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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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»Jetzt, bitte.«
    Er reichte ihr die kleine Schriftrolle, und Jin entfaltete sie und hielt sie ins Licht.
    Die oberflächliche Botschaft war einfach und nichtssagend. Ich freue mich, dass es dir gut geht, hieß es . Aber unter der Oberfläche, dreimal verschlüsselt und verborgen, fand sich die längere Nachricht: Ich befürworte deine Entscheidung; du wirst dich am Wiederaufbau der Bibliothek beteiligen. Und die Zeitform, die er benutzte, und ein hauchfein verwischter I-Punkt verrieten ihr, dass Vlad Li Tam seine zweiundvierzigste Tochter zum Zwecke der Bundschaft als verlobt betrachtete.
    Sie blickte zu Isaak und dann zurück auf die Nachricht in ihren Händen. Sie kam nicht ganz unerwartet, doch der zeitliche Ablauf ging schneller vonstatten, als Jin Li Tam es geplant hatte. Das bestätigte natürlich ihren Verdacht, dass ihr Vater schon in Rudolfos Plan, die Bibliothek wieder aufzubauen, einbezogen gewesen war, ehe sie davon erfahren hatte. Sie blickte wieder den Metallmann an und fragte sich, was in den kommenden Monaten auf sie alle zukommen würde. Sie dachte an den Mann, dessen Verlobte sie nun war, und fragte sich, was vor ihr und auch vor Rudolfo lag.
    Als sie wieder etwas sagte, bezogen sich ihre Worte vielleicht auf eine der Überlegungen oder auch auf beide: »Wir sollten das strategische Vorgehen besprechen.«
    Neb
    Neb konnte nicht anders, als den alten Mann anzustarren, während sie ihren Wagen Richtung Süden nach Kendrick lenkten. Neb hatte ihn hingezerrt, auf den Wagen gedeutet, und der alte Mann hatte viel Aufhebens darum gemacht, die Pferde anzuschirren und sein eigenes Pferd hinten anzubinden.
    »Ich bin froh, dass du so gut auf unsere Sachen aufgepasst hast, Del«, sagte er mit einem Zwinkern.
    Neb sah zu, wie er das Wageninnere musterte, bemerkte, wie seine Augen beim Anblick der Werkzeuge aufleuchteten, bevor er neben ihn auf den Kutschbock kletterte.
    Nachdem die Wachen sie an den Rand ihres Lagers geleitet und ihnen den Weg nach Süden gewiesen hatten, dankte er ihnen vielmals. Sobald sie außer Sicht waren, beugte er sich zu Neb.
    »Wir haben es noch nicht hinter uns, Junge. Sie werden uns den Großteil des Weges von Spähern beschatten lassen.«
    Neb nickte.
    Sie fuhren schweigend und hielten kurz an, um altes Brot und harten Käse aus den Satteltaschen des alten Mannes zu essen. Neb lehnte sich an das Wagenrad und streckte sich. In den Wäldern, die entlang des Flusslaufs an die Straße grenzten, flitzten Vögel durch die Schatten und zwitscherten ihnen zu. Ein Eisvogel tauchte in den Fluss und kam mit einem Fisch im Schnabel wieder aus dem trägen, breiten Gewässer.
    Er konnte nicht sprechen, um den Alten zu fragen, ob er der war, für den er ihn hielt – aber er war auch gar nicht sicher, ob er überhaupt eine Frage stellen sollte, solange die entrolusischen Späher in der Nähe waren. Immerhin verabscheute Sethbert die Androfranziner so sehr, dass er sie wie eine Bändernatter unter seinem Stiefel zertreten hatte, da würde ihm ein Papst der Androfranziner wohl kaum lieber sein.
    Neb war noch immer nicht sicher, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, das Lager zu verlassen, aber der Alte hatte ihm nicht viel Raum für Einwände gelassen. Wahrscheinlich hatte er gesehen, wie Neb die Wachen des Aufsehers musterte.
    Und wenn der Alte es gesehen hatte, mochten es auch andere gesehen haben. Also war es möglich, dass Neb ihm sein Leben verdankte. Es war aber auch möglich, dass Neb nun seine erste und beste Gelegenheit verpasst hatte, den Verrückten zu stürzen, der seinen Vater getötet und der Welt das Licht der Androfranziner geraubt hatte.
    Nun ritten sie nach Kendrick mit einem Wagen voller Vorräte, die für die Gamet-Ausgrabung weit im Süden und Osten bestimmt waren, in den Mahlenden Ödlanden. Fragen rüttelten an ihm, stocherten nach ihm, als befände er sich in einem Käfig.
    Er blickte wieder zu dem Alten. Der überprüfte gerade das Wageninnere, durchwühlte einen von Bruder Hebdas Beuteln, als würde er ihm gehören. Neb sprang auf die Füße, als er eine Wallung von Zorn in sich verspürte, und nicht wusste, was er damit anfangen sollte.
    Der Alte sah seinen Gesichtsausdruck. »Ich suche nach den Vorstellungs- und Empfehlungsschreiben.«
    Heiße Scham durchzuckte ihn, und Neb öffnete den Mund zum Sprechen. Ein Fluss von zerhackten Wörtern strömte heraus, Bruchstücke von Sprüchen aus den Neunzehn Evangelien, dem Franzinerkodex und den anderen Teilen, aus denen

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