Psychopath
Hals.
Clevenger sah McCormick an. Der Kontrast zwischen der Leiche und McCormicks makelloser Schönheit verlieh ihr etwas Überirdisches. Clevenger verspürte den Drang, sie in den Arm zu nehmen, sie zu küssen, mit ihr lebendig zu sein.
»Ich bin Elaine Ketterling«, stellte sich die Frau am Kopf des Tisches vor und streckte ihm ihre behandschuhte Hand hin. »Stellvertretende Leiterin der Pathologie.«
Clevenger schüttelte ihre Hand.
Ketterling deutete auf den Kopf von Sally Pierce. »Wie ich gerade sagte, haben wir es hier unverkennbar mit schweren Quetschungen des Gesichts, der Ohren und der Kopfhaut zu tun, hervorgerufen wahrscheinlich durch wiederholte schwere Schläge. Wir werden zweifelsohne Brüche der Gesichtsknochen und Gehirnblutungen finden, sobald wir hiermit fertig sind und eine Magnetresonanztomographie gemacht haben.« Sie legte ihre leicht geballten Finger unter Pierce’ Kinn und schob den Kopf sanft in den Nacken. »Das Kopftrauma hätte genügt, um sie zu töten«, fuhr sie fort, »doch es wurde ihr auch ein gut fünfunddreißig Zentimeter tiefer Schnitt am Hals zugefügt, sechs Zentimeter oberhalb des Schlüsselbeins.« Als Ketterling den Druck ihrer Finger verstärkte, öffnete sich der schartige Schnitt am Hals erst zu einem scharlachroten Schlitz, dann zu einer gähnenden Spalte, die Pierce’ durchtrennte Luftröhre, ihre Drosselvene und ihre Halsschlagader bloßlegte wie ein Schaubild aus dem Anatomiebuch. »Die Wunde erstreckt sich bis in die Wirbelsäule, wobei sie zum Ende hin abgefälscht ist«, sagte Ketterling, »übereinstimmend mit der verbogenen Klinge des Messers, das am Tatort gefunden wurde. Es war nicht stabil genug für die Aufgabe.«
»Hat er ein Messer aus dem Imbiss benutzt?«, fragte Clevenger McCormick.
McCormick nickte. »Der Besitzer hat es identifiziert. Also gibt es keine Waffe, die wir zurückverfolgen können.«
Ketterling ging am Obduktionstisch entlang und ließ ihreHände über Pierce’ Schultern gleiten, an ihren Armen hinab, über ihre Unterarme, Handgelenke und Hände. »Die Prellungen an den oberen Extremitäten sind bedeutend weniger ausgeprägt«, sagte sie. »Weit diffuser. Es gibt keine Anzeichen, dass ihre Arme oder Handgelenke gefesselt waren. Wahrscheinlicher ist, dass der Täter hier gekniet hat, um sie bewegungsunfähig zu machen.« Sie zeigte auf zwei große, ovale blaue Flecke an den Oberarmen der Leiche. Dann wanderten ihre Hände weiter – an Pierce’ Beinen und Knöcheln entlang zu ihren Füßen. »Keine offensichtlichen Schnitte irgendwo, abgesehen vom Hals«, fuhr sie fort. »Ich vermute, dass sich die Frakturen auf ihre Gesichts- und Schädelknochen beschränken. Wir werden es mit größerer Bestimmtheit wissen, sobald wir eine Computertomographie des gesamten Körpers gemacht haben.«
»Keine Nadeleinstiche?«, fragte McCormick.
»Ich habe ihre Haut sehr sorgfältig abgesucht«, sagte Ketterling. »Kein Anzeichen von Blutentnahme. Selbstverständlich könnte er das Blut aus einer der Adern abgenommen haben, die er durchtrennt hat. Halsschlagader. Drosselvene. Es muss zwangsläufig eine schwere Blutung gewesen sein.« Sie trat an das Fußende des Tisches und deutete mit einem Nicken auf den Unterleib von Pierce. »Mir ist die große Menge an getrocknetem Blut um die Vulva herum und an den Oberschenkeln aufgefallen«, sagte sie. »Ich werde nachher eine vollständige Unterleibsuntersuchung vornehmen, um nach weiteren Verletzungen zu suchen und einen Spermatest zu machen.«
»Sie werden kein Sperma finden«, sagte Clevenger, mehr zu sich selbst.
»Wie bitte?«, sagte Ketterling.
»Seine Wut ist jetzt durch nichts mehr getrübt«, sagte er, ohne seinen Blick von der Leiche zu lösen. »Er kann sie nichtim Zaum halten. Er gierte danach, diese Frau – und Paulette Bamberg – zu zerstören, nicht danach, ihnen nah zu sein.«
»Nun, das ist ziemlich offensichtlich«, bemerkte Warner. Er sah Clevenger an. »Wir hatten einen emotional gestörten Mörder, jetzt haben wir einen mit klarem Verstand. Ich schätze, es fällt mir ein wenig schwer zu sehen, wie uns das einer Verhaftung auch nur einen Schritt näher bringt.«
»Er hat jetzt alles andere als einen klaren Verstand«, entgegnete Clevenger. »Er verliert ihn.«
»Ausgezeichnet«, sagte Warner. »Ich werde der Presse erklären, dass das Blutbad in Wyoming in Wirklichkeit ein gutes Zeichen ist.«
McCormick sah Warner an. »Können wir uns das für später aufsparen?«
»Kein
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