Psychose: Thriller (German Edition)
Abend ohne Brieftasche und ohne Ausweis eingeliefert worden …«
»Ich hatte vor einigen Tagen einen Autounfall, und entweder hat der Sheriff Mist gebaut oder die Rettungssanitäter haben ihre Arbeit nicht richtig gemacht, denn seitdem stehe ich ohne Handy, Geld und Ausweis da. Ich habe meine Brieftasche nicht verloren.«
»Entspannen Sie sich, Ethan. Niemand hat behauptet, dass Sie etwas Falsches getan hätten. Aber Sie müssen meine Frage beantworten. Hatten Sie schon mal eine psychische Erkrankung?«
»Nein.«
»Hat es in Ihrer Familie psychische Erkrankungen gegeben?«
»Nein.«
»Haben Sie schon mal unter posttraumatischen Belastungsstörungen gelitten?«
»Nein.«
»Aber Sie haben im zweiten Golfkrieg gedient.«
»Woher wissen Sie das?«
Jenkins deutete auf seinen Hals.
Ethan blickte auf seine Brust, an der seine Erkennungsmarke an einer Kette baumelte. Seltsam. Er bewahrte sie doch immer in seiner Nachttischschublade auf. Er konnte sich nicht mal mehr daran erinnern, wann er sie das letzte Mal getragen hatte. Auf diese Reise hatte er sie ganz bestimmt nicht mitgenommen und er erinnerte sich auch nicht daran, beschlossen zu haben, sie einzupacken oder zu tragen.
Auf der Marke standen sein Name, sein Rang, seine Sozialversicherungsnummer, seine Blutgruppe und seine Religion (»KEINE RELIGIONSZUGEHÖRIGKEIT«), eingraviert in den rostfreien Stahl.
Chief Warrant Officer Ethan Burke.
»Ethan?«
»Ja?«
»Sie haben im zweiten Golfkrieg gedient?«
»Ja, ich habe den UH-60 geflogen.«
»Was ist das?«
»Der Black-Hawk-Hubschrauber.«
»Dann haben Sie auch Kampfhandlungen gesehen?«
»Das habe ich.«
»Viele?«
»Kann man so sagen.«
»Wurden Sie verletzt?«
»Mir ist nicht klar, was das mit irgend…«
»Beantworten Sie bitte einfach meine Fragen.«
»Ich wurde bei der zweiten Schlacht um Falludschah im Winter 2004 abgeschossen. Es war eine medizinische Evakuierungsmission und wir hatten gerade einige verwundete Marines abgeholt.«
»Ist dabei jemand umgekommen?«
Ethan holte tief Luft.
Stieß sie wieder aus.
Die Frage hatte ihn überrascht und jetzt lief eine regelrechte Diashow vor seinem inneren Auge ab mit Bildern, die er in vielen Therapiesitzungen zu bewältigen versucht hatte.
Die Schockwelle, als die Panzerfaust hinter ihm explodiert.
Das abgetrennte Heck und der Rotor stürzen fünfzig Meter tief und landen unter ihnen auf der Straße.
Der Druck der Schwerkraft, als sich der Hubschrauber dreht.
Überall Alarmsignale.
Der unbewegliche Steuerknüppel.
Der Aufprall ist bei Weitem nicht so schlimm wie erwartet.
Er verliert für etwa dreißig Sekunden das Bewusstsein.
Sein Sicherheitsgurt klemmt, er kommt nicht an sein Kampfmesser ran.
»Ethan? Ist dabei jemand umgekommen?«
Auf der anderen Seite des Wracks bricht Feuer aus, irgendjemand schießt mit einer Kalaschnikow.
Zwei Sanitäter zwängen sich durch die zerstörte Windschutzscheibe und humpeln vom Hubschrauber weg.
Völlig verstört.
»Ethan …«
Direkt in den sich noch drehenden Rotor …
Einfach so.
Weg.
Blut spritzt auf die Windschutzscheibe.
Es wird weiter geschossen.
Mehr Flammen.
»Ethan?«
»Außer mir sind alle dabei umgekommen«, sagte Ethan.
»Sie waren der einzige Überlebende?«
»Genau. Ich geriet in Gefangenschaft.«
Jenkins schrieb etwas in sein in Leder gebundenes Notizbuch. »Ich muss Ihnen noch weitere Fragen stellen, Ethan«, meinte er dann. »Je ehrlicher Sie antworten, desto besser stehenmeine Chancen, Ihnen zu helfen, und das möchte ich wirklich gern. Hören Sie Stimmen?«
Ethan hätte beinahe laut aufgelacht.
»Machen Sie Witze?«
»Wenn Sie einfach die Frage …«
»Nein.«
Jenkins notierte etwas.
»Hatten Sie Schwierigkeiten beim Sprechen? Bringen Sie Worte durcheinander oder verwechseln Sie sie?«
»Nein. Und ich habe auch keine Wahnvorstellungen. Ebenso wenig wie Halluzinationen oder …«
»Nun ja, Sie würden es ja eigentlich auch nicht merken, wenn Sie Halluzinationen hätten. Sie würden davon ausgehen, dass die Dinge, die Sie sehen und hören, real sind. Wenn es eine Halluzination wäre, dass Sie sich in diesem Krankenzimmer aufhalten und dass wir diese Unterhaltung führen, dann würde sich das für Sie doch auch nicht anders anfühlen, oder?«
Ethan schwang die Beine über den Bettrand und stellte die Füße auf den Boden.
»Was haben Sie vor?«, fragte Jenkins.
Ethan ging auf den Schrank zu.
Er war schwach und wacklig auf den Beinen.
»In Ihrem
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