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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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nicht anders, wenn ich das Mädel besuchen wollte, mit dem ich während meines Medizinstudiums zusammen war. Ich hatte kein Geld für den Bus.« Er schüttelte den Kopf, als würde er sich an jene mageren Jahre erinnern. »Ich kann Sie fast bis ganz nach Trout Creek mitnehmen.«
    »Sie wissen ja nicht, wie klasse das ist«, sagte Holt. »Gott weiß, wie lange ich sonst ...« Er verstummte, denn ihm wurde plötzlich bewusst, dass er gemustert wurde. Er fasste an seine Augenklappe. »Luftgewehr. Kumpel von mir. Ich war fünf.«
    War dies eine zweite Ally Bartlett, bereit, Jonah alles zu offenbaren? War Doug Holt ein weiterer Engel, Rettung in allerletzter Sekunde? »Sind Sie Freunde geblieben?«, fragte er.
    »Bis heute. Das einzige Problem ist, dass Troy inzwischen auf der anderen Seite der Welt lebt. Er unterrichtet Englisch drüben in Japan. Außerdem ist er verheiratet, hat drei Kinder. Ich sprech ein-, zweimal im Jahr mit ihm.«
    Das war mehr Information, als Jonah erwartet hatte. Er kostete jedes Wort aus. Der Schmerz in seinem Kopf ließ nach. Sein Blickfeld klärte sich. Er fuhr an und zog wiederauf die Straße. Vielleicht würde er die Nacht doch noch durchstehen. »Und wie steht’s mit Ihnen, Doug? Sind Sie verheiratet?«
    »Hoffentlich bald«, sagte er. »Bin zu den Eltern meiner Freundin unterwegs. Sie wartet dort auf mich. Ich werd ihr morgen Abend die große Frage stellen. Ganz so, wie es sein soll, mit Hinknien und Ring und allem Drum und Dran.«
    »Morgen Abend.« Jonah spürte, wie Erregung seine Verzweiflung verdrängte. »Wie wunderbar.«
    »Sie ist ‘ne tolle Frau.«
    »In welcher Hinsicht?«
    Holt zuckte mit den Achseln. »Sie hat dieses Ding mit der bedingungslosen Liebe drauf, Sie wissen schon. Sie würd immer zu mir halten, was immer auch passiert.«
    »Wie haben Sie beide sich kennen gelernt?«
    »Schicksal.«
    »Oh?«
    »Sie ist Assistenzärztin in der Augenklinik. Ich bin für ‘ne Routineuntersuchung bei meinem üblichen Knaben da gewesen, und sie hatte gerade Schicht mit ihm.« Er zuckte mit den Achseln. »Schon komisch, wie sich die Dinge manchmal entwickeln, stimmt’s? Dass Troy mit dem Luftgewehr auf mich geschossen hat, hat mir was weggenommen, aber es hat mir auch was wiedergegeben – fünfundzwanzig Jahre später. Ich hätte Naomi sonst nie kennen gelernt.«
    Naomi. Konnte der Name Zufall sein? Vor seinem geistigen Auge sah Jonah Naomi McMorris in seinem Büro sitzen. Er fühlte, wie ihn eine warme Woge der Zuversicht einhüllte. Gott war noch immer auf seiner Seite. »Die Wege des Herrn sind unergründlich«, sagte er und lächelte Holt an.
    Holt erwiderte das Lächeln und zwinkerte.
    Jonah starrte ihn einen Moment lang an, dann wandte er sich wieder ab und sah nach vorn auf die Straße. Sein Puls begann zu rasen. Ein dumpfer Schmerz regte sich in seinem Nacken. Denn er wusste, dass Doug Holt – wenn das tatsächlich sein Name war – ihn angelogen hatte. Ein Mann, der vom fünften Lebensjahr an auf einem Auge blind ist, lernt niemals zu zwinkern, schließt niemals willentlich sein gesundes Auge und beraubt sich der Sicht. Nicht einmal für einen flüchtigen Moment. »Sie ist übrigens schwanger«, fuhr Holt wehmütig fort. »Im vierten Monat. Im Moment passieren in meinem Leben wirklich ‘ne Menge neue Dinge. Ich hab ‘ne Menge, auf das ich mich freuen kann.«
    Jonah hörte nicht viel Aufregung in Holts Stimme mitschwingen, vermutlich weil seine angebliche Verlobung und das Baby Lügen waren. »Haben Sie Naomi die gleiche Geschichte erzählt, die Sie mir aufgetischt haben – die über Ihren Kumpel Troy?«, fragte er. »Dass er Ihnen das Auge ausgeschossen hat?«
    »Klar«, sagte Holt. Er zuckte mit den Achseln. »Ich meine, sie hat für meinen Arzt gearbeitet.«
    »Wo ist es übrigens passiert?«
    »Was?«
    »Der Unfall. Mit dem Luftgewehr.«
    »Auf der Wiese hinter meinem Haus«, sagte Holt. »Da ist ein Teich, wo wir immer herumgetollt haben, Cowboy und Indianer gespielt haben. Troy hat nicht mal gewusst, dass es ein Luftgewehr war. Es gehörte seinem großen Bruder. Er hat es aus seinem Zimmer mitgehen lassen.«
    »Verstehe«, sagte Jonah. »Können Sie trotz der Behinderung arbeiten?«
    »Ich bin Künstler«, sagte Holt.
    »Welche Richtung?«
    »Glasskulpturen, Glasschmuck, Buntglas.«
    »Wie interessant.«
    »Manchmal schon«, erwiderte Holt. »Wenn das Glas tut,was ich möchte.« Er machte eine Pause. »Wie steht’s mit Ihnen?«
    »Ich bin Psychiater.«
    »Mann. Das

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