Psychotherapeuten im Visier
Ich werde darauf eine Antwort geben. Das Schweinsein ist dabei die Zielvereinbarung.
Der Psychotherapeut: Karikatur und Wirklichkeit
Seit Jahren verfolge ich mit großem Interesse die Häufigkeitsverteilung von inhaltlich eindeutig zuzuordnenden Cartoons und Karikaturen einzelner Berufsgruppen und ihrer Vertreter. Dabei nimmt der Berufsstand der Psychotherapeuten – Psychologen und Psychiater – eindeutig den Spitzenplatz ein, auch was ihren Impact-Faktor angeht, also die absolute Häufigkeit der zitierten Berufsgruppe bildet. Am Ende stehen Islamkarikaturen, der Grund leuchtet jedem ein, nachdem die Zeichner – immerhin in Mitteleuropa ! – schon mit dem Tod bedroht und sogar mit Tötungsabsicht angegriffen wurden. Diese Gefahr geht von Psychotherapeuten nicht aus – da sind sie eher als harmlos einzustufen. Auch Bauern sind ein beliebtes Cartoonthema, Politiker, Blondinen, gockelhafte Männer – und alle liegen sie etwa gleichauf im Mittelfeld der Statistik.
So wie es in der Politik immer wieder einmal Reizfiguren
gibt, die sich trefflich für Karikaturen und Cartoons eignen, so gibt es bei den Psychiatern vor allem den herausragenden Star, der als Projektionsfläche unerreicht ist: Sigmund Freud. Schade, dass der Mann nicht zufällig Freude hieß. Aber auch Tausende von ausgedachten, anonymen Psychiaterfiguren werden stets von Neuem zu willkommenen Zerrbildern ihres Berufsstandes und damit zur Zielscheibe der Karikaturisten. Das Repertoire scheint unerschöpflich.
Habitus, Gestus und Sprache sind die Reizthemen, aber nur dann, wenn diese von der Verhaltensnorm so weit abweichen, dass sie bereits selbst zur Karikatur geworden sind. Dann ist es für den Zeichner ein Leichtes, noch eins draufzusetzen und die ohnehin schon auffälligen Manierismen noch ein wenig zu überhöhen – was manchmal den besonders subtilen Charme eines solchen Cartoons ausmacht. Oder aber die Überzeichnung des Opfers ist so grenzenlos gesteigert, dass sich der Betrachter den gestisch dargestellten Moment plastisch in seiner ganzen Komplexität der Sinneseindrücke vorstellen kann, optisch, akustisch und dramaturgisch: den Staatschef, der mit dem Schuh bei der UNO auf den Konferenztisch haut, den Präsidenten, der zur gezeichneten Erdnuss wurde, oder den Wirtschaftsminister eines bankrotten Staatswesens als fauchenden, aber zahnlosen Tiger – um nur auf einen winzigen Ausschnitt der karikierten Spottbilder zu verweisen.
Der gute Cartoon und die gelungene verbale Karikatur sind nicht wirklich böse, aber wer sie humorlos in den falschen Hals bekommt, kann sich daran tatsächlich verschlucken und dann Gift und Galle speien. Und zu welcher Kategorie gehören die Psychotherapeuten als Motive?
Als kleinen Vorspann muss ich hier einfügen, dass es mir allein um die Psychotherapeuten geht, die täglich mit Menschen
als Patienten in der Praxis oder in der Klinik zu tun haben – also nicht um Ärzte und Psychologen, die in der Forschung oder in der Verwaltung tätig sind und damit bestenfalls im Kollegen- oder Fachumfeld zur Zielscheibe einer beißenden Karikatur werden. Besonders in der Forschung gibt es nun einmal – wie bei Künstlern – eine verschrobene Klientel, den vertrottelten Professor ebenso wie den verschwitzt agierenden Habilitanden, der noch lange nicht die notwendigen Publikationen unter seinem Namen herausgebracht hat, als wenn schon die schiere Zahl von Veröffentlichungen und ihr sogenannter Impact-Faktor wirklich etwas über die Qualität eines Forschers aussagen würden – über die menschlichärztliche schon einmal gar nicht. Solche Leute pflegen bereits früh ein Bedeutungsimage, das die Lächerlichkeit mühelos überschreitet.
Die für mich gelungenste Karikatur eines beflissentlich forschenden Jungpsychiaters und Duckmäusers hat der Autor Michael Soyka mit seinem Buch »Schwarze Ufer« geliefert. Er ist selbst Psychiater und Chefarzt und nimmt mit skalpellhafter Schärfe die Forscherattitüde an der Universitätsklinik München ins Visier – hier wird die reale Universitätswelt zur beißenden literarischen Karikatur.
Das Besondere bei den Cartoons und Karikaturen ist, dass neben einer habituellen Skurrilität auch immer die Profession im Fokus steht, also die Profession des Therapeuten, unabhängig von der einzelnen Person. Natürlich gibt es die auch – und zwar immer dann, wenn es sich einer oder eine der Zunft herausnimmt, öffentlich über die eigenen phänomenalen Heilungserfolge zu schwadronieren
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