Psychologische Homöopathie
Schulleistung nicht ausreichend gelobt.Bei solchen Gelegenheiten schmollt Ignatia gerne und zieht sich auf eine ziemlich dramatische Weise zurück, womit sie die anderen gleichzeitig strafen und Aufmerksamkeit erregen will (Kent: »verdrossen«, »kindisches Verhalten«, »Wann immer man ihre Pläne durchkreuzt oder ihr widerspricht, will sie alleine sein und brütet über die Widrigkeiten des Lebens«). Wenn Natrium-Kinder sich verletzt fühlen, ziehen sie sich still in sich selbst zurück, tun aber nach außen so, als sei alles in Ordnung. Ignatia wendet sich dagegen von ihren Eltern ab, stürmt in ihr Zimmer und schreit vielleicht: »Geht weg! Ihr liebt mich nicht!« Die Eltern sind entsetzt, weil sie gar nicht wissen, worüber sich das Kind so aufregt.
Liebeskummer
Während der Pubertät neigt der Ignatia-Teenager mehr als seine Altersgenossen zu intensiven und wechselnden Launen. Das Mädchen verliebt sich vielleicht in verschiedene Jungen, und schließlich ist sie in einen von ihnen völlig vernarrt. Die meisten Ignatia-Teenager wissen, daß sie leicht verletzlich sind, und gehen keine Beziehungen ein, bevor sie nicht sicher sind, daß ihre Gefühle erwidert werden. Wenn sie dann doch von ihrem Partner zurückgewiesen werden, grämen sie sich über alle Maßen (Kent: »Beschwerden durch enttäuschte Liebe«). Nun ist natürlich folgendes passiert: Die Verteidigungswälle, die ihr Herz fast während des ganzen Lebens geschützt haben, sind gefallen, und in diesem verletzlichen Zustand bringt das Gefühl, verlassen worden zu sein, alle unterdrückten Schmerzen der Kindheit wieder zum Vorschein. Sie fühlt sich wieder genauso wie das Kind, das glaubte, nicht geliebt zu werden.
Während einer solchen Krise bricht Ignatia zusammen und schluchzt unkontrolliert. Sie verliert jeden Appetit, ißt wochenlang so gut wie nichts (und erbricht, wenn sie etwas gegessen hat), während sie über ihrem Schmerz brütet und sich nach der Liebe sehnt, die sie verloren hat. (Kent: »Trotz aller Bemühungen hat der Schmerz sie einfach in Stücke gerissen.«) Jeder Versuch, über ihre Gefühle zu sprechen, endet in einer Flut von Tränen, und in ihrer Verzweiflung sagt sie, daß sie sterben will. Einige Ignatias nehmen dann eine Überdosis Beruhigungsmittel oder andere Tabletten und bringen sich damit vielleicht sogar um, weil sich der Schmerz in ihrem Herzen so unerträglich anfühlt.
Ignatia-Frauen haben oft die Angewohnheit, sich in Männer zu verlieben, die ihre Liebe nicht erwidern können. Möglicherweise ist der betreffendeMann schon verheiratet, oder er ist einfach nicht fähig, frei zu lieben. Kent schreibt darüber in seinen Vorlesungen zur homöopathischen Arzneimittellehre, daß Ignatia sich entweder in einen verheirateten Mann verliebt oder in jemanden, »den sie sonst verachten würde«. Wir alle neigen dazu, in unserem Leben immer wieder in Situationen zu geraten, in denen wir die Konstellation der Eltern-Kind-Beziehung wiederholen. Es scheint so, als wolle die Psyche auf diesem Weg alte Wunden heilen, indem sie »das Drehbuch neu schreibt«. Ignatias Angewohnheit, sich in Männer zu verlieben, die sie nicht haben kann, läßt sich so als Spiegel der Kindheit verstehen, in der ihre Liebe zu ihren Eltern scheinbar nicht erwidert wurde.
Panik
Während emotionaler Krisen gerät Ignatia oft in Panik. Sie fühlt sich verwundbar und verliert die Kontrolle über sich, was Angst vor Geisteskrankheit auslösen kann. Es ist wunderbar zu beobachten, wie schnell die Arznei in solchen Fällen die Stabilität und Ruhe wiederherstellt. Ein einziger Tropfen im Sprechzimmer auf die Zunge gegeben, und der Gesichtsausdruck der Patientin wechselt von Angst zu Erleichterung und Erstaunen.
Wenn Ignatia unter Streß steht, kann sie auch Phobien entwickeln. Möglicherweise stehen sie in direktem Bezug zu bestimmten Erinnerungen an die schmerzhaften Erfahrungen, die die Krise heraufbeschworen haben. Beispielsweise hat sie vielleicht während einer Busfahrt realisiert, daß ihre Beziehung beendet war, und danach hatte sie bei jeder Busfahrt Angst. Der Ursprung ihrer Phobie muß ihr gar nicht bewußt sein, vor allem wenn sie erst Wochen oder sogar Jahre nach dem auslösenden Ereignis aufgetreten ist, nachdem eine andere Belastung die alten, unterbewußten Erinnerungen wieder geweckt hatte. Diese Phobien können allmählich vergehen, wenn Ignatia wieder stabiler wird, aber manchmal bleiben sie auch als Zeichen, daß der zugrundeliegende
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