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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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so wurde die Northern Counties Expo plötzlich der größte Herbstmarkt von Maine.«
    Sie hatten den Fallschirmsprungturm erreicht. Als Clay nach links abbiegen wollte, um den Bus zwischen dem Turm und der unfertigen Geisterbahn hindurchzulenken, machte der Lumpenmann mit beiden Händen eine abwehrende Bewegung. Clay hielt an. Der Lumpenmann stand auf und wandte sich der Tür zu. Clay betätigte den Hebel, der die Tür öffnete, und der Lumpenmann stieg aus. Dann drehte er sich nach Clay um und deutete mit weit ausholender Geste eine Verbeugung an.
    »Was macht er jetzt?«, fragte Denise. Sie konnte ihn von ihrem Platz aus nicht sehen. Keiner der anderen konnte das.
    »Er will, dass wir aussteigen«, sagte Clay. Er stand auf. Er konnte spüren, wie das Handy, das Ray ihm gegeben hatte, als harter Gegenstand an seinem Oberschenkel lag. Wenn er nach unten blickte, konnte er den Umriss unter dem blauen Jeansstoff sehen. Er zog sein T-Shirt tiefer herunter, um es möglichst zu verdecken. Ein Handy, na und, jeder denkt an die Scheißdinger.
    »Sollen wir?«, fragte Jordan. Er klang ängstlich.
    »Uns bleibt nichts anderes übrig«, sagte Clay. »Kommt, Leute, wir gehen auf den Rummel!«

5
    Der Lumpenmann führte sie auf die schweigende Menge zu. Sie wich vor ihnen auseinander, sodass ein schmaler Durchlass entstand - kaum schulterbreit -, der von der Rückseite des Sprungturms zum zweiflügligen Portal der Kashwakamak-Halle führte. Clay und seine Freunde kamen an einem Parkplatz vorbei, auf dem mehrere Sattelschlepper standen (NEW ENGLAND AMÜSEMENT CORP. stand unter einem Achterbahn-Logo auf den Seiten). Dann verschluckte die Menge sie.
    Das anschließende Spießrutenlaufen kam Clay endlos lang vor. Der Gestank war fast unerträglich: wild und raubtierhaft, obwohl die auffrischende Brise die oberste Lage wegtrug. Er war sich bewusst, dass seine Beine sich bewegten, er war sich der roten Kapuzenjacke des Lumpenmanns vor ihm bewusst, aber das zweiflüglige Hallenportal mit seinen rotweiß-blauen Papiergirlanden schien nicht näher zu kommen. Er roch Schmutz und Blut, Urin und Scheiße. Er roch schwärende Infektionen, verbranntes Fleisch und den Faule-Eier-Geruch entwichener Fürze. Er roch Kleidungsstücke, die auf den Leibern, an denen sie hingen, verrotteten. Er roch aber auch etwas anderes, etwas, was ihm neu war. Es Wahnsinn zu nennen wäre zu einfach gewesen.
    Wahrscheinlich ist es der Geruch von Telepathie. Und wenn dem so ist, sind wir nicht darauf vorbereitet. Er ist zu stark für uns. Er verbrennt einem irgendwie das Gehirn, so wie ein zu starker Strom das elektrische System eines Autos durchbrennen oder.
    »Hilf mir mit ihr!«, rief Jordan hinter ihm. »Hilf mir mit ihr, sie wird ohnmächtig!«
    Er drehte sich um und sah, dass Denise sich auf alle viere niedergelassen hatte. Jordan war ebenfalls auf allen vieren neben ihr. Sie hatte ihm einen Arm um den Hals geschlungen, war aber zu schwer für ihn. Tom und Dan kamen nicht weit genug nach vorn, um beistehen zu können. Der Korridor durch die dicht gedrängt stehenden Phoner war zu eng. Denise hob den Kopf, und ihr Blick begegnete eine Sekunde lang dem Clays. In ihrem Blick lag benommene Verständnislosigkeit - wie in dem eines betäubten Stiers. Sie erbrach sich, spuckte dünnen Schleim ins Gras und ließ wieder den Kopf sinken. Ihre Haare fielen ihr wie ein Vorhang vors Gesicht.
    »Hilf mir!«, rief Jordan wieder. Er weinte.
    Clay kehrte um und stieß einige Phoner mit den Ellbogen beiseite, um auf Denise' andere Seite treten zu können. »Aus dem Weg!«, brüllte er. »Platz da, sie ist schwanger, könnt ihr Idioten nicht sehen, dass sie schwan...«
    Es war die Bluse, die er als Erstes erkannte. Die hochgeschlossene weiße Seidenbluse, die er immer Sharons Doktorbluse genannt hatte. In gewisser Weise hielt er sie für das schärfste Kleidungsstück, das sie besaß, was mit an dem keuschen hohen Kragen lag. Er mochte sie gern nackt, aber noch besser gefiel es ihm, ihren Busen durch diese hochgeschlossene weiße Seidenbluse zu streicheln und sanft zu kneten. Er mochte es, ihre Brustwarzen steif zu machen, bis er sah, wie sie den dünnen Stoff ausbeulten.
    Jetzt war Sharons Doktorbluse an einigen Stellen von Schmutz schwarz gestreift, an anderen von getrocknetem Blut kastanienbraun fleckig. Unter einem Arm war sie zerrissen. Sie sehe weniger schlimm aus als viele andere, hatte Johnny geschrieben, aber sie sah nicht gut aus; sie war gewiss nicht die Sharon

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