Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
lecker finde ich Schokolade jetzt auch wieder nicht« oder: »Bitte belästige mich jetzt nicht noch zusätzlich mit Schokolade.« Ihre Frau Mama wird sich dadurch gewaltig in ihrer Freiheit und ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt sehen und Ihnen vor lauter Reaktanz plötzlich unbedingt noch ganz viel Schokolade angedeihen lassen wollen …
Brehm, J. W. (1966): Theory of psychological reactance. New York: Academic Press
Mischel, W. & Masters, J. C. (1966): Effects of probability of reward attainment on responses to frustration. Journal of Personality and Social Psychology, 3, 390–396
Warum Ihr Altpapier mehr wert sein kann als das Auto Ihres Nachbarn
Der »Besitztumseffekt« hilft Ihnen, gute Geschäfte zu machen
Wochenende: Sie schlendern entspannt über einen Flohmarkt. An einem Stand mit Plunder bleiben Sie spontan stehen und nehmen einen drei Jahre alten Comic in die Hand. Sie blättern, schmunzeln, lesen sich fest, wollen den Comic kaufen. Es ist ein ganz normales Heft aus einer gewöhnlichen Reihe, zerlesen und zerfleddert. Der ursprüngliche Preis laut Etikett: 3,50 Euro.
»Mehr als 30 Cent ist das Ding nicht wert«, denken Sie, »heute machst du mal was ganz Verrücktes und kaufst einen alten Comic.«
»Wie viel wollen Sie hierfür?«, fragen Sie gut gelaunt die Verkäuferin.
»18 Euro«, schallt es Ihnen entgegen, im Brustton der Überzeugung.
Sie schauen sich beide kurz entgeistert in die Augen, dann entspinnt sich ein kurzes »Gespräch«, das wir hier nicht im Wortlaut wiedergeben, in dessen Verlauf aber unter anderem die Ausdrücke »völliger Realitätsverlust« und »unverschämter Pfennigfuchser« fallen.
Kopfschüttelnd gehen Sie weiter. Kopfschüttelnd schaut Ihnen die Verkäuferin noch lange nach.
Woher kommt diese kleine »Meinungsverschiedenheit«? Natürlich will ein Verkäufer die Preise immer eher in die Höhe treiben, der Käufer immer eher nach unten handeln. Das ist klar, aber das ist auch Taktik. In Wirklichkeit wissen beide, dass die Sache eigentlich mehr beziehungsweise weniger wert ist.
Damit lässt sich die beschriebene Situation jedoch noch nicht erklären. Allein eine gewöhnliche Verhandlungstaktik führt niemals zu derart drastischen Unterschieden in der Einschätzung und vor allem nicht zu solch emotionalen Szenen – bei gewöhnlicher »Taktik« wissen die Beteiligten ja beide, dass sie Fantasiepreise nennen. Solche Szenen entstehen nur, wenn die Preise aus Sicht beider Seiten eben keine Fantasiepreise sind: Beide sind zutiefst davon überzeugt, dass die Sache den von ihnen genannten Wert tatsächlich hat.
Nun lässt sich der Wert eines Comic-Hefts der beschriebenen Art recht objektiv bestimmen; nehmen wir an, er liegt hier bei etwa zwei Euro. Wie kann der eine dann davon überzeugt sein, der Comic sei 18 Euro wert, der andere, er sei höchstens 30 Cent wert?
Hier wirkt sich der sogenannte »Besitztumseffekt« aus. Und der wirkt nicht nur auf dem Flohmarkt, wie wir gleich sehen werden …
Der Besitztumseffekt führt dazu, dass wir denselben Gegenstand für wertvoller halten, wenn wir ihn besitzen, als wenn ihn jemand anderes besitzt. In einem berühmten Experiment teilt man Probanden in zwei Gruppen ein. Den Probanden der einen Gruppe gibt man jeweils eine Tasse in die Hand. Der anderen Gruppe zeigt man die Tassen nur. Fragt man nun, welchen Preis die Probanden für die Tasse fordern beziehungsweise zahlen würden, so hält die Gruppe ohne Tassen im Schnitt einen Preis von 2,87 Dollar für angemessen. Wer die Tasse schon in der Hand hat, findet hingegen, sie sei einen Verkaufspreis von 7,12 Dollar wert, also mehr als doppelt so viel! Weitere Experimente bestätigen: Der Besitztumseffekt wirkt sich regelmäßig etwa im Verhältnis 2:1 aus.
Dieser Effekt bestimmt unser Leben in vielen Bereichen: So nutzen ihn zum Beispiel Händler aus, die potenziellen Kunden eine Ware für zwei Wochen zum Testen überlassen – den Gegenstand wieder zurückgeben zu müssen, ist schlimmer, als ihn von vornherein nicht zu haben. Wer Steuern nachzahlen müsste, neigt eher zur Hinterziehung, als jemand, der ohnehin schon eine Vorauszahlung geleistet hat und sein Geld los ist. Steigt der Benzinpreis um einen Cent, können sich manche Menschen maßlos darüber ärgern. Sie freuen sich aber nicht annähernd so stark, wenn der Preis um einen Cent sinkt. Und auf dem eigenen Speicher, im Keller oder im Kleiderschrank kann jeder den Besitztumseffekt bei sich zu Hause betrachten: So
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