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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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weißen Talar getragen hatte. Selbst der Mann, der er in jenen Tagen gewesen war, würde den Mann, der er geworden war, nicht mehr erkennen.
    »Sehr gut«, sagte Petronus und lachte, »bringt mich zu Aufseher Sethbert.«
    Sie bewegten sich rasch durch den Wald. An den Stellen, wo das Sonnenlicht hindurchfiel, erhaschte Petronus Blicke auf die schattenhafte, dunkle Kleidung und die gezogenen Kampfmesser der Deltaspäher. Sie erinnerten ihn an die Graue Garde, und er dachte wieder an Grymlis und das Dorf der Sümpfler.
    Ein schwarzes Feld, so weit er sehen konnte, mit Knochen übersät.
    Petronus schüttelte die Erinnerungen ab. »Ich habe in der Nacht Kämpfe gehört«, sagte er.
    Er bekam weder eine schnelle Antwort noch Prahlerei zu hören. Diese Männer waren geschlagen worden, erkannte er. Er würde sie nicht noch einmal mit der Frage bedrängen.
    Schweigend bahnten sie sich ihren Weg zu Sethbert und dem Lager der Entrolusier.
    Das Lager summte vor Geschäftigkeit, eine kleine Zeltstadt, die mit einer bewaldeten Hügelflanke verschmolz, unsichtbar, bis man schon inmitten der Zelte stand. Er sah Diener, Kriegshuren, Köche und Ärzte, die alle emsig ihren Aufgaben nachgingen. Bei einer Hure blieben seine Begleiter sogar einen Augenblick lang stehen, lachten und deuteten auf den jungen Leutnant, den sie gerade ritt.
    Schließlich hielten sie vor der größten Fläche miteinander verbundener Zelte an, die Petronus je gesehen hatte. Sie übertraf sogar noch die seidene Suite des Papstes an Glanz, die von der Grauen Garde während des Jahrs des Fallenden Mondes durch die Benannten Lande geleitet wurde – jenes Abschnitts eines jeden Jahrhunderts, währenddessen der Papst durch die Benannten Lande wanderte, um die Siedler zu ehren, die sich die Neue Welt zur Heimat gemacht hatten.
    Sie führten Petronus an die Seite eines großen, offenen Baldachins, und flüsterten ihm zu, dass er absteigen solle.
    »Warte hier. Wenn Aufseher Sethbert fertig ist, wird er nach dir schicken.« Dann nahmen sie das Pferd mit und ließen ihn dort stehen. Er konnte gar nicht verhindern, die einseitige Unterhaltung mitzuhören.
    »Ich hoffe nur, du kannst bald sprechen«, sagte die Stimme. »Ich verliere meine Geduld, Junge. Du bist der einzige Zeuge, und ich muss deine Geschichte hören.«
    Petronus blickte sich nach der Stimme um und sah einen übergewichtigen Mann auf einem Klapp-Thron, der unter seinem Gewicht knarzte. Er schalt einen Jungen in einem Gewand, das sich nicht großartig von Petronus’ Kleidern unterschied. Bei dem Ton, den Sethbert anschlug, hätte man meinen sollen, der Junge würde den Kopf senken, aber stattdessen blickte er sich neugierig in Sethberts Zelt um.
    Er zählte die Wachen, erkannte Petronus, und zwar ohne sich auch nur annähernd schlau dabei anzustellen. Aber Sethbert bemerkte gar nicht, wie der Junge seinen gesamten Freilufthof auskundschaftete.
    Was hat er vor? Vielleicht war er ein Spion aus dem anderen Lager. Aber Jakob hätte bestimmt niemals einen Jungen auf solch unglückselige Weise eingesetzt. Sicher konnte Rudolfo sich nicht so sehr von seinem Vater unterscheiden? Dann sah er das wahre Gesicht des Jungen.
    Er hatte an der Schule der Franziner in den Humanen Studien einen Professor namens Gath gehabt. »Zeigt mir das wahre Gesicht eines Mannes«, hatte Gath stets im Klassenzimmer gesagt, während er seinen ausgestreckten Zeigefinger von Schüler zu Schüler wandern ließ, »und ich werde euch die Absichten seines Herzens verraten.« Petronus war drei Nachmittage in der Woche noch lange nach dem Unterricht geblieben und hatte diesem alten Professor jede Frage gestellt, die ihm nur einfallen wollte.
    Niemals hatte die Methode versagt, und er wusste genau, was das wahre Gesicht des Jungen sagte.
    Die Absicht seines Herzens war es, Sethbert zu töten, und so unvorsichtig, wie er Sethberts Umfeld gerade auskundschaftete, war sich Petronus ziemlich sicher, dass seine Absichten keine Rolle mehr spielen würden, sobald die Wachen bemerkten, was er tat.
    Petronus schrie und stürmte unter den Baldachin.
    Jin Li Tam
    Jin Li Tam ritt über den Ozean aus Präriegras und beobachtete den Metallmann neben sich. Den Großteil des Tages über war er still gewesen, seine Augen flatterten, während seine Lider ständig auf- und zuklappten. Er trommelte mit langen, schlanken Metallfingern auf den Sattel.
    Jedes Mal, wenn sie zu ihm aufblickte, erinnerte sie sich an den Klang seiner Stimme, als er ihr gesagt hatte, er

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