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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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schlägt wahllos zu, weil er außer Kontrolle ist«, sagte Clevenger. »Nach dem, was er in der Times geschrieben hat, wird er nicht zum Töten verleitet, weil er eine Person eines bestimmten Geschlechts oder Alters oder einer bestimmten Statur oder Haarfarbe sieht. Er wird von der Einsamkeit zum Töten getrieben. Er rastet aus. Er ist nicht auf der Suche nach dem nächstbesten zwölfjährigen, braunäugigen, blonden Mädchen, das er entführen kann.«
    »Ein braunäugiges, blondes Mädchen?«, fragte McCormick und neigte den Kopf. »Wo kommt das denn plötzlich her?«
    Clevenger erkannte, dass er sich für sein Beispiel McCormicks Haar- und Augenfarbe geborgt hatte. »Tut mir Leid.«
    Sie schmunzelte. »Erinnern Sie mich bloß daran, dass ich Sie nie wütend mache.«
    »Warum sollte ich Sie daran erinnern müssen?«
    Diesmal ein breites Grinsen. »So getrieben dieser Bursche auch sein mag, er geht methodisch vor«, sagte sie. »Wir haben keinen einzigen Augenzeugen, der auch nur einen flüchtigen Blick auf ihn erhascht hat. Wir wissen von keinen Fehlversuchen – dass ihm jemand entkommen wäre. Er hinterlässt keine verwertbaren Spuren am Tatort. Das alles zeugt von großer Selbstdisziplin, genauester Planung, auch wenn er uns glauben machen will, dass einfach die Pferde mit ihm durchgehen.«
    »Vielleicht möchte er das selbst gern glauben«, sagte Clevenger. »Es spricht ihn von der moralischen Verantwortung frei.«
    »Und der juristischen Verantwortung. Nette Vorarbeit für verminderte Zurechnungsfähigkeit, wenn wir ihn schnappen. Er kann einfach sagen: ›He, seht her, ich konnte mich einfach nicht beherrschen. Ihr müsst nur lesen, was ich in der Times geschrieben habe.‹« Sie hielt kurz inne. »Was ich mich langsam frage, ist, wie er seinen Hunger stillt, wenn er nicht tötet. Denn er kommt lange Zeitspannen aus, ohne jemanden umzubringen. Er muss, abgesehen von seinen Opfern, mit anderen Leuten zu tun haben, und zwar auf sehr intime Weise.«
    »Er hat zumindest jede Menge Sexualpartner, so viel steht fest«, bemerkte Clevenger.
    »Die bedeuten nicht zwangsläufig Intimität«, entgegnete sie.
    »Stimmt.«
    »Man könnte sich fragen, ob es vielleicht ein Fernfahrer ist, der kreuz und quer durch die Vereinigten Staaten fährt«, überlegte sie laut. »Er nimmt Anhalter mit, die sich lang und breit über ihr Leben auslassen, schleppt vielleicht hier und dort in einer Bar oder einer Raststätte eine einsame Frau ab und spielt Therapeut, holt sich vielleicht Prostituierte und bringt sie dazu, ihm ihr Herz auszuschütten – und manchmalgenügt das. Bei anderen Gelegenheiten wiederum kann er keine Verbindung zustande bringen. Und dann tötet er.«
    »Oder wenn die Verbindung nicht tief genug geht ...«, warf Clevenger ein.
    »Reden Sie nur weiter.«
    »Vielleicht lässt er, wenn er einer Person nah genug kommt, wenn er sozusagen seinen emotionalen Schuss kriegt, diese Person gehen. Wenn nicht, tötet er, um am Moment des Todes teilzuhaben, um den nächsten Angehörigen am Sterbebett zu spielen.«
    McCormick nickte. »Das würde erklären, warum die Leute sich nicht mehr wehren, um ihm zu entkommen. Er hat sich ganz in ihr Vertrauen eingeschlichen.«
    »Und wenn wir damit richtig liegen«, sagte Clevenger, »dann gibt es dort draußen Leute, die ihm ausgesprochen nah gekommen sind – und überlebt haben. Wer die tiefste Bindung mit ihm eingeht, entkommt. Der hat seinen Tribut bezahlt.«
    »Es wird nicht leicht werden, sie zu finden«, sagte McCormick. »Sie haben wahrscheinlich keine Ahnung, wie nah sie dran waren, Opfer zu werden.«
    »Vielleicht doch, tief drinnen.« Er sah ihr in die Augen. »Sie wissen doch, dass man manchmal einem Menschen begegnet, mit dem man sich sofort verbunden fühlt?«
    »Ich hab das in Filmen gesehen«, sagte sie. »In der Realität gibt es das wohl ziemlich selten, schätze ich.«
    Man konnte McCormick sicher nicht vorwerfen, dass sie flirtete. »Es ist selten«, pflichtete Clevenger bei. »Deshalb vergisst man es nie wieder, wenn es einem passiert.« Er beugte sich vor. »Wenn ich irgendwie in der Times andeuten könnte, dass unser Mann diese Art von Gefühlen weckt«, fuhr er fort, »dann bringen wir Leute vielleicht dazu, darüber nachzudenken. Und vielleicht meldet sich ja jemand.«
    »Es ist einen Versuch wert.«
    Es klopfte an der Tür.
    »Herein«, sagte McCormick.
    Kane Warner öffnete die Tür. Er war wie immer piekfein gekleidet – diesmal in einen dunkelblauen

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