Psychopath
fragte Warner.
McCormick sah Clevenger an, als sei die Nachricht, die sie gleich überbringen würde, der letzte Nagel zu seinem Sarg. »Der Griff ragte aus dem Gebärmutterhals«, sagte sie. »Die Klinge hat den Uterus aufgeschnitten. Es wurde kein Sperma gefunden.«
So grotesk diese Information auch war, sosehr sie Clevenger auch entsetzte, so bestätigte sie doch seine Vermutung, was im Kopf des Highwaykillers vor sich ging – der völlige Einsturz seiner psychologischen Schutzmechanismen. Aber er konnte erkennen, dass er mit dieser Sichtweise allein dastand.
Warner sah ihn an, als sei er persönlich verantwortlich für das Ableben von Pierce. »Begreifen Sie endlich?«, fragte er. »Sie müssen ihn dazu bringen, einen Gang zurückzuschalten, damit er sich wieder in die Gewalt bekommt. Um uns mehr Zeit zu verschaffen.«
»Das ist die falsche Strategie«, beharrte Clevenger. »Die Zeit ist auf seiner Seite. Es hat ihm gefallen, das Tempo zu bestimmen.«
»Dann weigern Sie sich also«, sagte Warner.
Clevenger sah die Befriedigung in Warners Gesicht, der offensichtlich wollte, dass er das Handtuch warf, der schon darauf brannte, nach oben ins Eckbüro zu stürmen und Jake Hanley zu erzählen, dass es keine Briefe mehr geben würde. »Geben Sie mir einen Tag, es mir zu überlegen«, erwiderte Clevenger.
Warner stand auf. »Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie möchten«, sagte er. »Sollten wir in der Zwischenzeit einen weiteren Brief von ... Ihrem Patienten erhalten, werden wir uns alle Informationen zunutze machen, die wir darin finden können, und es dabei belassen – ohne eine Antwort.«
»Sie mögen es ja dabei belassen«, sagte Clevenger. »Er vielleicht nicht. Sie denken, er sei jetzt außer Kontrolle? Warten Sie nur ab, was passiert, wenn er sich im Stich gelassen fühlt, weil ihm niemand mehr zuhört.«
Warner lächelte sein überschwängliches Lächeln. »Er kann sich jederzeit einen Therapietermin direkt hier in diesem Büro geben lassen«, sagte er. »Ich werde Ihnen eine Genehmigung besorgen, ihn zweimal wöchentlich in Levenworth zu besuchen.« Er deutete eine Verbeugung in McCormicks Richtung an. »Geben Sie auf sich Acht.«
»Was zum Teufel ist denn bloß los mit dir?«, fragte Clevenger McCormick, sobald Warner gegangen war. »Du hast mich im Regen stehen lassen.«
»Sie machen sich Sorgen«, sagte McCormick.
»Ich habe nach dir gefragt.«
»Ich mache mir Sorgen.«
»Weil er möglicherweise nicht sofort zusammenbricht, weil diese Sache tatsächlich eine Weile dauern könnte? Hast du wirklich etwas anderes erwartet? Er spielt dieses Spiel schon sehr lange. Zu lange.«
Das schien McCormick zu treffen. »Es ist nicht nur das«, sagte sie und senkte ihre Stimme um einige Oktaven.
»Okay ...«
Sie beugte sich vor. »Ich denke, du solltest dir vielleicht einmal überlegen, wie weit du bei dieser Sache von deinen eigenen Problemen geleitet wirst.«
»Von meinen eigenen Problemen?«
»Deine Strategie ist klar. Du willst seine Wut schüren, bis er explodiert. Aber ich glaube nicht, dass du dir auch nur einen Moment lang überlegt hast, ob du vielleicht unterbewusst ein Motiv hast zuzuschauen, wie er außer Rand und Band gerät.«
»Zuzuschauen ...«, sagte Clevenger verdutzt. Er schüttelte den Kopf und sah McCormick an. Dann dämmerte ihm, worauf sie hinauswollte. »Du denkst, ich manipuliere ihn, damit er brutaler wird – für mich? Um meine Wut auszuleben?«
»Nicht bewusst.«
Clevenger lachte. »Das soll ein Witz sein, stimmt’s?«
McCormick antwortete nicht.
»Meinst du nicht, dass ich genug Gewalt gesehen habe?«
»Wir sehen bei diesem Fall mehr denn je zuvor. Das ist alles, was ich weiß. Und du hast keine Bedenken deswegen, was mich beunruhigt. Wenn die Entscheidung allein bei dir läge, würdest du immer mehr Druck machen.«
»Bis er zerbricht.«
»Ohne dich um die Ansicht von irgendjemandem sonst im Team zu scheren.«
Clevenger sah hoch zur Decke, atmete tief durch und schaute dann wieder McCormick an. »Dein Vater wäre stolz auf dich«, sagte er.
»Was zum Henker soll denn das heißen?«, fauchte sie.
»Seine Tochter ist zu einer Politikerin geworden, genau wie er.«
»Ich versuche nicht, eine Politikerin zu sein, Frank. Ich ...«
»Vielleicht ist es genetische Veranlagung.« Er sah sie durchdringend an. »Du weißt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Einmal abgesehen von der Tatsache, dass es zufällig in der New York Times stattfindet, ist das hier nicht
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