Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
besonders gut beim Chef ankommen. Da können zehn Leute zuvor genau das Gleiche gesagt haben – wenn die Schönheit den Mund aufmacht, ist es auf einmal grandios und völlig neu. Neun von zehn Männern geben in Umfragen an, Aussehen sei karriereentscheidend. So unverblümt passiert das alles, dass die Schönheits- OP inzwischen schon für manche zur Investition in die Karriere gehört. In New York fing ein Schönheitschirurg mit dem »Job Fighter Package« an, in Deutschland wirbt eine Praxis: »Es ist wissenschaftlich belegt, dass schöne Menschen leichter Karriere machen als ihre in Sachen Schönheit benachteiligten Mitmenschen«.
Und Recht hat sie, ob man das bedauerlich findet oder nicht. Der Halo-Effekt wurde – sofern das überhaupt noch nötig war – oft in Experimenten nachgewiesen: Die US -Psychologen Thorndike und Allport fanden bereits während des ersten Weltkriegs heraus, dass Offiziere ihren untergebenen Soldaten so ziemlich alle Fähigkeiten zutrauten, wenn sie attraktiv waren und aufrecht gingen.
Heute ergeben Gehaltsstudien regelmäßig, dass attraktivere Männer 15 Prozent mehr verdienen als ihre von der Natur optisch benachteiligten Artgenossen. Ein wissenschaftlicher »Fettleibigkeitsindex« zeigt, wie Übergewicht das Gehalt negativ beeinflusst, Gleiches gilt für zu geringe Körpergröße. In einem interessanten Experiment sollen Testpersonen die Kompetenz eines fiktiven Bewerbers beurteilen. Dazu bekommen sie einen Lebenslauf vorgelegt – die eine Gruppe mit dem Foto eines attraktiven Menschen, die andere den identischen Lebenslauf, nur mit einem weniger attraktiven Foto. Der Bewerber mit dem schöneren Foto schneidet durchweg besser ab.
Schon direkt nach der Geburt profitieren manche Menschen vom Halo-Effekt: Hübschere Babys bekommen im Krankenhaus mehr Aufmerksamkeit, werden besser versorgt und entwickeln sich daher schneller.
Was bedeutet der Halo-Effekt für unseren Alltag? Wollen wir selber möglichst gerecht handeln, so sollten wir uns den Effekt immer wieder ins Bewusstsein rufen. Wir sind ihm nicht ausgeliefert, sondern können gegensteuern, indem wir möglichst konkrete objektive Kriterien vergleichen, wenn wir Menschen beurteilen. Aber manchmal wollen wir vielleicht auch die schöneren Menschen bevorzugen – weil sie unsere Umwelt optisch bereichern. Das ist ja nicht verwerflich, aber wir sollten uns dessen bewusst sein.
Wollen wir umgekehrt vom Halo-Effekt profitieren, so müssen wir nicht unbedingt unters Messer, wenn die Natur uns nicht wie ein Top-Model ausgestattet hat. Erinnern Sie sich daran, dass der Halo-Effekt mit allen möglichen Eigenschaften funktioniert – solange es sich nur um Eigenschaften handelt, die der beurteilenden Person wichtig sind. Steht Ihr Chef also unheimlich darauf, wenn jemand ein gutes Gedächtnis hat, so beeindrucken Sie ihn gezielt mit ein paar Merkleistungen. Er wird Ihnen dann auch viele weitere Fähigkeiten zutrauen. Wissen Sie, dass Ihr Gegenüber bei einem Bewerbungsgespräch Sportlichkeit schätzt, dann erzählen Sie, wie Sie schon in der Jugendmannschaft Preise gewonnen haben. Manche mögen das Schleimerei nennen – wir nennen es wissenschaftlich fundierte Schleimerei.
Averett, S. & Korenman, S. (1996): The Economic Reality of the Beauty Myth. Journal of Human Resources, 31, 304–330
Badr, L. K. & Abdallah, B. (2001): Physical attractiveness of premature infants affects outcome at discharge from the NICU. Infant Behavior and Development , 24, 129–133
Hamermesh, D. S. & Biddle, J. E. (1994): Beauty and the Labor Market. American Economic Review , 84, 1174–1194
Thorndike, E. L. (1920): A constant error on psychological rating. Journal of Applied Psychology, 4, 25–29
Wanne oder Waffenschrank? Wie wir auf Stress reagieren
Neueste Erkenntnisse aus der Stressforschung helfen Ihnen in kritischen Lebenssituationen
15.30 Uhr, im Büro Ihres Chefs. Mit starken Anzeichen von Bluthochdruck rennt er vor Ihnen auf seinem neuen Hochflorteppich auf und ab.
»Was Sie sich letzte Woche geleistet haben, das darf man wirklich keinem erzählen. Komplett falsche Zahlen, die Sie da aus dem Projekt vorgelegt haben … Und morgens haben Sie es offenbar gar nicht mehr nötig, vor zehn hier zu erscheinen. Man muss ja froh sein, wenn Sie es überhaupt einrichten können. Ich glaube, Ihnen fehlt mal ein bisschen Feuer unterm Hintern! Hier, da hab ich noch was für Sie …«
… auf dem Tisch vor Ihnen landet mit einem Knall ein Stapel
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