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Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie

Titel: Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Kitz Manuel Tusch
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sinnvolle Lösungsansätze zu entwickeln. Oder haben Sie schon einmal erfolgreich versucht, tränenblind eine Leiter aufzutun? Der Hilfesuchende erleidet regelrecht einen zusätzlichen Schaden, denn er wird ja um seine Unterstützung gebracht.
    Vom Mit leiden unterscheiden wir das Mit fühlen . Mitfühlen bedeutet, den Schmerz des Leidenden wahrzunehmen, ihn zu spüren, eine Vorstellung, eine Empfindung davon zu haben, wie es dem anderen gehen mag. Um dann zwischen sich selbst und dem ursprünglich Leidenden zu differenzieren – und motiviert und stark genug zu sein, um Hilfe zu leisten.
    Vielen Menschen ist dieser Unterschied zwischen Mitfühlen und Mitleiden nicht geläufig. Sie scheuen dann die Begegnung mit Leid, mit Elend – weil sie von der Sorge gepackt sind, in das Leid des anderen hineingehen, regelrecht in die Grube hineinspringen zu müssen. Für sie ist es dann leichter, die Szenerie zu verlassen, damit keine unguten Gefühle hochkommen. Und ein maximal schlechtes Gewissen trägt sich in vielen Fällen immer noch leichter als die Verzweiflung eines anderen. Wir wollen hier nicht verurteilen, sondern »nur« aufklären. Sowohl die Mitleidens- als auch die Fluchttendenz sind ganz normal und gehören zum Menschsein dazu. Aus Unwissenheit. Weil wir eine egozentrische Sicht auf das Weltgeschehen pflegen und deshalb davon ausgehen, andere müssten genauso fühlen wie wir selbst. Und im Umkehrschluss (unbewusst) daraus ableiten, wir müssten die Gefühle der anderen übernehmen.
    In Wirklichkeit kann jeder seine eigenen Gefühle behalten. Und Anteilnahme geben und empfangen. Wenn wir wirklich und von Herzen mitfühlen, tun wir doppelt Gutes: Erstens ersparen wir uns die Grube. Und zweitens können wir dem anderen wirklich helfen, die Grube zu verlassen. Win-Win.
    Finke, J. (2004): Empathie und Interaktion. Stuttgart: Thieme

Warum Ratschläge auch Schläge sind

    So kommen Sie von kontraproduktiven Formaten weg und können sich selbst und anderen wirklich helfen
    Nehmen wir an: Sie haben ein Problem, zum Beispiel einen Konflikt in Ihrer Partnerschaft oder im Kollegenkreis. Es geht Ihnen nicht gut damit, Sie sind ratlos und verzweifelt.
    Abends treffen Sie einen sehr guten Freund, dem Sie absolut vertrauen, und klagen ihm Ihr Leid. Dieser sehr gute Freund hat eine besondere Gabe für 1001 Lösungsansätze. Sofort sprudelt es aus ihm heraus: »Hast du schon XY probiert?«, »Als ich damals in einer ähnlichen Situation war, hat mir ABC geholfen«, »An deiner Stelle würde ich …«.
    Jede dieser Ideen für sich betrachtet ist Gold wert – komischerweise geht es Ihnen nach dem Gespräch jedoch noch schlechter als zuvor.
    Erklärung gefällig?
    Meistens kommen Ratschläge hoch motiviert daher und haben nur die edelsten Absichten. Leider gibt es diesen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen Absicht und Wirkung: Etwas kann gut gemeint sein – und gleichzeitig großen Schaden anrichten; denken Sie nur an die »Trösten-Tendenz«.
    Diese banal anmutende und zugleich an Bedeutsamkeit nicht zu überschätzende Erkenntnis wird im Alltag eher selten beachtet. Zum Beispiel, wenn wir unserer besten Freundin Tipps bei Beziehungsproblemen oder Jobstress geben. Diese Tipps mögen uns in unserer Situation spitzenmäßig geholfen haben. Sie nützen unserer besten Freundin aber gar nichts. Weil unsere beste Freundin einfach ein anderer Mensch und anders gestrickt ist als wir.
    In der Psychologie nennen wir das einen klassischen Fall von »Projektion«: Wir projizieren munter unsere Gedanken, Lebensweisen und Lösungen auf unsere Mitmenschen. »Projektion ist das Verfolgen eigener Wünsche in anderen«, hat es Sigmund Freud treffend auf den Punkt gebracht.
    Das ist menschlich! Wir wissen einfach meistens nicht, wie wir alternativ reagieren können, und wollen unbedingt etwas Gutes tun. Hilft aber leider trotzdem nicht. Im Gegenteil: Indem wir anderen Ratschläge erteilen, schaden wir ihnen sogar noch zusätzlich, verletzen sie. Denn jeder konstruiert als Experte für sein eigenes Leben seine Sichtweise von Realität. Ratschläge wiederum stammen aus der konstruierten Realität eines anderen, des Gegenübers. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich beide Realitätskonstruktionen zu 100 Prozent decken, geht gegen null. Ein Ratschlag sagt daher immer indirekt aus: »Deine Konstruktion von Realität stimmt nicht«, »Meine Wahrnehmung ist besser als deine«, »Ändere deine Weltsicht«.
    Wenn wir diese indirekten Botschaften

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