Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puls

Puls

Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Vergeltung meistens zu noch schlimmeren Verletzungen führt.«

2
    Nicht lange nach diesem Gespräch erreichten sie einen Ort, den Clay wiedererkannte. Was aber eher beunruhigend war, weil er nämlich noch nie in diesem Teil von Maine gewesen war. Außer einmal im Traum, als er den Massenkonversionen beigewohnt hatte.
    Quer über die Straße war mit breiten Pinselstrichen in leuchtendem Grün KASHWAK = NO-FO geschrieben. Der Schulbus rollte mit stetigen dreißig Meilen die Stunde darüber hinweg, während links von ihnen die Phoner weiter in ihrer würdevollen, gespenstischen Prozession vorbeizogen.
    Das war kein Traum, dachte er, während er die Abfallhaufen zwischen den Büschen am Straßenrand und die Bier- und Limonadendosen in den Straßengräben betrachtete. Tüten, die Kartoffelchips, Nachos und Käsecracker enthalten hatten, knisterten unter den Reifen des kleinen Busses. Die Normies haben hier in einer Doppelreihe angestanden, ihre Snacks gegessen, ihre Erfrischungsgetränke getrunken, diesen eigenartigen Zwang im Kopf gespürt -dieses unheimliche Gefühl, als würde man von einer mentalen Hand im Rücken vorwärtsgeschoben - und darauf gewartet, dass sie an die Reihe kamen, um einen Angehörigen, zu dem die Verbindung durch den Puls abgerissen war, anrufen zu dürfen. Sie haben hier gestanden und dem Lumpenmann zugehört, als er gesagt hat: »Links und rechts, zwei Reihen bilden, so ist's richtig, so kommen wir weiter, bitte zügig vorrücken, wir müssen vor Einbruch der Dunkelheit noch viele von Ihnen abfertigen.«
    Vor ihnen wichen die Bäume auf beiden Straßenseiten zurück. Was einst mühsam erkämpftes Weideland eines Farmers für seine Kühe oder Schafe gewesen war, war jetzt von unzähligen Füßen zertrampelt und in blanken Erdboden verwandelt worden. Man hätte fast glauben können, dass hier ein Rockkonzert stattgefunden hatte. Eines der beiden Zelte war fort - weggeweht -, aber das andere hatte sich in den Bäumen verfangen und flatterte in dem matten Frühabendlicht wie eine lange braune Zunge.
    »Von diesem Ort habe ich geträumt«, sagte Jordan. Seine Stimme klang gepresst.
    »Wirklich?«, sagte Clay. »Ich auch.«
    »Die Normies sind den Kashwak-No-Fo-Schildern gefolgt und hier gelandet«, sagte Jordan. »Die Zelte waren wie Mautstationen, bei dir auch, Clay?«
    »Gewissermaßen«, sagte Clay. »Gewissermaßen wie Mautstationen, genau.«
    »Sie hatten große Kartons voll mit Handys«, sagte Jordan. An dieses Detail konnte Clay sich aus seinem Traum nicht erinnern, aber er zweifelte nicht daran, dass es so gewesen war. »Unglaubliche Mengen davon. Und jeder Normie durfte einmal telefonieren. Was für Glückspilze!«
    »Wann hast du das geträumt, Jordy?«, fragte Denise.
    »Letzte Nacht.« Der Junge erwiderte Clays Blick im Innenspiegel. »Sie haben gewusst, dass sie keine Verbindung zu den Leuten bekommen würden, mit denen sie sprechen wollten. Im Innersten haben sie's gewusst. Aber sie haben's trotzdem getan. Sie haben trotzdem nach den Handys gegriffen. Haben sie sich ans Ohr gehalten und zugehört. Die meisten haben sich nicht einmal dagegen gewehrt. Warum nicht, Clay?«
    »Weil sie abgekämpft waren, glaube ich«, sagte Clay. »Weil sie es müde waren, anders zu sein. Sie wollten den ›Baby Elephant Walk‹ mit neuen Ohren hören.«
    Sie waren nun an dem niedergetrampelten Weideland, auf dem die Zelte gestanden hatten, vorbeigefahren. Vor ihnen zweigte eine asphaltierte Nebenstraße von der Route 160 ab. Sie war breiter und glatter als die Staatsstraße. Die Phoner strömten diese Zubringerstraße entlang und verschwanden durch eine Lücke zwischen zwei Waldrändern. Ungefähr eine halbe Meile vor ihnen ragte hoch über den Bäumen eine Stahlkonstruktion auf, die Clay sofort aus seinen Träumen wiedererkannte. Er vermutete, dass es irgendeine Jahrmarktsattraktion war, vielleicht ein Fallschirmsprungturm. Wo der Zubringer vom Highway abzweigte, stand eine Plakattafel, auf der eine lachende Familie - Papa, Mama, Soh nemann und Schwesterchen - ein Wunderland aus Fahrgeschäften, Spielen und landwirtschaftlichen Ausstellungen betraten.
    NORTHERN COUNTIES EXPO 
    5. OKTOBER GALAFEUERWERK
    BESUCHEN SIE DIE KASHWAKAMAK-HALLE »NORTH END« 
    5.-15. OKTOBER 
    RUND UM DIE UHR GEÖFFNET
    SIE WERDEN SPRACHLOS SEIN!!!
    Unter dieser Reklametafel stand der Lumpenmann. Er hob eine Hand zu einer gebieterischen Stopp-Geste.
    O Jesus, dachte Clay und hielt den kleinen Schulbus neben ihm an. Der Blick

Weitere Kostenlose Bücher