Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
rar und schwer zu bekommen. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass Sie sich selten zeigen sollten – wie Sie dem »Effekt der bloßen Darstellung« (davon im nächsten Kapitel mehr) entnehmen können. Sie sollen einfach schwer zu erobern sein! Lassen Sie die anderen strampeln, sich engagieren. Sie sind das knappe, kostbare Gut! (Bleiben Sie natürlich trotzdem freundlich.) Sie werden ruckzuck einen engagierten, dankbaren und stolzen Abnehmer finden.
Mayer, H. O. (2005): Einführung in die Wahrnehmungs-, Lern- und Werbepsychologie (Kap. 5). München: Oldenbourg
Liebe auf den 1000. Blick: von Hollywood fürsLeben lernen
Mit dem »Effekt der bloßen Darstellung« können Sie den Partner fürs Leben an sich binden – und sich bei Ihrem Chef einschleimen
Eine romantische Hollywood-Komödie, erste Szene: Held und Heldin treffen ganz zufällig kurz aufeinander. Vielleicht hat er nur beim Bäcker seinen Regenschirm vergessen und sie ruft ihm hinterher. Beide finden sich gegenseitig weder besonders schlimm noch besonders toll. Von Liebe auf den ersten Blick kann keine Rede sein; beide vergessen die Begegnung sofort wieder.
Und doch wissen Sie als Zuschauer: Diese beiden werden heiraten!
Dann sehen sich beide am nächsten Tag zufällig beim Lunch aus der Ferne. Das kommt nun öfter vor, denn er hat gerade einen Job in derselben Straße angetreten, in der sie auch arbeitet. Abends begegnen sie sich öfter zufällig im Park, denn beide führen nach der Arbeit noch ihren Hund aus.
Schon sind sie verliebt. Und verheiratet. Obwohl sie sich eben noch völlig egal waren.
Fantastisches Hollywood? Schauen wir uns die Realität an.
Können sich zwei Menschen, die sich anfangs gar nicht füreinander interessierten, plötzlich so sehr mögen – nur weil sie sich noch ein paar Mal zufällig aus der Ferne gesehen haben? Alles Hollywood?
Nein, der Effekt ist wissenschaftlich nachgewiesen. Wir nennen ihn den »Effekt der bloßen Darstellung«. Er besagt: Wir mögen Menschen (oder auch Dinge) lieber, je öfter sie uns einfach nur »dargeboten« werden, wir sie also wahrnehmen. Ganz automatisch! Je öfter wir einen Menschen – bewusst oder zufällig – sehen, desto eher finden wir ihn sympathisch und attraktiv. Einzige Bedingung: Wir empfanden nicht gleich die erste Begegnung als negativ – in diesem Fall wird uns der Betreffende mit jedem weiteren Mal noch unsympathischer. War die erste Begegnung aber mindestens neutral, steigert jede weitere die Attraktivität, die wir für die Person empfinden.
Bewiesen ist das zum Beispiel durch das Seminarraum-Experiment: Man schleust in eine Vorlesung Lockvögel ein, die sich einfach nur unter die Zuhörer mischen. Sie reden mit niemandem, beteiligen sich nicht am Unterricht, sondern sitzen einfach nur da und gehen wieder. Unterschiedliche Lockvögel nehmen unterschiedlich oft an der Vorlesung teil – zwischen 0 und 15 Mal. Hinterher zeigt man den »echten« Studierenden Fotos der Lockvögel und fragt sie, wie sympathisch und attraktiv sie die abgebildete Person jeweils finden. Das Ergebnis: Je öfter ein Lockvogel einfach nur anwesend war, desto sympathischer und attraktiver erscheint er den anderen. Obwohl er nie mit jemandem auch nur ein Wort gewechselt hat!
Auf dem »Effekt der bloßen Darstellung« beruht auch der »Nähe-Effekt«: Menschen in unserer Nähe werden am wahrscheinlichsten unsere Freunde. Nun ist es nicht erstaunlich, dass ich mich mit jemandem aus meiner Stadt eher anfreunde als mit jemandem von einem anderen Kontinent. Aber der Nähe-Effekt wirkt selbst auf Ihrer eigenen Etage, in Ihrem eigenen Hausflur: Untersuchungen in Studentenwohnheimen zeigen, dass die meisten Bewohner am engsten mit ihren unmittelbaren Nachbarn befreundet sind. Schon zu den Bewohnern am anderen Ende des Flurs haben sie hingegen kaum eine Beziehung – und das, obwohl das andere Ende des Flurs auch nur wenige Meter entfernt ist, obwohl dort auch interessante, sympathische Menschen leben und es auch ziemlich einfach wäre, über die paar Meter Distanz eine Freundschaft aufzubauen. So banal sich der Nähe-Effekt also auf den ersten Blick anhört – wie stark er wirkt, ist dann doch verblüffend.
Wieso funktionieren wir so? Den Grund dafür haben wir schon im Kapitel »Wie zum Stöhnen die Lust kommt – oder der Schmerz« kennengelernt. Wir entwickeln im Kopf Schemata, die uns helfen, mit wiederkehrenden Situationen umzugehen. Je häufiger ein bestimmtes Schema aktiv ist, desto stärker
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