Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Aber das kann man nicht versprechen, das kann man nicht vereinbaren.
VATER: Es ist immer wieder interessant, dass es dieses Auf und Ab gibt. Wir haben diese Situationen immer wieder. Wenn wir dann dastehen und denken: Was ist denn heute los? Sechs Leute zum Beispiel in der Küche, da geht es dann um das klassische Zusammensein, man macht miteinander ein Abendessen, der eine räumt schon was weg, der andere deckt den Tisch, wie auch immer. Alle sind gut gelaunt, es werden Witze gemacht, es ist eine fröhliche Stimmung, es ist einfach richtig angenehm, da isst man dann auch gern. Da denke ich dann: Toll, super, so möchte man es eigentlich haben. Und man hat auch den Eindruck, dass jeder andere das so haben möchte, weil einfach, denk ich, jeder für sich das Gefühl hat, er ist integriert. Das ist aber einen Tag später, oder manchmal auch schon drei Stunden später, so wie eine Luftblase, »blub« und weg. Wo ist das nun hin? Wo ich dann immer wieder dastehe und möchte es eigentlich wiederhaben. Also ich bin schon auch sehr familiär veranlagt, ich mag das. Ich bin auch gerne bereit, Dinge zu tun, selbst wenn sie mir unangenehm sind. Es kann ja jederzeit jemand
kommen und zu mir sagen: »Du, kannst du mir helfen? Ich bräuchte …«, egal was das jetzt ist, ob einen Fahrdienst oder Fahrrad richten - egal. So stell ich mir das vor. Und was ich immer wieder vermisse, das ist dieses Einfordern, so was kann man ja auch auf eine gewisse Art einfordern. Wenn ich von jemandem was will, dann gehe ich höflich auf ihn oder sie zu, dann kann man ja was fordern: »Könntest du vielleicht … wenn du Zeit hättest.« Das würde ich mir schon wünschen, von dieser ganzen Gemeinschaft. Das kommt aber ganz, ganz selten vor.
JUUL: Also ich muss dir sagen, du redest weiter über diese Gemeinschaft, die nicht existiert.
VATER: N-Ja, vielleicht weil ich sie haben möchte?
JUUL: Nein, das glaube ich nicht. Jetzt hast du ja ein paar deiner wichtigen Wertvorstellungen ausgedrückt. Du bist ein Familienmensch, das ist ja alles wichtig, und jetzt fehlt nur, dass deine eigenen Kinder und die, die dazugekommen sind, auch eine Möglichkeit bekommen, dir zu sagen, was es für die Einzelnen einfach oder schwierig macht, Teil dieser Familie zu sein, mit dir.
VATER: Gute Frage. Die stelle ich mir selber auch immer wieder. Was mache ich, oder was ist da mein Part, oder wo bin ich irgendwie …
JUUL: Und das heißt nicht, dass es notwendigerweise die Wahrheit ist, das heißt nur, das ist gut zu wissen. (Lacht) Und das muss man in einem solchen Aufbauprozess wissen. Man muss ja etwas Gemeinsames haben, auch diese emotionale Gemeinschaft muss erst aufgebaut werden, und das bedeutet, es kommt auf persönliche Kontakte an. Es kommt auch auf Auseinandersetzungen an, damit baut man das. Nur so kann man das bauen. - Du guckst mich an, als hätte ich Latein gesprochen?
VATER: Nein, nein. (Lachen)
JUUL: Glücklicherweise ist eure gemeinsame Geschichte ja erst zwei Jahre alt, es gibt also eine Möglichkeit, neu anzufangen.
Denn es gibt keine großen, unbearbeiteten interpersonellen Probleme, wie ich das spüre. Es gibt nur die Eltern, die möchten gerne eine Gemeinschaft haben, und es geht um die Kinder, die möchten eigentlich auch gerne, aber es fehlen die Führungskräfte. Die Kinder können das nicht selbst machen, die müssen Eltern haben, die glaubwürdig sind in ihrem Verhalten. Und das heißt nicht streng oder böse oder so, sondern das heißt, dass die beiden Erwachsenen auch sagen dürfen, dass es nicht einfach ist. »Donnerstag war es so wunderbar, warum machen wir nicht jeden Tag zum Donnerstag?« Weil es so nicht geht, so kann man das nicht regulieren. Es gibt so viel guten Willen von den Kindern, obwohl sie auch sehr verschieden sind, und daher brauchen sie sehr verschiedene Dinge. Manches können sie haben, manches nicht, das ist ja bei den Erwachsenen auch nicht anders. Aber es muss ein bisschen klar sein.
Die Jugendlichen sind ja alle unterwegs. Sie sind alle nicht vor allem damit beschäftigt, wie kommt man in diese Gemeinschaft ganz rein, sondern sie sind mehr oder weniger damit beschäftigt, wie kommt man raus? Das ist also ein anderer wichtiger Faktor. Das heißt, es muss eine klare, differenzierte Führung geben. Aber kein Zweifel, diese Familie ist eure Familie, somit geht es weiter. Die Kinder wollen nichts anderes, als dass es euch beiden gut geht. Aber dann muss die Mutter nicht so überflexibel sein und der Vater
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