Pünktchen und Anton
seinen fünf Paketen Pfefferkuchen armen Kindern zwei zu schenken und sich zu freuen, daß er denen eine kleine Freude machen kann!
Das Leben ist ernst und schwer. Und wenn die Menschen, denen es gut geht, den anderen, denen es schlecht geht, nicht aus freien Stücken helfen wollen, wird es noch mal ein schlimmes Ende nehmen.
Achtes Kapitel - HERRN BREMSER GEHT EIN LICHT AUF
F r e i t a g s kam Pünktchen eine Stunde früher als sonst aus der Schule. Direktor Pogge wußte das und schickte den Schofför mit dem Auto hin, daß er das Mädchen mit dem Wagen heimführe. Um diese Zeit brauchte er das Auto noch nicht, und Pünktchen fuhr so gern im Auto.
Der Schofför legte die Hand an die Mütze, als sie aus dem Portal der Schule trat, und öffnete den Schlag.
Sie lief auf ihn zu und gab ihm begeistert die Hand.
»Tag, Herr Hollack«, sagte sie. Die andern kleinen Mädchen freuten sich schon. Denn wenn Pünktchen Pogge mit dem Wagen abgeholt wurde, durften stets so viele mitfahren wie hineingingen. Heute aber drehte sich Pünktchen auf dem Trittbrett herum, blickte alle betrübt an und sagte: »Kinder, nehmt mir's nicht übel, ich fahre allein.« Da standen nun die andern vorm Auto wie die begossenen Pudel. »Ich habe etwas Wichtiges vor«, erklärte Pünktchen. »Und da wärt ihr mir nur im Wege.« Dann setzte sie sich ganz allein in das große Auto, nannte dem Schofför eine Adresse, er stieg auch ein, fort ging's, und zwanzig kleine Mädchen blickten traurig hinter dem schönen Auto her.
Nach ein paar Minuten hielt der Wagen vor einem großen Gebäude, und das war schon wieder eine Schule!
»Lieber Herr Hollack«, sagte Pünktchen, »einen kleinen Moment, wenn ich bitten dürfte.« Herr Hollack nickte, und Pünktchen lief rasch die Stufen hinan. Es war noch Pause. Sie kletterte in die erste Etage und fragte einen Jungen, wo das Lehrerzimmer sei. Er führte sie hin. Sie klopfte. Weil niemand öffnete, klopfte sie noch einmal, und zwar ziemlich heftig.
Da ging die Tür auf. Ein großer, junger Herr stand vor ihr und kaute eine Stulle.
»Schmeckt's?« fragte Pünktchen.
Er lachte. »Und was willst du noch wissen?«
»Ich beabsichtige, Herrn Bremser zu sprechen«, erklärte sie. »Mein Name ist Pogge.«
Der Lehrer kaute hinunter und sagte dann: »Na, da komm mal 'rein.« Sie folgte ihm, und sie kamen in ein großes Zimmer mit vielen Stühlen. Auf jedem der vielen Stühle saß ein Lehrer, und Pünktchen kriegte bei diesem schauerlichschönen Anblick Herzklopfen. Ihr Begleiter führte sie ans Fenster, dort lehnte ein alter, dicker Lehrer mit einer uferlosen Glatze.
Herr Bremser wurde langsam neugierig
»Bremser«, sagte Pünktchens Begleiter, »darf ich dir Fräulein Pogge vorstellen? Sie will dich sprechen.«
Dann ließ er die beiden allein.
»Du willst mich sprechen?« fragte Herr Bremser.
»Jawohl«, sagte sie. »Sie kennen doch den Anton Gast?«
»Er geht in meine Klasse«, erklärte Herr Bremser und guckte aus dem Fenster.
»Eben, eben«, meinte Pünktchen befriedigt. »Ich sehe schon, wir verstehen uns.«
Herr Bremser wurde langsam neugierig. »Also, was ist mit dem Anton?«
»In der Rechenstunde eingeschlafen ist er«, erzählte Pünktchen. »Und seine Schularbeiten gefallen Ihnen leider auch nicht mehr.«
Herr Bremser nickte und meinte: »Stimmt.« Inzwischen waren noch ein paar andere Lehrer hinzugetreten, sie wollten hören, was es gebe.
»Entschuldigen Sie, meine Herren«, sagte Pünktchen, »wollen Sie sich bitte wieder auf Ihre Plätze begeben? Ich muß mit Herrn Bremser unter vier Augen sprechen.« Die Lehrer lachten und setzten sich wieder auf ihre Stühle. Aber sie sprachen fast gar nicht mehr und spitzten die Ohren.
»Ich bin Antons Freundin«, sagte Pünktchen. »Er hat mir erzählt, Sie wollten, wenn das so weiterginge, seiner Mutter einen Brief schreiben.«
»Stimmt. Heute hat er sogar während der Geographiestunde ein Oktavheft aus der Tasche gezogen und darin gerechnet. Der Brief an seine Mutter geht noch heute ab.«
Pünktchen hätte gern einmal probiert, ob man sich in der Glatze von Herrn Bremser spiegeln konnte, aber sie hatte jetzt keine Zeit. »Nun hören Sie mal gut zu«, sagte sie. »Antons Mutter ist sehr krank. Sie war im Krankenhaus, dort hat man ihr eine Pflanze herausgeschnitten, nein, ein Gewächs, und nun liegt sie seit Wochen zu Hause im Bett und kann nicht arbeiten.«
»Das wußte ich nicht«, sagte Herr Bremser.
»Nun liegt sie also im Bett und kann
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