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Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Titel: Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kitz Manuel Tusch
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dann die statistischen Daten durch unsere Erinnerungsleistung und führen eine »Verfügbarkeitsheuristik« durch – wie oft ein bestimmtes Geschehnis auf der Welt vorkommt, beurteilen wir ganz einfach danach, wie verfügbar dieses Geschehnis in unserem Gedächtnis ist. Ganz einfach: Woran wir uns leicht erinnern, das halten wir für wahrscheinlicher als das, woran wir uns nur schwer erinnern. So neigen zum Beispiel in großen Glücksspielhallen mit vielen Automaten die Spieler dazu, deutlich mehr Geld zu investieren als in kleinen Hallen. Da es bei vielen Automaten beobachtbar häufiger zu Gewinnausschüttungen kommt als bei wenigen, halten die Spieler die Wahrscheinlichkeit, selbst zu gewinnen, unbewusst für höher.
    Und an Bilder von einem Flugzeugabsturz kann sich fast jeder auf Anhieb erinnern. Denn über Flugzeugabstürze wird im Fernsehen berichtet, das bewegte Bild brennt sich in unser Gedächtnis ein. Zudem bieten Flugzeugabstürze sehr emotionale Szenen, und Emotionen verstärken unsere Erinnerungsfähigkeit noch weiter (dazu mehr in dem Kapitel »Wo standen Sie, als die Welt plötzlich stillstand? – Sind Sie sicher ?«. Viel seltener sehen wir in der Regel konkrete Menschen an einem Herzinfarkt sterben. Obwohl ein solcher Fall alle paar Minuten vorkommt, wird darüber kaum berichtet und schon gar nicht mit bewegten Bildern. Selbst als kleine Pressenotiz kommt die häufigste Todesursache kaum vor – eben weil sie so häufig ist.
    In unserem Gedächtnis ist das Ereignis »Flugzeugabsturz« daher leichter verfügbar als das Ereignis »Herzinfarkt«. In einer Art »automatischem Denken« schließen wir daraus, der Tod durch Flugzeugabsturz sei wahrscheinlicher als der Tod durch Rauchen. Selbst wenn wir hören, dass wir an statistischen Unsinn glauben, halten wir oft an unserer Überzeugung weiter fest. Dieser Effekt lässt sich experimentell nachweisen und ist als »Perserveranz-Effekt« bekannt.
    Das gilt jedenfalls für den »normalen« Menschen, der nicht gerade Arzt oder Rettungssanitäter ist. Studien zeigen: Ärzte, die viele Raucherpatienten behandeln, rauchen selber weniger. Das Bild der Raucherkrankheit ist in ihrem Gedächtnis leichter verfügbar als das Bild eines Flugzeugabsturzes.
    Schauen wir noch auf ein Experiment, das uns ein wichtiges Detail zeigt: Man bittet Probanden, sich an Ereignisse zu erinnern, in denen sie selbstsicher aufgetreten sind. Die eine Gruppe soll sechs Ereignisse notieren, die andere zwölf. Danach werden die Probanden gefragt, wie selbstsicher sie sich selber einschätzen. Was glauben Sie: Wer hält sich für selbstsicherer – diejenigen, die sechs Ereignisse notiert haben oder diejenigen, denen zwölf Ereignisse eingefallen sind? Obwohl sie mehr Belege für die eigene Selbstsicherheit haben, halten sich die Probanden mit den zwölf Beispielen für weniger selbstsicher. Der Grund: Weil sie mehr Beispiele sammeln sollten, fiel ihnen am Ende die Erinnerung schwerer. Wer sich an weniger Beispiele erinnern sollte, fand die Erinnerung hingegen leichter – denn er hatte seine sechs Beispiele ja schneller beisammen. Das Experiment zeigt: Für unsere Entscheidung kommt es nicht darauf an, wie oft wir uns an etwas erinnern können, sondern wie leicht .
    Was bedeutet das alles nun für unseren Alltag?
    Grundsätzlich: Denken Sie an den Verfügbarkeitsfehler, wenn Ihr Erinnerungsbild Sie in Zukunft vielleicht an der Nase herumführen möchte. Manchmal ist es besser, (nochmals) in eine Statistik zu schauen – oder selbst Buch zu führen.
    Konkret können wir aus dem Verfügbarkeitsfehler folgende Einsichten ableiten:
    Erstens: Haben wir kürzlich einen Artikel über einen Mord gelesen, so halten wir die Wahrscheinlichkeit, selbst ermordet zu werden, für höher, als hätten wir den Artikel zuvor nicht gelesen. Gleiches gilt für Artikel über Krankheiten, Trennungen, Arbeitslosigkeit. Meiden Sie also bad news, befassen Sie sich vorrangig mit den schönen Dingen dieser Welt. Das stärkt Ihren Glauben an das Gute – und trägt dazu bei, dass Sie sich am Ende besser fühlen.
    Oder, zweitens, umgekehrt: Denken Sie an die Ärzte, die häufig mit Lungenkrebspatienten zu tun haben und daher weniger rauchen als Ärzte, die selten mit Lungenkrebspatienten zu tun haben. Wenn Sie also eine lästige Gewohnheit loswerden wollen, dann konfrontieren Sie sich intensiv und bildhaft mit den Folgen dieser Gewohnheit. Möchten Sie zum Beispiel abnehmen, dann hängen Sie ein Foto eines

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