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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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das Handy, das er mir gegeben hat, als Signalstärke wenigstens einen Balken anzeigt. Ziemlich komisch, aber was ist noch komischer? Ich hab's genommen! Ganz schön dämlich!
    Das, wofür Ray auch immer gestorben war, war also sinnlos gewesen? Schon möglich, aber nun entstand ein weiteres Bild. Draußen hatte Pachelbel für Faure Platz gemacht, und Faure war Vivaldi gewichen. Die Musik kam aus Lautsprechern statt aus Getto-blastern. Schwarze Lautsprecher vor einem unbelebten Himmel mit den halb errichteten Fahrgeschäften im Hintergrund; im Vordergrund die Kashwakamak-Halle mit ihren dreifarbigen Girlanden und der billigen Isolierung aus Heu. Und als abschließender Touch ein kleines Detail von der Art, wie sie bereits zu Clay Riddells Markenzeichen geworden war .
    Er öffnete die Augen und setzte sich auf. Die anderen hockten weiterhin am Nordende der Halle im Kreis auf dem Teppichboden. Clay wusste nicht, wie lange er an die Tür gelehnt dagesessen hatte - jedenfalls lange genug, dass sein Hintern gefühllos geworden war.
    He, Leute, wollte er sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Sein Mund war trocken. Sein Herz jagte. Er räusperte sich und nahm einen neuen Anlauf. »He, Leute!«, sagte er. Sie sahen sich nach ihm um. Offenbar veranlasste etwas in seiner Stimme Jordan dazu, sofort aufzuspringen, und Tom war nicht viel langsamer.
    Clay ging auf Beinen, die sich nicht wie die eigenen anfühlten -sie waren halb eingeschlafen -, auf sie zu. Unterwegs zog er das Handy aus der Tasche. Das Motorola, für das Ray gestorben war, weil er in der Hitze des Gefechts die wichtigste Tatsache in Bezug auf Kashwak vergessen hatte: dass diese Dinger hier oben auf der Northern Counties Expo nicht funktionierten.

8
    »Wenn es nicht funktioniert, wozu soll es dann gut sein?«, fragte Dan. Clays Aufregung hatte auch ihn aufgeregt gemacht, aber die Ernüchterung hatte rasch eingesetzt, als er sah, dass der Gegenstand in Clays Hand keine Du-kommst-aus-dem-Gefängnis-frei-Karte, sondern bloß ein weiteres gottverdammtes Handy war. Ein schmutziges altes Motorola mit einem Sprung im Gehäuse. Die anderen betrachteten es mit einer Mischung aus Angst und Neugier.
    »Nur Geduld«, sagte Clay. »Tust du mir den Gefallen?«
    »Wir haben die ganze Nacht lang Zeit«, sagte Dan. Er nahm die Brille ab und machte sich daran, die Gläser zu putzen. »Wir müssen sie ja irgendwie rumkriegen.«
    »Ihr habt bei der Handelsniederlassung Newfield Halt gemacht, um dort etwas zu essen und zu trinken«, sagte Clay. »Und habt dort den kleinen gelben Schulbus entdeckt.«
    »Vor einer Fantastillion Jahren, so kommt's mir vor«, sagte Denise. Sie schob die Unterlippe vor und blies sich die Haare aus der Stirn.
    »Ray hat den kleinen Bus entdeckt«, sagte Clay. »Ungefähr zwölf Sitzplätze ...«
    »Genau sechzehn«, sagte Dan. »Steht auch auf dem Instrumentenbrett. Mann, hier oben muss es echte Winzschulen geben.«
    »Hat sechzehn Sitzplätze und hinter den Rücksitzen Platz für Schulranzen oder leichtes Ausflugsgepäck. Dann seid ihr weitergefahren. Und ich wette, dass es Rays Idee war, später am Steinbruch Gurleyville Rast zu machen, als ihr dort wart.«
    »Das war tatsächlich seine«, sagte Tom. »Er meinte, wir könnten eine heiße Mahlzeit und eine Ruhepause vertragen. Woher weißt du das, Clay?«
    »Weil ich's gezeichnet habe«, sagte Clay, was fast der Wahrheit entsprach - er sah es vor sich, während er es noch aussprach. »Dan, Denise und Ray und du haben zwei Schwärme vernichtet. Den ersten mit Benzin, aber beim zweiten habt ihr Dynamit verwendet. Ray hat sich damit ausgekannt, weil er das Zeug früher beim Straßenbau verwendet hat.«
    »Scheiße«, flüsterte Tom. »Er hat sich das Zeug im Steinbruch besorgt, stimmt's? Während wir geschlafen haben. Und das ging alles unbemerkt, weil wir wie die Toten geschlafen haben.«
    »Ray war derjenige, der uns aufgeweckt hat«, sagte Denise.
    »Ich weiß nicht, ob's Dynamit oder irgendein anderer Sprengstoff war«, sagte Clay, »aber ich weiß mit fast hundertprozentiger Sicherheit, dass er den kleinen gelben Schulbus in eine fahrende Bombe verwandelt hat, während ihr geschlafen habt.«
    »Das Zeug liegt hinten«, sagte Jordan. »Im Gepäckraum.«
    Clay nickte.
    Jordan hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Wie viel, glaubst du?«
    »Weiß man erst, wenn's hochgeht«, sagte Clay.
    »Mal sehen, ob ich alles richtig mitgekriegt habe«, sagte Tom. Draußen wich Vivaldi nun Mozarts Kleiner Nachtmusik.

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