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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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befunden hatte, musste sie irgendwie wieder daraus verschwunden sein. Und wenn das der Fall war, dann war es möglich, dass Orivs Selbstmord nicht ganz das gewesen war, was behauptet wurde. Nicht dass es zum jetzigen Zeitpunkt noch eine Rolle spielte.
    Es war ganz offensichtlich der Fall, dass Orivs tragisches Ende im besten Interesse aller lag. Besonders in Orivs bestem Interesse, wenn an der Nachricht, die er hinterlassen hatte, überhaupt etwas Wahres war – dass er mit seinem Vetter bei der Verheerung von Windwir zusammengearbeitet hatte. Sein rascher Abgang mithilfe eines wiederhergestellten Artefakts bewahrte Oriv davor, sich der androfranzinischen Justiz zu stellen.
    Petronus hätte ihn nie unter den Messern von Rudolfos Anatomen leiden lassen, wie es nun mit Sethbert auf seiner langen Reise nach Norden geschah. Aber er hätte trotzdem eine harte Bestrafung im Rahmen des Möglichen durchgesetzt, und Orivs Leben wäre verwirkt gewesen.
    Er sah die Waffe an, dann blickte er zu Isaak und Neb. »Ich will, dass sie zerstört wird«, sagte er. »Sie ist ein Geheimnis, das wir nicht mehr angemessen bewahren können.«
    Er sah, wie Nebs Augen sich weiteten. »Aber Eure Exzellenz«, sagte er, »es könnte die …«
    Petronus ließ ihn nicht ausreden. »Bruder Nebios«, sagte er in seinem strengsten Tonfall, »sie soll nicht erforscht werden. Sie soll zerstört werden.« Er beugte sich vor und spürte, wie ihm Zornesröte in die Wangen stieg. »Ich werde keine weitere Waffe mehr in die falschen Hände fallen lassen.«
    Sobald er die Worte ausgesprochen hatte, bereute er sie auch schon. Er sah den verwirrten Ausdruck auf Nebs Gesicht, dann erkannte er, wie die Erkenntnis in ihm aufkeimte, als der Junge blass wurde. »Keine weitere Waffe?«
    Petronus sagte nichts, selbst als Neb seine Frage wiederholte. Schließlich packte er die Waffe wieder ein. »Zerstört sie«, sagte er.
    Neb nickte. »Ja, Eure Exzellenz.«
    Petronus blickte zu Isaak. »Ich will, dass du noch einmal die Bestandslisten durchgehst. Ich will sehen, welche Magie und Mechanik zur Kriegsführung noch in den Gedächtnisregistern der Mechoservitoren fortbesteht. Wir werden in den kommenden Tagen schwere Entscheidungen darüber treffen müssen, welche Teile des Lichts wir behalten und welche wir aus angemessenen Gründen für immer erlöschen lassen.«
    Isaak nickte. »Ja, Vater.«
    Sie erhoben sich und gingen. Neb warf noch einen neugierigen Blick auf Petronus, aber er gab vor, es nicht zu bemerken. Er wusste, dass der Junge jetzt hellhörig geworden war. Womöglich verabscheute er ihn sogar.
    Und wenn nicht dafür, dachte Petronus, so würde er ihn bestimmt für das verabscheuen, was noch kam.
    Und Petronus würde es ihm nicht zum Vorwurf machen. Auch er verabscheute sich dafür.
    Jin Li Tam
    Jin Li Tam wartete bis zur Abenddämmerung, bevor sie sich dem kleinem Amtszimmer von Petronus näherte. Neb und Isaak waren an diesem Abend ausgegangen, und die Zimmerflucht, die die Arbeitsräume der Androfranziner beherbergte, war ruhig und dunkel bis auf das Licht, das unter der Tür des Papstes hervordrang. Die Zigeunerspäher, die Petronus bewachten, kündigten ihre Ankunft an und führten sie hinein.
    Der alte Mann blickte von einem Papierstapel auf und legte seine Schreibfeder nieder. »Edle Dame Tam«, sagte er und beugte leicht den Kopf.
    »Eure Exzellenz«, antwortete Jin und erwiderte sein Nicken. Ihr Blick fiel auf den eingesperrten Vogel auf seinem Tisch. Als sie noch ein Mädchen gewesen war, hatte sie Stunden in der feuchten Hitze der Küstengärten ihres Vaters damit verbracht, diesem Vogel zuzuhören und ihm einfache Sätze beizubringen. Jetzt sah er kleiner aus.
    Und angeschlagen. Seine metallenen, goldenen Federn waren von Brandflecken geschwärzt, und der Kopf des Vogels war verbogen, genauso seine gesamte rechte Seite. Kupferne Drahtstücke ragten aus einer verkohlten Augenhöhle hervor. Er konnte nicht einmal mehr anständig stehen, stattdessen kauerte er zuckend in einer Ecke des Käfigs, während sein eines funktionierendes Auge in rascher Folge blinzelte.
    Sie setzte sich auf einen der einfachen Holzstühle vor dem Schreibtisch, wobei ihr Blick sich nie von dem Vogel löste.
    Petronus musste ihrem Blick gefolgt sein. »Erkennt Ihr diesen Automaten wieder?«, fragte er schließlich.
    Sie gab ihr Starren auf und sah Petronus an. »Das tue ich, Eure Exzellenz. Er hat meinem Vater gehört – ein Geschenk der Androfranziner. Er ist heute zusammen

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