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Puerta Oscura - 01 - Totenreise

Puerta Oscura - 01 - Totenreise

Titel: Puerta Oscura - 01 - Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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alle anderen in den Schatten stellte. Alles blickte ihn an, Jules bekam den Mund nicht mehr zu, und auch ohne Stimmen zu vergeben oder Punkte, zweifelte keiner daran, dass er der Gewinner der Halloween-Kostümschau war.
    Pascal spürte, wie sein Auftritt bewundert wurde. Und es stimmte: Er hatte sich bis zur Perfektion in einen Leichnam aus dem achtzehnten Jahrhundert verwandelt. Die weiße Perücke, die er trug, hob sich kaum von der wächsernen Schminke ab, die sein Gesicht bedeckte, und auch seine Hände wiesen denselben Farbton auf. Seine gesamte Erscheinung glich der eines Toten, und das Publikum zeigte ihm seine Anerkennung durch heftigen Applaus.
    Seine Verkleidung bestand aus einem Anzug der Epoche, bedeckt mit Staub und Resten getrockneter Blumen, was die anwesenden Goths besonders entzückte. Es fehlte nichts: der samtene Gehrock, das Spitzenhemd mit Jabot und Ärmelbesatz, die eng anliegenden Kniehosen, die in weiße Wadenstrümpfe übergingen. Die Schuhe mussten einmal schwarz gewesen sein und hatten eine Silberschnalle auf dem Spann. Und als i-Tüpfelchen des Ganzen stützte sich Pascal auf einen alten Gehstock mit einem Griff aus Elfenbein, während er mit der anderen Hand hin und wieder ein seidenes Taschentuch so zum Gesicht führte, wie man es ihm gezeigt hatte. In einer der Taschen trug er sogar eine Dose Schnupftabak …
    ***
    Trotz all der Bewunderung, die ihm entgegenschlug, wollte Pascal am liebsten allein sein. Er war erschöpft und angespannt zugleich, und er wünschte sich nichts sehnlicher, als in Ruhe und Abgeschiedenheit über all das nachdenken zu können, was er gesehen und erlebt hatte. Aber zuvor musste er wohl doch noch diese Prüfung überstehen: die Party. Niemand durfte Verdacht schöpfen, nicht einmal seine Freunde. Was ihm da widerfahren war, konnte er im Augenblick mit niemandem teilen.
    Doch dann überkam ihn ein Gefühl von Zufriedenheit, als er zwischen den Köpfen, die sich ihm zugewandt hatten, Michelles hübsches Gesicht entdeckte, das ihn anstrahlte. Es war nicht zu übersehen, wie stolz sie auf ihn war. Dominique neben ihr klatschte die ganze Zeit und rief: »Gut gemacht!« Und jetzt spürte er: Das war auf einmal sein Abend. Zum ersten Mal war er in der Welt der Lebenden uneingeschränkt der Mittelpunkt, die Party drehte sich in diesem Augenblick ganz allein um ihn. Und Michelle hatte alles mitbekommen.
    Pascal bemerkte, dass seine Uhr stehen geblieben war; die Zeiger standen auf Mitternacht, genau dem Zeitpunkt, zu dem er in die Welt der Toten eingetreten war.
    Zwei Tage später sollte Pascal bei seiner Großmutter übernachten. Dort würde ihm die geheimnisvolle Gestalt im Badezimmerspiegel beweisen, zu spät beweisen, dass seine neue Rolle als Wanderer zwischen den Welten nicht nur Folgen für das Reich der Toten hatte.
    Denn auch in der Welt der Lebenden gab es Gespenster.
    ***
    Melanie verließ die Party bei Jules nur widerwillig so früh, denn schließlich hatte sie es geschafft, mit Raoul, einem zwei Jahre älteren Jungen, auf den sie schon länger ein Auge geworfen hatte, zu tanzen. Obwohl er verdächtig redselig war – sein Atem verströmte den unverwechselbaren Geruch nach Marihuana – und versucht hatte, sie zum Bleiben zu überreden, blieb Melanie nichts anderes übrig, denn sie wusste, dass ihre Eltern sehr streng waren, was die Uhrzeit anging. Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und ging in ihrer Verkleidung als Selbstmörderin davon.
    Die Nacht empfing sie mit kalten Windstößen, die ihren langen dunklen Mantel gegen die Stiefel schlagen ließen. Der Winter stand vor der Tür.
    »Melanie!«
    Überrascht drehte sie sich beim Klang der vertrauten Stimme um: Es war Raoul. Anscheinend hatte der Kuss ziemlich große Wirkung auf ihn gehabt …
    »Hey! Was machst du hier?«, fragte Melanie und sah ihn mit ihren großen, geschminkten Augen an. »Ich dachte, du wolltest auf der Party bleiben …«
    Raoul zuckte mit den Schultern.
    »Ich hab’s mir anders überlegt. Es ist nicht gut, wenn du allein nach Hause gehst, oder?«
    Melanie lächelte und dachte, wie kalkulierbar das Verhalten der Jungs doch war.
    »Natürlich nicht. Paris ist nicht gerade eine sichere Stadt.«
    »Also los. Ich begleite dich. Wo wohnst du?«
    Melanie schüttelte den Kopf.
    »Danke, Mann. Aber meine Eltern haben gesagt, ich soll ein Taxi nehmen. Um diese Zeit …«
    »Aber es ist noch früh! Komm, wir laufen ein Stück und ich bringe dich zu einem Taxistand,

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