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Psychose: Thriller (German Edition)

Psychose: Thriller (German Edition)

Titel: Psychose: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
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letzten Mahlzeit, die Ethan unter diesem Dach einnehmen wird.
    »Du weiß, dass es vorbei ist«, sagt er. »Aber du tust so, als wäre nichts pas…«
    »Ich bin es einfach leid, Ethan.«
    »Was?«
    »Deine Arbeit, immer steht deine Arbeit im Vordergrund, und was bleibt für uns übrig? Der Abfall.«
    Er sagt nichts, aber sie sieht, dass die Muskeln in seinem Kiefer zittern.
    Selbst so spät am Abend, nach fünfzehn Stunden Arbeit, sieht er umwerfend aus, wie er da in dem schwarzen Anzug, den sie so gern an ihm sieht, unter der Lampe steht.
    Ihr Ärger verebbt bereits.
    Ein Teil von ihr möchte zu ihm gehen, bei ihm sein.
    Er hat so viel Macht über sie.
    Doch darin liegt auch eine gewisse Magie.

KAPITEL 5
    Sie kommt durch die Küche auf ihn zu und er legt die Arme um sie und vergräbt das Gesicht in ihrem Haar. Das tut er häufig, als würde er versuchen, sich an ihren Geruch bei ihrer ersten Begegnung zu erinnern, diese Mischung aus Parfum, Spülung und ihrem Körpergeruch, der sein Herz schneller schlagen ließ. Aber entweder hat er sich inzwischen verändert, ist verloren gegangen oder zu so einem wichtigen Teil von ihm geworden, dass er den Duft nicht länger entdecken kann, der ihn immer in ihre Anfangszeit zurückversetzt hatte. Er war sogar noch typischer für sie als ihr kurzes blondes Haar und ihre grünen Augen. Ein Gefühl des Neuen. Der Frische. Wie ein kühler Nachmittag im Oktober, an dem der Himmel blau und wolkenfrei ist, frischer Schnee auf den Bergen liegt und sich die Blätter der Bäume langsam verfärben.
    Er umarmt sie.
    Es tut noch immer weh, und er schämt sich für all das, was sie durchmachen musste. Er kann es nicht mit Gewissheit sagen, glaubt aber, dass er gegangen wäre, wenn sie ihm dasselbe angetan hätte. Er staunt über ihre Liebe zu ihm, ihre Loyalität. Das ist so viel mehr, als er verdient hat, und aus diesem Grund schämt er sich noch viel mehr.
    »Ich werde mal nach ihm sehen«, flüstert Ethan.
    »Okay.«
    »Wenn ich zurückkomme, leistest du mir dann beim Essen Gesellschaft?«
    »Natürlich.«
    Er hängt seinen Mantel an die Garderobe, zieht seine schwarzen Schuhe aus und geht die Treppe hinauf, wobei er die knarrende fünfte Stufe auslässt.
    Die anderen Stufen sind heil und schon bald steht er auf der Schwelle des Kinderzimmers und drückt die Tür so weit auf, dass ein Lichtstrahl in den Raum fällt.
    Zu Bens fünftem Geburtstag hatten sie die Wände so angemalt, dass sie wie der Weltraum aussehen. Schwarz. Voller Sterne. Umherwirbelnde Galaxien in der Ferne. Planeten. Hin und wieder ein Satellit oder eine Rakete. Ein Astronaut, der im All schwebt.
    Sein Sohn schläft in den zerwühlten Decken und hält eine kleine Trophäe in der Hand: einen goldenen Plastikjungen, der gegen einen Fußball tritt.
    Ethan geht leise ins Zimmer, wobei er den LEGO-Steinen und Modellautos auf dem Boden ausweicht.
    Er hockt sich neben das Bett.
    Seine Augen haben sich so weit an die Dunkelheit gewöhnt, dass er Benjamins Gesicht gut erkennen kann.
    So sanft.
    Und gleichzeitig so ernst.
    Auch wenn sie geschlossen sind, weiß Ethan, dass er die Mandelaugen seiner Mutter hat.
    Und Ethans Mund.
    Er verspürt einen Schmerz, wie er so im Dunkeln neben dem Bett seines bald schon sechsjährigen Sohnes kniet und wieder einen langen Tag seines Lebens komplett verpasst hat.
    Sein Junge ist das perfekteste und schönste Wesen, das er je gesehen hat, und er spürt genau, dass eintausend Augenblicke mit diesem kleinen Menschen, der früher ein Mann sein wird, als er es sich überhaupt vorstellen kann, erbarmungslos verstreichen.
    Er streichelt mit dem Handrücken über Bens Wange.
    Beugt sich vor und küsst den Jungen auf die Stirn.
    Schiebt ihm eine Strähne hinter das Ohr.
    »Ich bin so stolz auf dich«, flüstert er. »Das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
    Im letzten Jahr hatte ihn sein Vater, dem das Alter und eine Lungenentzündung heftig zusetzten und der später an diesem Tag gestorben war, mit rauer Stimme gefragt: »Verbringst du auch genug Zeit mit deinem Sohn?«
    »Soviel ich kann«, hatte er geantwortet, aber sein Vater hatte die Lüge durchschaut.
    »Es ist dein Verlust, Ethan. Der Tag kommt, an dem er erwachsen ist, und dann ist es zu spät. Dann würdest du alles dafür geben, zurückzugehen und eine einzige Stunde mit deinem Sohn als Kind verbringen zu können. Um ihn in den Arm zu nehmen. Ihm etwas vorzulesen. Einem Menschen einen Ball zuzuwerfen, in dessen Augen du nichts falsch

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