einfach werden würde.
Jin Li Tam
Jin Li Tam schlüpfte aus der Waldresidenz ins nachmittägliche Licht. Sie benutzte einen der vielen verborgenen Gänge und Schlupflöcher des großen Hauses, nachdem sie ihrer Eskorte erklärt hatte, sie würde ein Bad nehmen. Sie hatte sogar die große Marmorwanne mit heißem Wasser und parfümierten Ölen gefüllt. Anschließend hatte sie erst einen Gang, dann eine Leiter hinab in den Keller benutzt, dessen Tunnel sie zu der niedrigen Steinmauer hinter den nördlichen Gärten der Residenz führten.
Mit dem Blick immer auf der Hut vor Beobachtern, war sie aus dem versteckten Tor geschlüpft, das sie während ihrer winterlichen Erkundungen entdeckt hatte.
Sie trug unauffällige Kleider und robuste Stiefel, um sich vor Schlamm und Schneematsch zu schützen. Rasch ging sie weiter.
Als sie die Hütte der Flussfrau außerhalb der Stadt erreichte, wartete sie eine Weile in den Schatten, um sicherzugehen, dass die alte Alchemistin wirklich mit ihren Katzen allein war.
Letzte Nacht hatte sie den Rest des Pulvers aufgebraucht, und bisher hatte es nicht zu dem Ergebnis geführt, das sie sich erhoffte. Zweimal hatte sie seit dem Winter geglaubt, dass es vielleicht gewirkt hatte, aber beide Male war nichts daraus geworden. Heute würde sie entscheiden, ob sie es weiter versuchen sollte oder nicht.
Es war der längste Winter, den sie je erlebt hatte, eine weiße, kalte Zeitspanne, die man hauptsächlich drinnen verbrachte. Die einzigen hellen Flecken waren die paar Tage gewesen, die Rudolfo mit ihr hatte verbringen können, während er zwischen Windwir, der Front und den Bemühungen von Petronus und Isaak pendelte. Sie war nicht an eine Kälte gewohnt, die so bitter war, dass sie einen Fluss in seinem Bett gefrieren lassen konnte. Sie war nicht an ein Haus gewohnt, das zu einem Käfig wurde.
Sicher, Rudolfo würde sie nicht
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