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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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senkte seine Hände und griff nach dem Kugelschreiber, um seinen nächsten Brief an Clevenger zu beginnen. Er hatte vor, ihn abzuschicken, sobald seine Vertretungszeit in Wyoming zu Ende war und er sich vor seinem nächsten Einsatz in Pidcoke, Texas, nahe der Fort Hood Military Reservation, eine Woche in den Bergen gönnen würde.
    Er sah auf die Uhr. Sechzehn Uhr siebenundzwanzig. Er begann zu schreiben:
     
    Dr. Clevenger,
    ich habe in der Tat wahre Liebe erfahren – die tiefste davon meine Liebe zu Gott dem Allmächtigen, dem König des Universums. Indem ich ihn liebe, kann ich andere lieben, egal, wie augenscheinlich dämonisch oder verderbt sie sein mögen. Und ich bete, dass ich durch ihn eines Tages auch mich selbst lieben werde.
    Sie stellen die anmaßende Behauptung auf, dass mein Vater mich nie gequält habe. Sie fordern, ich solle meinem Angreifer das Gesicht meiner Mutter geben. Aber ich werde mich nicht zu mentalen Scharaden herablassen, die ihr Andenken besudeln. Ich lasse mich keiner Gehirnwäsche unterziehen. Denn selbst wenn sie die Handelnde in den dunklen Erinnerungen wäre, die mich peinigen, selbst wenn sie der Teufel in meinem Leben gewesen wäre und nicht mein Engel, hätte ich Mitleid mit ihr und würde all meine Kraft aufwenden, ihr zu vergeben.
    Sie und Ihre liebliche Whitney verstecken Ihre Destruktivität hinter der meinen. Die wunderbaren Erinnerungen an meine Mutter auszulöschen, um mich zu schwächen, mich zu fangen und mich letztendlich auszulöschen, halten Sie für richtig, da Sie die Gesetze der Menschen vertreten. Aber es gibt erhabenere Gesetze.
    Wir sind alle Sünder, Frank. Wir sind alle von Gewalt verseucht. Der Unterschied zwischen uns ist mein unaufhörlicher Kampf, dem Licht zu folgen. Ich sehe nun alles ganz klar. Ihr Blick ist noch immer getrübt von Ihrem Verlangen nach Rache.
    Dieses Verlangen tief in Ihnen existiert nur, weil Ihnen eine entscheidende Wahrheit entgangen ist, vielleicht die entscheidendste von allen. Und sie lautet schlicht: Selbsthass ist der einzige Hass auf der Welt. Er sucht sich nur bequeme Handlanger.
    Ich bin einer der Ihren. Ich bin nur das jüngste Werkzeug, das Sie benutzen, um sich nicht dem Mörder in Ihnen selbst stellen zu müssen – jenem geschlagenen, gedemütigten Jungen, der sich einst in Alkohol und Kokain geflüchtet hat, um nicht seinen Schmerz fühlen zu müssen. Lieben Sie jenen Jungen, und Sie werden in Ihrem Herzen die Kraft finden, mich zu lieben, so wie ich gelernt habe, Sie zu lieben.
    Ist es denn nicht offensichtlich, dass Sie dem emotional gestörten Jungen in Ihrem Haus ein besseres Vorbild wären, wenn Sie den emotional gestörten Jungen in Ihrem Herzen annehmen würden?
    Ich sehe jetzt deutlich, dass die Männer und Frauen, denen ich entlang der Highways begegnet bin, ihr Leben nicht umsonst hingegeben haben. Sie waren Stufen auf dem Weg zum Himmel. Und nicht allein für mich. Auch für sich selbst. Und auch für Sie, Frank, sollten Sie diesen Weg wählen. Denn wir alle sind gemeinsam auf der Reise zu einem besseren Ort. Im göttlichen Plan spielt es keine Rolle, welche Ansammlung von Fleisch und Knochen den letzten Schritt macht.
    Diese Worte von Antonio Machado bedeuten mir viel:
     
    Mir träumte gestern Nacht,
    o wunderbarer Irrtum,
    ich hätt’ Honigbienen in meinem Herzen,
    die Honig aus meinen alten Fehlschlägen machten.
     
    Es klopfte an der Tür seines Büros. Jonah ließ das Blatt Papier in seiner Schreibtischschublade verschwinden. »Herein«, rief er.
    Dr. Corrine Wallace, die medizinische Direktorin, kam herein, und ihre Miene war noch düsterer, als sie es an jenem Morgen gewesen war. Sie schloss die Tür hinter sich. »Wir müssen reden.«
    Jonah konnte in ihren Augen lesen, dass etwas Schlimmes passiert war. Er deutete auf den Sessel vor seinem Schreibtisch.
    Wallace setzte sich. »Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen sagen soll, Jonah, also komme ich gleich ohne lange Vorrede zum Punkt.«
    Jonah sah sie an und wusste Bescheid. »Sam?«, sagte er und betete stumm, dass er sich irrte.
    »Ich habe einen Anruf von der Polizei erhalten.«
    Er wollte nichts fragen, saß einen langen Moment reglos da, und wäre da nicht das Summen der Neonröhren gewesen, wäre die Stille vollkommen gewesen. »Wie schlimm ist es?«, fragte er schließlich.
    »Sie hat ihn umgebracht«, sagte Wallace. »Hank hat sie wieder ins Haus gelassen.« Tränen schimmerten in ihren Augen.
    »Er ist tot? Sam ist tot?« Er sah instinktiv

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