Psycho Logisch - Nuetzliche Erkenntnisse der Alltagspsychologie
Ihr Wissen also auch weiter. So oft Sie können.
Beaman , A. L., Barnes , P. J., Klentz , B. & McQuirk , B. (1978): Increasing Helping Rates Through Information Dissemination: Teaching Pays. Personality And Social Psychology Bulletin, 4, 406–411
Darley, J. M. & Latané, B. (1970): The unresponsive bystander: Why doesn’t he help? New York: Appleton-Century Crofts
Darley, J. M. & Latané, B. (1968): . Bystander intervention in emergencies: Diffusion of responsibility . Journal of Personality and Social Psychology , 8, 377–383
Wieso wir nie tun, was wir sollen, und nie kriegen, was wir wollen
Mit ein paar Tricks aus der Einstellungsforschung können Sie das »Reaktanz«-Phänomen für sich nutzen
Damals – im Paradies: Nicht, dass es nicht genug gäbe von allem. Das Paradies ist ein Schlaraffenland. Die Dinge ragen Adam und Eva förmlich in den Mund. Sie brauchen nur zuzubeißen. Und dennoch: Es muss dieser eine, dieser verbotene Apfel sein. Alles andere, Erlaubte, ist im Vergleich dazu uninteressant.
Damals – wir sind noch klein: Schokolade schmeckt natürlich immer und an sich schon sehr gut. Aber besonders und extrem gut schmeckt sie, wenn wir sie eigentlich nicht haben dürfen. Dann wollen wir sie erst recht. Dann kämpfen wir wie die Wilden, lehnen uns mit Bärenkräften gegen Mama auf, die sie uns nicht geben will, jedenfalls nicht so viel davon, wie wir gern hätten.
Heute – wir sind inzwischen geschlechtsreif: Knutschen ist natürlich immer und an sich schon sehr gut. Aber besonders und extrem gut ist Fremdknutschen, was wir eigentlich nicht tun dürfen. Dann wollen wir es erst recht. Dann entwickeln wir ungeahnte Energien und Strategien.
Warum sind gerade die »verbotenen« Früchte dieser Erde immer so besonders reizvoll für uns?
Adams, Evas und unser Verhalten bezeichnen wir in der Fachsprache als »reaktant«. Die Reaktanztheorie hat bereits in den 1960er Jahren unter anderem der Psychologe Jack Brehm geprägt: Reaktanz ist die Folge von Druck, ein sich Auflehnen gegen innere oder äußere Einschränkungen – zum Beispiel wenn uns jemand etwas wegnehmen will, uns droht, uns etwas verbietet. Unser – im allgemeinen Sprachgebrauch: trotziges – Verhalten besteht dann darin, dass wir die unerwünschten oder verbotenen Handlungen weiterhin oder sogar erst recht ausführen – auf diese Weise möchten wir nämlich unsere Freiheiten zurückerobern!
Die Reaktanztheorie wurde in vielen interessanten Experimenten belegt. So bewerten zum Beispiel Kinder einen unterbrochenen Film besser, wenn er angeblich nicht mehr fortgesetzt werden kann, als wenn sie ihn später doch noch zu Ende schauen dürfen.
Im Extremfall haben wir übrigens von der Handlungsmöglichkeit (Apfel, Schokolade, Knutschen) freiwillig nie Gebrauch gemacht, bevor die Beschränkung eingetreten ist – üben die Handlung aber seitdem aus. Verrückt!
Ein witziges Beispiel finden wir in dem berühmten Roman von Mark Twain: Der Tausendsassa Tom Sawyer wird von seiner Tante Polly immer und immer wieder mit Erziehungsmaßnahmen drangsaliert. Als er eines Tages den Gartenzaun streichen soll, kommt sein Freund Ben vorbei und macht sich darüber lustig. Tom tut so, als wäre er von seiner Tätigkeit völlig begeistert, als gäbe es nichts Schöneres in diesem Moment. Ben ist verwirrt – und fragt, ob er nicht mithelfen könne. Tom bedauert, er glaube nicht, dass Ben begabt sei; und seine Tante sei sehr anspruchsvoll. Ben drängt und drängt und bietet Tom sogar ein Geschenk an – letztlich hat Tom seinen Freund in eine Aktion manövriert, die ihm unter normalen Umständen im Leben nicht eingefallen wäre – wäre sie nicht so schwer erreichbar und damit äußerst attraktiv gewesen …
Damit eröffnet sich neben der Erklärung für »Jetzt-will-ich-erst-recht-Schokolade-haben-Reaktionen« ein ganz neues Feld: Bringen Sie Ihre Mitmenschen dazu, endlich das zu tun, was Sie wollen!
Wenn Ihnen etwas wichtig ist, Ihr Gegenüber Ihnen aber nicht den Hauch einer Chance geben will, dann haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie nutzen die selbsterfüllende Prophezeiung und »loben« die betreffende Person schon vorab für das Verhalten, das sie erst noch entwickeln soll. Oder Sie machen es wie Tom Sawyer mit seinem Freund Ben: Arbeiten Sie mit einer sogenannten »paradoxen Intervention«, die auch im therapeutischen Kontext große Dienste leistet. Signalisieren Sie zum Beispiel Ihrer Mutter – natürlich ganz unauffällig: »Sooo
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