Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
mitbekommen, dann haben wir zu unserem ursprünglichen Problem gleich noch ein weiteres. Wir denken bewusst oder auch unbewusst: »Ach, der versteht mich sowieso nicht.« Und fühlen uns allein und einsam, weil der andere unsere Weltsicht nicht teilt.
Die typische Ratgeberfalle ist, dass wir aus unserer – egozentrischen (siehe auch »Sie haben die Wahl: Bleiben Sie ewig jung – oder retten Sie Ihre Ehe«) – Perspektive glauben zu wissen , was gut für den anderen ist. Falsch! Rat-Schläge sind immer Schläge. Deshalb sind viele Ratgeber auch einfach nur für die Tonne. Denn wer lässt sich schon gerne schlagen …
Wollen Sie wirklich jemandem helfen, so können Sie Folgendes tun: Hören Sie zu! Versuchen Sie, Ihr Gegenüber, sein Anliegen, seine Konstruktion von Wirklichkeit zu verstehen. Das ist nicht immer ganz einfach, denn unbewusst verwechseln wir gerne Verstehen und Akzeptieren. Und leiten dann daraus ab, wir selbst müssten unsere Weltsicht zugunsten der des anderen aufgeben – und schon haben wir plötzlich das Problem in die andere Richtung. Dass das so nicht stimmt, wissen wir von der schon mehrmals zitierten Schere im Kopf. Signalisieren Sie Ihrem Gegenüber: »Ich bin bei dir, ich lasse mich auf deine Sichtweise ein, ich begreife, was du meinst.« Wenn Sie auf diese Weise Ihrem Gesprächspartner Unterstützung gegeben haben, dann können Sie immer noch erfragen, ob er Lösungsansätze hören möchte. Und zwar immer erst im zweiten Schritt. So lassen Sie dem anderen seinen Expertenstatus für sein subjektives Leben, seine Inhalte – und seine Konstruktion von Glücklichsein.
Wenn wir Ihnen also abschließend einen Ratschlag erteilen dürfen: Erteilen Sie niemals Ratschläge.
Deimann, P. & Kastner-Koller, U. (1992): Was machen Klienten mit Ratschlägen? Eine Studie zur Compliance in der Erziehungsberatung. Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, 41, 46–52
Linden, M. (2005): Prinzipien der Psychotherapie. Medizinische Therapie, 15, 1317–1322
Rogers, C. R. (2008): Entwicklung der Persönlichkeit: Psychotherapie aus der Sicht eines Therapeuten. Stuttgart: Klett-Cotta
Erfolgreicher leben – dank Denkfehlern
Mit dem »Ankereffekt« schlagen Sie immer das Beste für sich heraus
Sie wollen mehr rausschlagen bei Gehaltsverhandlungen?
Sie haben sich durch die Lektüre des fünften Kapitels zum »sozialen Vergleich« noch nicht davon abschrecken lassen?
Dann lesen Sie jetzt unbedingt weiter!
Wollen oder sollen wir eine komplexe Situation oder den Wert einer Sache einschätzen, dann sucht unser Gehirn nach Vergleichswerten.
Klingt erst mal vernünftig.
Jetzt aber kommt’s. Findet unser guter grauer Schwamm da oben keine entsprechenden Informationen oder Zahlen, dann nimmt er eine gedankliche Abkürzung: betrachtet unbewusst nur einen Teil der Situation oder – schlimmer noch – richtet sich nach völlig beliebigen Werten. In unklaren Situationen orientieren wir uns an absolut willkürlichen sogenannten »Ankern«.
Und darum nennen wir das in der Fachsprache auch den »Ankereffekt«. Diesen Ankereffekt haben unter anderem die beiden Psychologen Kahneman und Tversky 1974 wissenschaftlich in ihrem inzwischen berühmten Experiment nachgewiesen: Versuchspersonen werden gefragt, wie hoch die Anzahl der afrikanischen Nationen in der UNO ist. Währenddessen beobachten sie den Versuchsleiter, der ein Glücksrad mit Zahlen zwischen 0 und 100 dreht. Das Ergebnis ist erstaunlich bis erschütternd: Auf hohe Zahlen folgen hohe, auf niedrige Zahlen niedrige Schätzungen. Obwohl für die Probanden völlig klar ist, dass die Zahl auf dem Glücksrad ein reines Zufallsprodukt ist, nutzen sie sie als Grundlage für ihre Antwort.
Ein anderes Experiment weist nach, dass die Gäste eines Restaurants namens »Studio 97« dort durchschnittlich mehr Geld ausgeben als Gäste eines Restaurants mit dem Namen »Studio 17«.
Auch Restaurants ohne Zahlen im Namen nutzen den Ankereffekt. Das kennen Sie sicher aus eigener Erfahrung: Sie schlagen eine Karte auf, lesen die ersten paar Vorspeisen – und fallen fast in Ohnmacht. Auf der rechten Seite sehen Sie nur zweistellige Beträge, und zwar nicht gerade die allerniedrigsten. Und das für eine bloße Vorspeise! Doch wenn Sie bei den Hauptgerichten ankommen, wirkt der »Anker« bereits: Selbstverständlich sind die Preise dort noch unverschämter, aber das fällt Ihnen schon nicht mehr so auf, weil Sie sich an das Preisniveau bereits gewöhnt haben. Damit
Weitere Kostenlose Bücher