Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
viele Dinge haben wir seit Jahren nicht mehr benutzt und werden sie nie mehr benutzen; sie sind objektiv gesehen praktisch wertlos – aber wir werfen sie trotzdem nicht weg, weil wir glauben, es handle sich um gar kostbare Schätze.
Der Besitztumseffekt ist inzwischen auch neurologisch nachgewiesen: Man untersucht das Gehirn von Menschen, die sich gerade von etwas trennen. Es ist dort aktiv, wo auch Schmerzen verarbeitet werden – in der sogenannten Inselrinde, einem Teil der Großhirnrinde. Diese Aktivität ist selbst dann nachweisbar, wenn die Menschen den Gegenstand verkaufen, also einen Gegenwert bekommen und ihnen unter dem Strich eigentlich gar nichts genommen wird. Sich von etwas zu trennen verursacht also immer Schmerzen, völlig unabhängig von einer objektiven wirtschaftlichen Betrachtung.
Selbst in der Partnerschaft kann sich der Besitztumseffekt auswirken …
Kahneman, D., Knetsch, J. L. & Thaler, R. H. (1990): Experimental Test of the endowment effect and the Coase Theorem. Journal of Political Economy, 98, 1325–1348
Kuhnen, C. M. & Knutson, B. (2005): The Neural Basis of Financial Risk Taking. Neuron, 47, 763–770
Wie Herr »Schießmichtot« seinen Namen zurückbekommt
Mit kreativen Problemlösungstechniken können Sie revolutionäre Erfindungen machen
Morgens früh, wir sind gerade auf dem Weg zur Arbeit, da kommt uns ein bekanntes Gesicht entgegen, wir grüßen noch freundlich: »Hallo Herr … äh – Moment, war das nicht der Mann von … Verdammt, wie hieß er noch gleich? Meier, Mahler, Müller, irgendwas mit M …« Doch der Name will und will uns partout nicht einfallen, je mehr wir darüber nachdenken.
Später am Nachmittag fällt uns beiläufig der Name wie Schuppen von den Augen: »Hamal, genau – so hieß der Mann unserer Kollegin aus der Marketingabteilung.«
Und so geht es uns nicht nur mit Personennamen. Sogenannte »mentale Fixierungen« hindern uns daran, alles Mögliche zu erinnern oder Informationen neu und sinnvoll zu kombinieren: Begriffe, Begebenheiten, Situationen, Daten …
Lesen Sie dazu ein Experiment aus der kreativen Problemlöseforschung, das sogar den Sprung aus der Psychologievorlesung in die Knobelbücher geschafft hat: Es gibt zwei Gruppen von Versuchspersonen, beide Gruppen bekommen jeweils
• eine kleine Kerze
• eine Streichholzschachtel mit Streichhölzern
• eine Reißzwecke und
• den Auftrag, die Kerze an der Wand auf Augenhöhe zu montieren.
Der Unterschied zwischen den Versuchspersonengruppen: Die erste Gruppe soll vorher mit Streichhölzern Kerzen anzünden, die zweite Gruppe nicht.
Wer findet die Lösung schneller?
Die zweite Gruppe gewinnt: Sie befestigt die Streichholzschachtel mit der Reißzwecke an der Wand und benutzt sie als Podest, auf dem sie die Kerze festwachst. Die erste Gruppe hingegen puzzelt vergeblich an verschiedenen Varianten herum, die Kerze mit der Reißzwecke an die Wand zu drücken.
Wie sind diese Ergebnisse zu erklären?
Das Streichholzanzünden hat bei der ersten Gruppe eine mentale Blockade verursacht – eine »funktionale Fixiertheit«, wie wir in der Psychologie sagen: Schachtel gleich Behälter. Die »unbelastete« zweite Gruppe hingegen ist in der Lage, die Funktion der Schachtel von »Behälter« zu »Ständer« umzudeuten. Das ist das Geheimnis der Kreativität: die Fähigkeit, einer Sache eine Funktion zuzuweisen, für die sie eigentlich nicht gedacht war.
Zurück zu unserem Herrn Hamal: Unser Gedächtnis ist durch das »zwanghafte« Nachsinnen völlig fixiert auf »M am Anfang des Namens« (Meier, Mahler, Müller). Dadurch sind andere Möglichkeiten, zum Beispiel »M an dritter Stelle« geringer verfügbar. Diese Fixationseffekte wirken unbewusst auf unseren bewussten Teil des Problemlösevorgangs. Wissenschaftliche Experimente zeigen, dass sich solche Fixierungen manchmal sogar erst nach einer Woche auflösen.
Wenn wir blockiert sind, tun wir also gut daran, kreative Pausen einzulegen, uns komplett aus der Materie zurückzuziehen. Dadurch entsteht eine Art produktiven Vergessens. Das Angenehme dabei: Es handelt sich um eine völlig passive Form der Überwindung von Fixierungen. Wir müssen uns nicht mal anstrengen dabei, wir brauchen nur ein wenig Geduld.
Die bedeutendsten Persönlichkeiten aus Kultur und Forschung – Bertold Brecht, Charlie Chaplin, Albert Einstein und viele andere mehr – haben ihre Meisterleistungen nach einer kreativen Vergessensphase zu Tage gefördert.
So hat das
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