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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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versteckt!«
    »Sie sind ja nicht bei uns, sondern irgendwo in einer Höhle«, versuchte ich sie zu trösten, aber mir war selbst ganz außerordentlich mulmig zumute. Irgendeine Denunziation unter den Einheimischen? Gar nicht ausgeschlossen. Und was sagte ich, wenn man mich zur Rede stellte? Nun, schließlich hatte man ja noch gar keine Aufforderung zur Ablieferung der Waffen erlassen. Immerhin — dieses Einfetten und Verbuddeln sah faul aus. Ich lief im Zimmer auf und ab. Im Erker saß — immer noch ziemlich schief — Puck und sah mir aufmerksam zu. Als ich innehielt und ihn anblickte, wedelte er. Ich kniete mich zu ihm, drückte seinen Kopf an mein Gesicht: »Ach, Puckchen, ich glaube, das dicke Ende kommt erst!«
    In diesem Augenblick sah ich den Jeep tatsächlich in unsere Auffahrt einbiegen. »Geht ihr in eure Zimmer!« sagte ich zu den Frauen. »Ich werde erst mal hören, was die Brüder wollen.«
    Es klopfte, ich machte auf. Vor der Tür standen die beiden Uniformierten, ein Mann und eine Frau. Auf den Armbinden, die sie trugen, las ich >Presse<, und beide kamen mir sehr bekannt vor. Im nächsten Moment lag ich in ihren Armen: »Emmerich — Sigrid« und »Hannes«! Es war eine amerikanische Korrespondentin, mit der mich während der ganzen Hitlerjahre hindurch eine enge Freundschaft verband, und ein ebenso befreundeter Zeichner aus meinem alten Verlag, geborener Ungar, den ich samt seinen Sachen bei mir versteckt hatte, bis es gelang, ihn vor der antisemitischen Verfolgung ins Ausland zu bringen. Die Gefährtin stürzte hinzu. Neue Umarmungen und Tränen auf beiden Seiten.
    »Mein Gott, wie seht ihr aus, Kinder!« sagte Sigrid, als wir am Tisch saßen. Und gleich stürzten beide hinaus zum Jeep und kamen mit märchenhaften Dingen wieder: Whisky, Schokolade, Zigaretten, Militärrationen. Dann wurden Puck und Susi begrüßt. Puck wurde abgeküßt, und ich mußte erzählen, wie ich ihn durchgebracht hatte.
    Wir kamen vom Hundertsten ins Tausendste. Es stellte sich heraus, daß man die ganzen Jahre hindurch von einem gemeinsamen Schweizer Freund genau über mich informiert worden war und so auch meine Übersiedlung nach Felsental erfahren hatte. Beim Armeekommando hatten sie bewirkt, daß sie als erste mit einrücken konnten, und hatten mich so gefunden. Viele Grüße aller meiner heimlichen Berliner >Stammkunden< wurden ausgerichtet. Alle würden sie mich besuchen. Ich erkundigte mich nach meinem alten Verlag. Er war vollkommen zerstört und außerdem unter russischer Herrschaft. Dieses Kapitel meines Lebens war abgeschlossen.
    »Brauchst darüber nicht die Nase zu hängen«, sagte Emmerich in seinem unverbesserlichen Ungarisch-Deutsch. »Wir haben schon verschiedene Sachen für dich!«
    Sigrid nickte: »Wenn du glaubst, daß du dich jetzt auf die faule Haut legen kannst, irrst du dich.« Sie sah zwischen uns hin und her: »Aber erst erholt euch mal ein paar Monate, bis wir die ersten Zeitungen in Gang gebracht haben. Und nun erzähle du mal!«
    Ich tat es, und sofort lagen die Notizbücher auf dem Tisch. Es wurde geraucht, diskutiert, geschrieben, das Ganze verwandelte sich in eine Redaktion, bis ich sagte: »Ich glaub’, es ist besser, wenn ihr hinunterfahrt und euch den Zirkus da anseht, solange er noch richtig im Gange ist.«
    »O.K.«, sagte Emmerich, und er brachte es fertig, selbst das mit ungarischem Akzent zu sagen! »Du kommst mit und erklärst, und wir machen dich mit dem Colonel bekannt, der vor uns einen Heidenrespekt hat.« Er hielt inne, und seinem Blick folgend sah ich Puck, der mit schokoladen-verkleckerter Brust und zitternden Fellbeinchen vor Sigrid saß. Susi hockte neben ihm und leckte ihm den Bart ab.
    »Wie wär’s mit einem Gendarm im Gefängnis und einem Feldjäger im Krankenhaus?« fragte ich. »Ihr könnt sie interviewen. Überschrift: Die letzten Nazis. Dann: Schicksale von Zwangsarbeiten! und Ansichten von echten Antinazi-Einheimischen.«
    Emmerich stand auf: »Los! Können wir bei euch schlafen?«
    »Natürlich.«
    »Am besten«, meinte Sigrid, »der Colonel beschlagnahmt das ganze Haus hier, dann habt ihr Ruhe und Schutz vor Einquartierung.«
    Unten im Ort war schon eine Art Ordnung etabliert worden. Die Panzer waren auf dem Rathausplatz zusammengefahren. Die Truppen lagerten in großen Gruppen auf den Bürgersteigen. Sie sahen erschöpft und bestaubt aus. Viele Neger und Gelbhäutige waren darunter, die ich für Japaner oder Siamesen hielt. Die >Non-Fraternisation<, das

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